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big_lebowski
2016-12-24, 14:28:20
Hab mal ein paar Ordner auf der Festplatte durchforstet und fand da was...
Ich weiß zwar nicht, ob der Thread Anklang findet, ich mach aber trotzdem mal den Anfang:


Perfect Day - oder wie eine Hose auszog, um die Welt zu ändern.
by big_lebowski

Sonntag Mittag,

ein guter Tag zum Joggen dachte ich mir, als ich das erste mal nach dem Aufwachen, die prall strahlende Sonne aus dem Fenster erblickte.
Was das Ganze noch etwas angenehmer gestaltete, war das laue Lüftchen, das ich bemerkte, als ich das Fenster öffnete.

Schnell die Sachen gepackt - nur das Nötigste dachte ich mir.
Der alte Japaner glänzte in der hellen Mittagssonne wie am ersten Tag seiner Geburt als ich mit ihm aus der Garage fuhr.
Seine dunkle Metalliklackierung erschien mir an diesem Tag besonders lebhaft und grün. „Ob er wohl schon von dem angestrebten Zielort Bescheid wusste?“ überlegte ich, während ich das Garagentor schloss.

15 Minuten später erreichte ich den kleinen Wald am Rande der Stadt.
Normalerweise ließen sich an Wochenendtagen wie diesem, kaum vernünftige Parkplätze in unmittelbarer Nähe meiner Laufstrecken finden. Diesmal war jedoch alles anders.
Perfekt kam mir in den Sinn. Zu perfekt? Fügte ich gedanklich hinzu und ließ es dabei bewenden.

Nach den obligatorischen Dehnübungen ging es endlich los.
Diesmal hatte ich mir vorgenommen, alles richtig zu machen und mich nicht gleich in den ersten Minuten meines lustvollen Leidensweges, zu verausgaben.
Nach nunmehr mehrjähriger „Hobby-Läuferkarriere“ hatte ich die Erfahrung gemacht, dass ein ruhiger Start das Vergnügen am Ende eines Laufes zu steigern vermochte. Diese „Crescendo-Theorie“ ließ sich wahrlich auch auf andere Lebenssituationen übertragen, geisterte durch meinen noch vom tiefen Schlaf benebelten Verstand. Gleichzeitig schlich sich ein flüchtiges Grinsen in mein ebenfalls vom Schlaf gezeichnetes Gesicht.

Während ich vor mich hin sinnierend, immer weiter in das Innere des Waldes vordrang, spürte ich plötzlich, wie sich meine Nackenhaare aufrichteten. Mein noch nicht vom Schweiß durchtränktes T-Shirt ließ durch die Laufbewegung, gleichzeitig eine Gänsehaut erahnen.
Ein halblautes „What the fuck?“ verließ spontan neudeutsch meine Lippen.

Was war passiert? Meine noch leicht müden Augen versuchten sich, benachteiligt durch die Lichtsituation und die Vielzahl der Eindrücke, die sich einem in der Natur darbieten, auf die Ursache zu fokussieren.
Als dies endlich gelang, konnte ich die Ursache allen Übels ausmachen.
Zwei Hipster in voller Montur. Zwei Prachtexemplare, des in letzter Zeit gleichsam einer Pandemie um sich greifenden Apfelkultes hatten mich zum Objekt ihrer Neugierde auserkoren.
Diese Volksgruppe, die in letzter Zeit erheblichen Zulauf von anderen Glaubensrichtungen erfuhr, zeichnet sich durch viele äußerliche Merkmale aus.
Befindet sich der Hipster in urbaner Umgebung, fallen als erstes die engen Hosen und der flauschige Schal auf, der mehr ein Zeichen der eigenen Verwundbarkeit, denn ein Schutz gegen arktische Temperaturen zu sein scheint. Dieser Schal, der unbestätigten Meldungen zufolge durchaus die Länge eines Linienbusses erreichen kann, weist dessen Besitzer als besonders sensiblen Menschen aus. Nach meinem begrenzten Modeverständnis, bildet er den Gegenpol zum Hipsterbart, der als maskulines Merkmal bei allen männlichen Exemplaren vorhanden sein muss. Besonders hochrangige und draufgängerische Männchen verfügen zudem über Unterambemalungen mit eher zufälligen, bunten Motiven.

Befindet sich der Hipster jedoch in anderer Umgebung, beispielsweise in der Natur bei der Leibesertüchtigung, so gelten freilich andere Gesetze.
Hier gilt es möglichst offensiv auf die eigene Sportart bekleidungstechnisch aufmerksam zu machen…

to be continued

In diesem Sinne, lasst was von Euch sehen

https://s14-eu5.ixquick.com/cgi-bin/serveimage?url=http%3A%2F%2Fwww.vomzi.com%2Fwp-content%2Fuploads%2F2016%2F02%2Fcute-shia-labeouf-do-it-gif-654.gif&sp=3a2d10f1b3b09afa383aded6ea7ea2f4

ps: Ach ja, wer Rechtschreibfehler findet, darf sie behalten.:biggrin:

big_lebowski
2017-11-15, 21:54:17
Fortsetzung:

Hier gilt es möglichst offensiv auf die eigene Sportart bekleidungstechnisch aufmerksam zu machen und dabei gleichzeitig nicht Gefahr zu laufen, sich mit stinknormalen Bürohengsten gemein zu machen. Doch wie gelingt dieser Spagat, wenn man die Funktionalität nicht unberücksichtigt lassen will?
Nun, dies bewiesen die beiden mich seit einiger Zeit musternden Gesellen in eindrucksvoller Art und Weise.

Auf dem Haupt ein Kopftuch wie eine süddeutsche Marktfrau.
Ein Funktionsoberteil in einer Farbe, so grell wie die Sonne und mit Sponsoremblemen aus dem Reich der Fantasie.
Eine enge kurze Laufhose, die dem Himmel sei dank, nicht allzu verräterisch ausfiel.
Selbstverständlich durfte bei diesem Modeensemble der schlaue, kommunikationsfördernde Begleiter nicht fehlen. Diesen hatten sich die beiden hippen Sportler, wie ein Blutdruckmessgerät um den Oberarm geschnallt. Den Abschluss bildeten die Laufschuhe, in einer dem Oberteil in Glanzstärke ebenbürtigen Neonfarbe. Dezent sieht wahrlich anders aus, dachte ich mir.

Doch was war es, dass die Aufmerksamkeit der beiden auf mich gezogen hatte?
Je näher ich diesen zwei hageren Gestalten kam, desto klarer wurde mir, dass sich ihr Blick auf meine Trainingshose gerichtet hatte. Meine treue Trainingshose, die schon einiges mitmachen musste und sich trotzdem ihre wohlverdiente Würde bewahren konnte. Womit hatte sie diese abschätzigen Blicke verdient?
Je näher ich diesen Sportskanonen kam, desto mehr wandelte sich jedoch ihr Blick. War es Anfangs eine Mischung zwischen Unverständnis, Überheblichkeit und Intoleranz, gewann mit immer geringer werdendem Abstand eine unerwartete Einschüchterung in ihren Augen, die Überhand.

In der Retrospektive kann ich mir nur erklären, dass der Anblick der überlegenen Verarbeitung und die geradezu archaisch-monumentale Materialanmutung ihnen einen herben Dämpfer versetzt hatten. Eine Hose wie ein Statement. Ein Relikt aus einer längst vergessenen, besseren Zeit. Eine Zeit in der noch Fabelwesen über die Welt wandelten. Ein markanter, gemusterter Streifen auf jedem Hosenbein, dem Warnmuster einer Schlange gleichend. Farblich halbwegs zurückhaltend, vermittelte diese Trainingshose mit all ihren anderen Merkmalen, den Charme einer alten Oberklasselimousine aus Fernost. Auf dem Bild vielleicht belächelt, in der Realität ob ihrer schieren physischen Präsenz, jedoch respekteinflößend.

Je näher ich meinen Modekritikern kam, desto mehr kristallisierte sich in ihrem Antlitz ein „does not compute“ heraus. Auch wenn ich zum damaligen Zeitpunkt meine Eindrücke noch nicht ausreichend verarbeiten, geschweige denn in Worte fassen konnte, beschlich mich dennoch das wohlig warme Gefühl des Triumphes.
Mit stolz geschwellter Brust und mit dem Evergreen „Perfect Day“ von Lou Reed in Gedanken, lief ich mit steten Schritten, der mittlerweile leicht geneigten Sonne entgegen.
Ein guter Tag zum Joggen dachte ich mir...

alkorithmus
2017-11-16, 12:53:35
Oh ein tolles Thema! (Lass das mal Lyka sehen)
Hin und wieder komme ich auch zum Schreiben. Die phasenorientierte Kreativität kommt meist früh am Morgen. Dann wird eine Stunde durchgetackert und anschließend beim nochmaligen Lesen die Hälfte gelöscht. Soweit zum Prozess. Zeigen kann ich gerade nichts - muss mir das einfach noch genau überlegen.

big_lebowski
2017-11-16, 18:10:00
Oh ein tolles Thema! (Lass das mal Lyka sehen)
Hin und wieder komme ich auch zum Schreiben. Die phasenorientierte Kreativität kommt meist früh am Morgen. Dann wird eine Stunde durchgetackert und anschließend beim nochmaligen Lesen die Hälfte gelöscht. Soweit zum Prozess. Zeigen kann ich gerade nichts - muss mir das einfach noch genau überlegen.

Würd' mich freuen, von Dir demnächst was zu lesen.:smile:
Ich hab ja inständig gehofft, dass Lyka hier mal was zum Besten gibt. Übrigens muss das nix Langes sein. Es können auch einzelne Gedanken sein, die man spontan "zu Papier" bringt. Gerne kann in geselliger Runde auch Feedback über die Beiträge gepostet werden.