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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Aktuelles BGH-Urteil zum Thema Filesharing


blackbox
2017-03-30, 20:31:50
hier nach zu lesen:
https://www.tagesschau.de/inland/filesharing-urteil-101.html

Ich bin fassungslos!

Die Kommentare dort sind eindeutig und ich kann mich der einhelligen Meinung nur anschließen, dass so ein Urteil in einem Land wie Deutschland einfach nur wie ein Alptraum wirkt. Da das die höchste gerichtliche Instanz ist, ist es mehr oder weniger endgültig.

Hier wurden in einem Zivilverfahren wesentliche Grundrechte einfach so ausgehebelt. In einem Strafverfahren wäre das undenkbar.

Natürlich haben die Eltern es nicht gerade klug gemacht, indem sie zugegeben haben, den Schuldigen zu kennen. Hätten Sie gesagt, sie wissen nicht, wer es war, wäre der ganze Prozess im Sande verlaufen. Nichtsdestotrotz muss ich weder mich selbst noch einen Angehörigen belasten.

Steffko
2017-03-30, 20:41:41
Ich verstehe nicht, was an dem Urteil jetzt so überraschend ist. Hast du ernsthaft geglaubt, dass die Eltern mit sowas banalem wie "War jemand anders, vielleicht eins der Kinder..." davonkommen?

GSXR-1000
2017-03-30, 20:46:10
Ich verstehe nicht, was an dem Urteil jetzt so überraschend ist. Hast du ernsthaft geglaubt, dass die Eltern mit sowas banalem wie "War jemand anders, vielleicht eins der Kinder..." davonkommen?
Lies den artikel nochmal. Genau das haben die Eltern naemlich nicht gesagt.

Troyan
2017-03-30, 20:46:16
Die Eltern haben doch zugegeben, dass sie wissen, WER der schuldige ist.

Sorry, aber die sind einfach selbst schuld.

Steffko
2017-03-30, 20:53:07
Lies den artikel nochmal. Genau das haben die Eltern naemlich nicht gesagt.

Richtig. Die waren noch viel ungeschickter, weil sie zugegeben haben, dass sie wissen welches Kind es war, es aber nicht nennen wollen. Die Pressemitteilung des BGH klingt tatsächlich so, als ob sie mit "Keine Ahnung, wir haben alles versucht, den Schuldigen zu ermitteln, aber sind gescheitert" durchgekommen wären.

-> "Danach ist der Anschlussinhaber etwa nicht verpflichtet, die Internetnutzung seines Ehegatten zu dokumentieren und dessen Computer auf die Existenz von Filesharing-Software zu untersuchen. Hat der Anschlussinhaber jedoch im Rahmen der ihm obliegenden Nachforschungen den Namen des Familienmitglieds erfahren, das die Rechtsverletzung begangen hat, muss er dessen Namen offenbaren, wenn er eine eigene Verurteilung abwenden will." (Impliziert: hat er das nicht, haftet er tendenziell auch nicht selbst)

http://juris.bundesgerichtshof.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bgh&Art=pm&Datum=2017&Sort=3&nr=77862&pos=0&anz=47

tatarus
2017-03-30, 20:54:31
Die Forderung, Familienmitglieder anzuschwärzen oder selber bestraft zu werden kennt man eigentlich nur aus faschistischen Systemen. Dieses Urteil bei einem einfachen Filesharingprozess ist bezeichnend für die momentanen Machtverhältnisse in diesem Land. Erst die Eliten und dann der Rest. Naja, immerhin verzichten wir noch auf Waterboarding...

dr_AllCOM3
2017-03-30, 20:57:19
Naja, die Eltern sind der Anschlußinhaber. Ziemlich normal zu sagen, dass einer nun mal haften muss. Hat die ja niemand gezwungen, jemanden anzuschwärzen.

deekey777
2017-03-30, 21:02:30
Wenn mich nicht alles täuscht, ist in diesem Urteil nur neu, dass es volljährige Kinder waren. Schon früher hat der BGH gesagt: Entweder du sagst, wer es war, oder du schweigst. Art. 6 GG schützt dich nicht.

Das ist kein faschistisches System, dennoch finde ich, dass der BGH hier mit seiner Rechtsprechung übertreibt: Einerseits reicht es für die sekundäre Darlegungslast aus, wenn der Anschlussinhaber einen nachvollziehbaren Sachverhalt vorträgt, der ihn entlastet. Dann sagt der BGH aber, dass der Anschlussinhaber doch die Mitnutzer über die Rechtsverletzung ausforschen muss, um sich zu entlasten.

tatarus
2017-03-30, 21:02:39
Nach aktueller Rechtsprechung haftet der Anschlussinhaber nicht, wenn es noch weitere Personen im Haushalt gewesen sein könnten und diese darauf hingewiesen wurden, Filesharing zu unterlassen. Beweisen wer die eigentlich Urheberrechtsverletzung begangen hat muss der Kläger.

Im Vorliegenden Fall muss der Anschlussinhaber Strafe bezahlen für etwas, dass unstreitig jemand anderes getan hat. In keinem anderen Prozess müsste man ein Familienmitglied verraten. Beim Filesharing wird das aber scheinbar erwartet.

Troyan
2017-03-30, 21:11:11
Der Anschlussinhaber muss zahlen, weil er weiß, wer den Schaden verursacht hat:

Der Vater wollte nicht zahlen und führte an, dass er die Urheberrechtsverletzung selbst nicht begangen habe. Er wisse, dass eines seiner Kinder verantwortlich sei, wolle den Namen aber nicht preisgeben.


Nach dieser Abwägung halten die Richter die Namensnennung für zumutbar. Schon die Vorinstanz, das Oberlandesgericht München, hatte der Plattenfirma recht gegeben.
http://www.tagesschau.de/inland/bgh-filesharing-schadenersatz-eltern-101.html

deekey777
2017-03-30, 21:14:27
Nach aktueller Rechtsprechung haftet der Anschlussinhaber nicht, wenn es noch weitere Personen im Haushalt gewesen sein könnten und diese darauf hingewiesen wurden, Filesharing zu unterlassen. Beweisen wer die eigentlich Urheberrechtsverletzung begangen hat muss der Kläger.

Im Vorliegenden Fall muss der Anschlussinhaber Strafe bezahlen für etwas, dass unstreitig jemand anderes getan hat. In keinem anderen Prozess müsste man ein Familienmitglied verraten. Beim Filesharing wird das aber scheinbar erwartet.
Das ist gefährliches Halbwissen, lies einfach das Urteil vom 06.10.2016.

In München sitzt Waldorf Frommer nebenbei.

Lawmachine79
2017-03-30, 23:34:37
Das ist gefährliches Halbwissen, lies einfach das Urteil vom 06.10.2016.

So sieht es aus. An diesen BGH-Fällen muss man nur ein Sachverhaltsdetail verändern und schon passt da das Urteil nicht mehr zu.

Nach aktueller Rechtsprechung haftet der Anschlussinhaber nicht, wenn es noch weitere Personen im Haushalt gewesen sein könnten und diese darauf hingewiesen wurden, Filesharing zu unterlassen. Beweisen wer die eigentlich Urheberrechtsverletzung begangen hat muss der Kläger.

Im Vorliegenden Fall muss der Anschlussinhaber Strafe bezahlen für etwas, dass unstreitig jemand anderes getan hat. In keinem anderen Prozess müsste man ein Familienmitglied verraten. Beim Filesharing wird das aber scheinbar erwartet.
Du _MUSST_ auch niemanden verraten. Wo steht das? Sie können ja wählen, ob sie den Namen nennen oder nicht. Das wäre übrigens nicht nur im Urheberrecht so, sondern in allen Bereichen des gewerblichen Rechtsschutzes und, weiter gedacht, in allen Fällen, wo die Grundsätze der Störerhaftung anwendbar sind. Ich finde das Urteil absolut in Ordnung. Wer eine Gefahrenquelle schafft, die Rechte Dritter beeinträchtigen kann, muss für die der Gefahrenquelle innewohnenden Risiken einstehen, wenn sie sich realisieren, es sei denn er hat die geeigneten und zumutbaren Maßnahmen getroffen, um Rechtsgutsgefährdungen Dritter zu vermeiden.

Du verstehst einfach nicht, welcher Gedanke dahintersteckt und kommst gleich mit einem Schwachsinn wie Faschismus. Das ist dermaßen deppert, hier geht es nicht Staat gegen Bürger sondern Bürger gegen Bürger. Ein Recht Dritter ist verletzt worden und dabei ist ein Schaden entstanden. Für diesen Schaden muss jemand gerade stehen. Findest Du es jetzt gerecht, den Dritten auf seinem Schaden sitzen zu lassen? Also ich finde es gerecht, den Nächstbesten heranzuziehen, der an der Schadensentstehung mitgewirkt hat und ihn zumindest subsidiär, wenn der, der am nächsten zur Schadensentstehung ist, nicht greifbar ist, haften zu lassen. Der Gedanke wurde - zwar nicht im Zusammenhang mit der Störerhaftung - bereits vor langer Zeit entwickelt, lies Dir mal RGZ 82, 206 (Dombrandfall) durch, da ist der, der letzten Endes haften muss noch weiter weg von der Verletzungshandlung als hier die Eltern (Baulastträger eines Gebäudes muss dem Eigentümer des Gebäudes für Schäden aufkommen, die ein Feuerwerker fahrlässig an dem Gebäude verursacht hat).

Nach Deiner Logik könnte man durch arbeitsteiliges vorgehen bei deliktischem Handeln jeder zivilrechtlicher Haftung entgehen.


Hier wurden in einem Zivilverfahren wesentliche Grundrechte einfach so ausgehebelt. In einem Strafverfahren wäre das undenkbar.

Das ist ein Äpfel/Birnen-Vergleich. Im Strafrecht gibt es keine Beweislastentscheidungen. Im Zivilrecht hat jeder die "Last", ihm günstige Umstände vorzutragen und zu beweisen um einen eigenen Anspruch zu begründen/zu erhalten oder einen gegnerischen Anspruch zu vernichten.

Hellspinder
2017-03-31, 00:13:58
Ein Recht Dritter ist verletzt worden und dabei ist ein Schaden entstanden. Für diesen Schaden muss jemand gerade stehen. Findest Du es jetzt gerecht, den Dritten auf seinem Schaden sitzen zu lassen?

Da sind wir bei der Wurzel der ganzen Diskussion. Entsteht dem Rechteinhaber nun wirklich ein Schaden, oder nicht? Hätte der Rechteverletzer den Titel auch garantiert auf legalem Weg erworben, wenn ihm die abschreckende Wirkung der drohenden Verfolgung deutlich vor Augen gewesen wäre?

Wie sieht es in Folgendem Fall aus:
Jemand "klaut/fileshared" ein Musikalbum ->wird Fan der Band und kauft hinterher den halben Merchandise-Store leer. Was für Einnahmen wären dem Rechteinhaber entgangen, wenn der Titel nie auf illegalem Weg seine Verbreitung gefunden hätte.

Die ganze "Urheberrechte im digitalen Zeitalter" Kiste muss völlig neu formuliert werden. So wie das momentan läuft ist es ein Unding.
Die Rechteinhaber machen mehr Kohle damit, ihr Zeug selbst auf illegalen Portalen hochzuladen und die Fische für die Abmahnhaie zu ködern, statt ihrem eigentlich Business nachzugehen.

Lawmachine79
2017-03-31, 00:41:54
Da sind wir bei der Wurzel der ganzen Diskussion. Entsteht dem Rechteinhaber nun wirklich ein Schaden, oder nicht? Hätte der Rechteverletzer den Titel auch garantiert auf legalem Weg erworben, wenn ihm die abschreckende Wirkung der drohenden Verfolgung deutlich vor Augen gewesen wäre?

Wie sieht es in Folgendem Fall aus:
Jemand "klaut/fileshared" ein Musikalbum ->wird Fan der Band und kauft hinterher den halben Merchandise-Store leer. Was für Einnahmen wären dem Rechteinhaber entgangen, wenn der Titel nie auf illegalem Weg seine Verbreitung gefunden hätte.

Die ganze "Urheberrechte im digitalen Zeitalter" Kiste muss völlig neu formuliert werden. So wie das momentan läuft ist es ein Unding.
Die Rechteinhaber machen mehr Kohle damit, ihr Zeug selbst auf illegalen Portalen hochzuladen und die Fische für die Abmahnhaie zu ködern, statt ihrem eigentlich Business nachzugehen.
Wieso muss das im digitalen Zeitalter neu erfunden werden? Deine Schadensfrage kannst Du für alle Immaterialgüterrechte stellen. Ist im Patentrecht genauso, im Designrecht, im Markenrecht. Der Patentinhaber kann sogar Schadensersatz verlangen, wenn er die Erfindung, die er patentiert hat, nicht baut und vertreibt. Der Schaden besteht darin, dass derjenige, der das geistige Eigentum ohne Erlaubnis genutzt hat, sich den ökonomischen Wert eines Vermögensgegenstands angeeignet, das einem anderen zugewiesen ist. Wieso sollte das fürs Urheberrecht anders geregelt sein als für andere Immaterialgüterrechte? Und wenn Du ein Problem mit dem Schadensbegriff hast: es gibt drei Arten der Schadensberechnung, eine davon ist die Abschöpfung des Verletzergewinns, womit wir bei einem Rechtsgedanken sind, der Nähe zu den Vorschriften der ungerechtfertigten Bereicherung aufweist. Und der dringt ja durch. Und ich finde auch der "echte" Schaden ist gegeben, denn der, der etwas nutzt, kann sich nicht darauf berufen, dass er das Gut nicht legal erworben hätte, hätte er keinen rechtswidrigen Weg gefunden. Das wäre ein klassischer Fall von Venire contra factum proprium, bzw. könntest Du es auch ähnlich wie bei BGH V ZR 223/54 lösen (Parkplatzfall, Vertragsschluss durch sozialtypisches Verhalten).

5tyle
2017-03-31, 04:48:45
Eltern haften für ihre Kinder und das ist ja insbesondere zum Schutz der Kinder so geregelt, ob das für erwachsene Kinder gilt ist allerdings fraglich.

Anschwärzen kann man viel. Ein Bekannter ist neulich in der Nacht kurz nach dem Terrorangriff in Düsseldorf mit dem Zug durchgefahren, im Zug sind dann auch die ganzen Polizisten aus dem Einsatz gesessen und das erste was sie machen ist, sich bequem zu machen und ihre Geräte herauszuholen und auf illegalen Streamingseiten rumzusurfen und sich darüber zu unterhalten wie man noch an Filme kommt, die wegen Urheberrechtsansprüchen harausgelöscht wurden. Muss man sowas auch anschwärzen oder wie macht man das dann?

Andi_669
2017-03-31, 08:08:55
Da sind wir bei der Wurzel der ganzen Diskussion. Entsteht dem Rechteinhaber nun wirklich ein Schaden, oder nicht? Hätte der Rechteverletzer den Titel auch garantiert auf legalem Weg erworben, wenn ihm die abschreckende Wirkung der drohenden Verfolgung deutlich vor Augen gewesen wäre?

es wurde Hochgeladen, nicht runter geladen, also anderen zur Verfügung gestellt,
für das herunterladen wurde in DE meines Wissen nach noch nie jemand zu irgendwas verurteilt. (außer natürlich für KiPorn oder ähnlich)

deekey777
2017-03-31, 10:37:59
Da sind wir bei der Wurzel der ganzen Diskussion. Entsteht dem Rechteinhaber nun wirklich ein Schaden, oder nicht? Hätte der Rechteverletzer den Titel auch garantiert auf legalem Weg erworben, wenn ihm die abschreckende Wirkung der drohenden Verfolgung deutlich vor Augen gewesen wäre?

.

Es geht nicht um einen Schaden, es geht um den Lizenzschaden: Jeder, der ein Werk verbreiten will, muss sich das entsprechende Recht beim Urheber einholen. Hat er dieses Recht nicht und verbreitet das Werk dennoch, muss er dem Urheber den Lizenzschaden ersetzen, also die Summe, die er im Falle des rechtmäßigen Lizenerwerbs gezahlt hätte (Lizenzanalogie). Nur verlangen die Urheber lieber einen pauschalisierten Betrag.

Das wird aber nicht an die Öffentlichkeit vermittelt, sondern der Schaden, der durch Filesharing entstehe, ist, dass niemand ins Kino geht, keine Filme/Serien kauft/vermietet usw. Sprich: Von Filesharing seien auch Kinobetreiber, Videotheken, Mediamarkt&Co betroffen.

http://lexetius.com/2016,4554

Eine die tatsächliche Vermutung ausschließende Nutzungsmöglichkeit Dritter ist anzunehmen, wenn der Internetanschluss zum Verletzungszeitpunkt nicht hinreichend gesichert war oder bewusst anderen Personen zur Nutzung überlassen wurde. In solchen Fällen trifft den Inhaber des Internetanschlusses jedoch eine sekundäre Darlegungslast. Diese führt weder zu einer Umkehr der Beweislast noch zu einer über die prozessuale Wahrheitspflicht und Erklärungslast (§ 138 Abs. 1 und 2 ZPO) hinausgehenden Verpflichtung des Anschlussinhabers, dem Anspruchsteller alle für seinen Prozesserfolg benötigten Informationen zu verschaffen. Der Anschlussinhaber genügt seiner sekundären Darlegungslast vielmehr dadurch, dass er dazu vorträgt, ob andere Personen und gegebenenfalls welche anderen Personen selbständigen Zugang zu seinem Internetanschluss hatten und als Täter der Rechtsverletzung in Betracht kommen. In diesem Umfang ist der Anschlussinhaber im Rahmen des Zumutbaren zu Nachforschungen sowie zur Mitteilung verpflichtet, welche Kenntnisse er dabei über die Umstände einer eventuellen Verletzungshandlung gewonnen hat. Die pauschale Behauptung der bloß theoretischen Möglichkeit des Zugriffs von im Haushalt lebenden Dritten auf den Internetanschluss genügt hierbei nicht. Entspricht der Beklagte seiner sekundären Darlegungslast, ist es wieder Sache der Klägerin als Anspruchstellerin, die für eine Haftung des Beklagten als Täter einer Urheberrechtsverletzung sprechenden Umstände darzulegen und nachzuweisen (BGHZ 200, 76 Rn. 15 ff. – BearShare, mwN; BGH, GRUR 2016, 191 Rn. 37 und 42 – Tauschbörse III; GRUR 2016, 1280 Rn. 33 – Everytime we touch). Mit diesen Grundsätzen steht das Berufungsurteil im Einklang.

Der fette Text wird gern unter den Tisch fallengelassen. Und dass Art. 6 GG hier nicht weiterhilft, ist auch längst gefestigte Rechtsprechung. Meiner Meinung nach wird der verklagte Anschlussinhaber zum verlängerten Arm der Kläger. Und das finde ich fragwürdig.

Lowkey
2017-03-31, 10:50:30
Mein Vater rief an. Er ist tief bestürzt über diese Rechtsprechung. Das ist das erste Mal, dass eine Linie überschritten wurde. Das ist in der Tat eine Rechtsprechung, wie man sie aus faschistischen Systemen kennt. Diese Art der Rechtsprechung wird Folgen haben.

Abgesehen davon liegt natürlich ein strategischer Fehler der Eltern vor.

Lawmachine79
2017-03-31, 10:59:40
Mein Vater rief an. Er ist tief bestürzt über diese Rechtsprechung. Das ist das erste Mal, dass eine Linie überschritten wurde. Das ist in der Tat eine Rechtsprechung, wie man sie aus faschistischen Systemen kennt. Diese Art der Rechtsprechung wird Folgen haben.

Abgesehen davon liegt natürlich ein strategischer Fehler der Eltern vor.
Oh - dann zitier' mal bitte etwas faschistische Rechtsprechung, dann machen wir mal einen kleinen Rechtsvergleich. Mir war auch neu, dass in faschistischen Systemen das Rechtsverhältnis Bürger-Bürger konstituierend ist, ich dachte eher die "Besonderheiten" des Faschismus lägen im Verhältnis Staat-Bürger.

Lowkey
2017-03-31, 11:05:31
Das kann ich nicht. Ich bin immer noch fassungslos und lese weiter.

registrierter Gast
2017-03-31, 11:11:22
Wieso greift in diesem Fall nicht das Zeugnisverweigerungsrecht? Wieso müsste der Vater die Identität eines seiner Kinder preisgeben? Damit würde der Vater doch ganz klar einen direkten Verwandten belasten. :confused:

Lawmachine79
2017-03-31, 11:14:15
Das kann ich nicht. Ich bin immer noch fassungslos und lese weiter.
Meine Gedanken sind in dieser schweren Stunde bei Dir.


Meiner Meinung nach wird der verklagte Anschlussinhaber zum verlängerten Arm der Kläger. Und das finde ich fragwürdig.
Diesen Mechanismus hast Du in allen zivilrechtlichen Konstellationen, in denen es eine subsidiäre Haftung gibt. Die Frage ist: "Wer ist näher am Risiko?" Und die Frage zu stellen finde ich richtig und wenn Gerechtigkeit vor Billigkeit gehen soll, hat der BGH die Frage auch richtig beantwortet.

PHuV
2017-03-31, 11:17:55
Da paßt ja das Thema gut rein, siehe Frage zum aktuellen Urteil in Sachen FileSharing (https://www.forum-3dcenter.org/vbulletin/showthread.php?t=580154).

Vielleicht können die rechtlich Sachkundigen was zu Überwachung und Logging im privaten Umfeld sagen.

deekey777
2017-03-31, 11:20:19
Wieso greift in diesem Fall nicht das Zeugnisverweigerungsrecht? Wieso müsste der Vater die Identität eines seiner Kinder preisgeben? Damit würde der Vater doch ganz klar einen direkten Verwandten belasten. :confused:
Weil er sonst nicht seiner sekundären Darlegungslast als Anschlussinhaber nachgekommen wäre.

Du haftest ja nicht nur als Täter, sondern ggf. als Störer.

Franconian
2017-03-31, 11:21:28
Ich sehe das Problem jetzt nicht. Anschlussinhaber haftet und fertig.

Wenn man den Namen der Kinder nicht preisgeben will, dann ist man halt selber dran. Geschickterweise dein minderjähriges Kind angeben, dann dürfte strafmäßig nix passieren.

Aber wer glaubt denn ernsthaft, dass der Anschlussinhaber drum rum kommt indem er einfach sagt es wäre jemand anderes gewesen? Wenn man geblitzt wird muss man auch selber zahlen oder den Fahrer preiseben! Tut man das nicht, wird das Fahrtenbuch aufgebrummt.

Lawmachine79
2017-03-31, 11:24:22
Wieso greift in diesem Fall nicht das Zeugnisverweigerungsrecht? Wieso müsste der Vater die Identität eines seiner Kinder preisgeben? Damit würde der Vater doch ganz klar einen direkten Verwandten belasten. :confused:
Coole Idee - dann verklage ich ab jetzt Leute, nenne Kinder/Frau/Mutter als Zeugen, wenn ich die meinen Klageanspruch unterstütztenden Tatsachen beweisen soll, berufen sich die Zeugen auf Zeugnisverweigerungsrecht und der andere wird verurteilt.

Lowkey
2017-03-31, 11:39:41
Wir haben hier im Forum wohl keinen Rechtsexperten. Mit dem alten Rechtsverständnis musste der Ankläger den Täter benennen. Mit der neuen Rechtsprechung muss der Anschlussinhaber den Täter benennen, selbst wenn es das eigene Kind ist.

Andi_669
2017-03-31, 11:44:40
Wir haben hier im Forum wohl keinen Rechtsexperten. Mit dem alten Rechtsverständnis musste der Ankläger den Täter benennen. Mit der neuen Rechtsprechung muss der Anschlussinhaber den Täter benennen, wenn er schon "mitgeteilt" hat das er weiß wer es war, selbst wenn es das eigene Kind ist.

So ist der Text richtig.

deekey777
2017-03-31, 11:51:55
Wieso greift in diesem Fall nicht das Zeugnisverweigerungsrecht? Wieso müsste der Vater die Identität eines seiner Kinder preisgeben? Damit würde der Vater doch ganz klar einen direkten Verwandten belasten. :confused:
Steht im Urteil.

Ich versuch's zu erklären:

Vater ist der Besitzer eines Internetanschlusses, den neben ihm weitere Familienmitglieder nutzen. Jetzt bekommt er einen Brief, in dem ihm die Urheberrechtsverletzung vorgeworfen wird. Denn der erste Anschein sagt: Wer einen Internetanschluss hat, ist auch der Täter. Will sich der Vater entlasten, so trifft ihn die sekundäre Darlegungslast, die deutlich "leichter" ist als eine Beweislast, die sonst im Zivilrecht gilt. Der Vater muss jetzt einen nachvollziehbaren Sachverhalt darlegen: Ich war's nicht, den Anschluss um diese Uhrzeit nutzen grundsätzlich auch meine Familienmitglieder.

Ähnlicher Fall war vor über einem Jahr beim BGH: Die alleinerziehende Mutter ist Anschlussinhaberin, sie hat sich damit verteidigt, dass es ihr Sohn war. Nur wegen ihm gibt es überhaupt den Internetanschluss, nur er nutzt ihn, weil sie (die Mutter) von Computern keine Ahnung hat. Sie hat den Sohn ausdrücklich als Täter genannt. Klage abgewiesen: Die Mutter ist vollumfänglich entlastet und der Sohn hat den Vorwurf bestritten (oder doch ZVR?). Die beweisbelasteten Kläger konnten keinen Beweis bringen, dass die beklagte Mutter die Urheberrechtsverletzung begangen hat.

registrierter Gast
2017-03-31, 12:32:45
Steht im Urteil.

Ich versuch's zu erklären:

Vater ist der Besitzer eines Internetanschlusses, den neben ihm weitere Familienmitglieder nutzen. Jetzt bekommt er einen Brief, in dem ihm die Urheberrechtsverletzung vorgeworfen wird. Denn der erste Anschein sagt: Wer einen Internetanschluss hat, ist auch der Täter. Will sich der Vater entlasten, so trifft ihn die sekundäre Darlegungslast, die deutlich "leichter" ist als eine Beweislast, die sonst im Zivilrecht gilt. Der Vater muss jetzt einen nachvollziehbaren Sachverhalt darlegen: Ich war's nicht, den Anschluss um diese Uhrzeit nutzen grundsätzlich auch meine Familienmitglieder.

[..]

Danke. Soweit gehe ich mit und kann das verstehen.

Die "sekundäre Darlegungslast" hat also Priorität über das Zeugnisverweigerungsrecht? Er hat also die Pflicht, sein eigenes Kind zu belasten, sofern der Vater nicht selbst für den entstandenen Schaden gerade stehen möchte.

Ich als Laie hätte gedacht, dass der Vater richtigterweise sagen muss, dass es eins seiner Kinder war. Aber er muss nicht sagen, wer es war, weil ihm das Zeugnisverweigerungsrecht das Recht dazu gibt. Egal ob das Kind nun schon volljährig oder nicht ist.

Lawmachine79
2017-03-31, 12:46:33
Ich als Laie hätte gedacht, dass der Vater richtigterweise sagen muss, dass es eins seiner Kinder war. Aber er muss nicht sagen, wer es war, weil ihm das Zeugnisverweigerungsrecht das Recht dazu gibt. Egal ob das Kind nun schon volljährig oder nicht ist.
Richtig, muss er auch nicht. Er ist ja auch nicht in Beugehaft gekommen oder so. Aber dann tritt eben seine subsidiäre Haftung ein. Das gleiche Ergebnis gäbe es, wenn der Primärstörer (das Kind) nicht feststellbar wäre.

Wir haben hier im Forum wohl keinen Rechtsexperten
Doch, hier ist einer. Sogar spezialisiert im gewerblichen Rechtsschutz (aber nicht im Urheberrecht). Deekey ist auch Volljurist soweit ich weiß, aber keine Ahnung welches Rechtsgebiet.

deekey777
2017-03-31, 12:57:37
Danke. Soweit gehe ich mit und kann das verstehen.

Die "sekundäre Darlegungslast" hat also Priorität über das Zeugnisverweigerungsrecht? Er hat also die Pflicht, sein eigenes Kind zu belasten, sofern der Vater nicht selbst für den entstandenen Schaden gerade stehen möchte.

Ich als Laie hätte gedacht, dass der Vater richtigterweise sagen muss, dass es eins seiner Kinder war. Aber er muss nicht sagen, wer es war, weil ihm das Zeugnisverweigerungsrecht das Recht dazu gibt. Egal ob das Kind nun schon volljährig oder nicht ist.

Das Zeugnisverweigerungsrecht steht dem Zeugen zu, nicht dem Beklagten.

Wir haben hier im Forum wohl keinen Rechtsexperten. Mit dem alten Rechtsverständnis musste der Ankläger den Täter benennen. Mit der neuen Rechtsprechung muss der Anschlussinhaber den Täter benennen, wenn er schon "mitgeteilt" hat das er weiß wer es war, selbst wenn es das eigene Kind ist.

So ist der Text richtig.
Ankäger? Täter?

Wie ich schon sagte, ein Blick in die Entscheidung des BGH vom 06.10.2016 ist sehr hilfreich.

Der Beweis des ersten Anscheins ist nicht neu (bestes Beispiel: Wer hinten auffährt, haftet voll). Die sekundäre Darlegungslast ist eine Erleichterung, ihr nachzukommen, ist einfacher, als einen Beweis anzubieten. Nur muss man bei Abwehr einer Urheberrechtsverletzung immer die Kosten im Kopf haben. Es bringt nichts, wenn man den Anschlussinhaber raushaut, aber dann das andere Familienmitglied einem Klageverfahren ausgesetzt ist, in dem deutlich höherer Schadensesatz geltend gemacht wird. Hinzu kommt die Verjärhungsproblematik (die Ansprüche verjähren nach 10 Jahren und nicht schon nach drei).

Und in dem hier maßgeblichen Verfahren wurde einfache Grundsatz missachtet: Wer A sagt, muss auch B sagen. Wer aber B nicht sagt, wird verurteilt.

GSXR-1000
2017-03-31, 13:18:13
Das Zeugnisverweigerungsrecht steht dem Zeugen zu, nicht dem Beklagten.
Ein Zeugnisverweigerungsrecht steht grundsätzlich jedem zu. Nicht nur vor Gericht sondern auch vor Ermittlungsbehörden, der Polizei und anderen Behörden.
Es besteht der Grundsatz, das man aus persönlichen Gründen nicht gezwungen werden kann, belastend gegen eine in entsprechendem Verhältnis stehende Person auszusagen. Das gilt unabhängig davon, welche Position man in dem jeweiligen Akt juristisch wahrnimmt.
Allerdings, wird man, wie hier aufgezeigt, im Zivilprozess im Rahmen einer Haftungsfrage als Resultat dieser Weigerung sich auf Kosten eines konkret benannten Dritten zu entlasten die Haftung selbst tragen müssen.
Das ist nicht verwunderlich und auch nicht juristisch fragwürdig imho. Es folgt letztlich der Lebensrealität und einfacher Logik.

deekey777
2017-03-31, 13:25:55
Ein Zeugnisverweigerungsrecht steht grundsätzlich jedem zu. Nicht nur vor Gericht sondern auch vor Ermittlungsbehörden, der Polizei und anderen Behörden.
Es besteht der Grundsatz, das man aus persönlichen Gründen nicht gezwungen werden kann, belastend gegen eine in entsprechendem Verhältnis stehende Person auszusagen. Das gilt unabhängig davon, welche Position man in dem jeweiligen Akt juristisch wahrnimmt.
Allerdings, wird man, wie hier aufgezeigt, im Zivilprozess im Rahmen einer Haftungsfrage als Resultat dieser Weigerung sich auf Kosten eines konkret benannten Dritten zu entlasten die Haftung selbst tragen müssen.
Das ist nicht verwunderlich und auch nicht juristisch fragwürdig imho. Es folgt letztlich der Lebensrealität und einfacher Logik.
Echt? Es steht grundsätzlich jedem zu? Dann schauen wir ins Gesetz:
https://dejure.org/gesetze/ZPO/383.html
https://dejure.org/gesetze/ZPO/384.html

https://www.gesetze-im-internet.de/stpo/__52.html
https://www.gesetze-im-internet.de/stpo/__53.html
https://www.gesetze-im-internet.de/stpo/__53a.html

Und das AVR: https://www.gesetze-im-internet.de/stpo/__55.html

Also bitte. Das ZVR steht nicht den Parteien zu, sondern nur denjenigen, die ein Zeugnis geben (=Zeugen).

GSXR-1000
2017-03-31, 13:33:43
Echt? Es steht grundsätzlich jedem zu? Dann schauen wir ins Gesetz:
https://dejure.org/gesetze/ZPO/383.html
https://dejure.org/gesetze/ZPO/384.html

https://www.gesetze-im-internet.de/stpo/__52.html
https://www.gesetze-im-internet.de/stpo/__53.html
https://www.gesetze-im-internet.de/stpo/__53a.html

Und das AVR: https://www.gesetze-im-internet.de/stpo/__55.html

Also bitte. Das ZVR steht nicht den Parteien zu, sondern nur denjenigen, die ein Zeugnis geben (=Zeugen).
Frage: darfst du von Seiten einer Ermittlungsbehörde, Polizei etc, egal zu welchem Stand des Verfahrens (also auch zum Zeitpunkt wo du vielleicht nur verdächtigt wirst, oder beschuldigt (/= "baklagt btw) dazu genötigt werden in irgendeiner Form etwas zu entsprechend Anverwandten Preis zu geben? Ich glaube nicht Jim.
Aber lassen wirs gut sein.

deekey777
2017-03-31, 13:37:37
Frage: darfst du von Seiten einer Ermittlungsbehörde, Polizei etc, egal zu welchem Stand des Verfahrens (also auch zum Zeitpunkt wo du vielleicht nur verdächtigt wirst, oder beschuldigt (/= "baklagt btw) dazu genötigt werden in irgendeiner Form etwas zu entsprechend Anverwandten Preis zu geben? Ich glaube nicht Jim.
Aber lassen wirs gut sein.
Kann es sein, dass du die Begrifflichkeiten verwechselst? Beschuldigter != Zeuge?

Andi_669
2017-03-31, 13:49:16
Richtig, muss er auch nicht. Er ist ja auch nicht in Beugehaft gekommen oder so. Aber dann tritt eben seine subsidiäre Haftung ein. Das gleiche Ergebnis gäbe es, wenn der Primärstörer (das Kind) nicht feststellbar wäre.

Nö wenn er gesagt hätte das es wohl ein Familienangehöriger war er aber nicht weiß welcher, da in seinen Haushalt 3 Volljährige Kinder wohnen, die er natürlich darüber informiert hat das das Hochladen illegal ist wäre er aus allen raus gewesen, denn er muss nicht auf den Rechnern seien Familienangehörigen ermitteln,
dann muss der Rechteinhaber beweisen welches Kind es war was praktisch unmöglich ist.

das Problem ist einzig u., alleine das er gesagt hat das er weiß welches seiner Kinder es war, das aber nicht aussagen wollte.


Doch, hier ist einer. Sogar spezialisiert im gewerblichen Rechtsschutz (aber nicht im Urheberrecht). Deekey ist auch Volljurist soweit ich weiß, aber keine Ahnung welches Rechtsgebiet.
den Beitrag über meinen hat du nicht gelesen oder, von da ist das mit dem Rechtsexperten, ich habe nur den Satz vervollständigt,

GSXR-1000
2017-03-31, 13:56:11
Kann es sein, dass du die Begrifflichkeiten verwechselst? Beschuldigter != Zeuge?
Es gilt zu jedem Zeitpunkt und in jedem Schritt des Verfahrens. Auch zu einem Zeitpunkt wo noch niemand rechtswirksam beschuldigt wird (verdächtigt) und alle erstmal Zeugen sind. Zum Beispiel gegenüber der Polizei und generell gegenüber Behörden.
Das Recht geht über das was du in den Artikeln der ZPO und der StPO zitiert hast hinaus
Aber egal. Du hast sicher recht. Idiotie jemandem wie dir überhaupt zu widersprechen. Mea culpa.

Bin weg.

deekey777
2017-03-31, 13:58:56
Nö wenn er gesagt hätte das es wohl ein Familienangehöriger war er aber nicht weiß welcher, da in seinen Haushalt 3 Volljährige Kinder wohnen, die er natürlich darüber informiert hat das das Hochladen illegal ist wäre er aus allen raus gewesen, denn er muss nicht auf den Rechnern seien Familienangehörigen ermitteln,
dann muss der Rechteinhaber beweisen welches Kind es war was praktisch unmöglich ist.

das Problem ist einzig u., alleine das er gesagt hat das er weiß welches seiner Kinder es war, das aber nicht aussagen wollte.




Das Problem ist: Wahrheitspflicht, https://www.gesetze-im-internet.de/zpo/__138.html

(1) Die Parteien haben ihre Erklärungen über tatsächliche Umstände vollständig und der Wahrheit gemäß abzugeben.

Und da bringt Art. 6 GG nicht weiter (Schutz der Familie).

deekey777
2017-03-31, 14:01:10
Es gilt zu jedem Zeitpunkt und in jedem Schritt des Verfahrens. Auch zu einem Zeitpunkt wo noch niemand rechtswirksam beschuldigt wird (verdächtigt) und alle erstmal Zeugen sind. Zum Beispiel gegenüber der Polizei und generell gegenüber Behörden.
Das Recht geht über das was du in den Artikeln der ZPO und der StPO zitiert hast hinaus
Aber egal. Du hast sicher recht. Idiotie jemandem wie dir überhaupt zu widersprechen. Mea culpa.

Bin weg.

Du bringst einfach Dinge durcheinander und versuchst durch die vorgespiegelte Empörung und "Flucht" aufzuzeigen, dass du im Recht bist, was aber nicht stimmt.

Aber wenn man schon Artikel und Paragraphen nicht auseinanderhält, muss man ein Profi sein.

GSXR-1000
2017-03-31, 14:33:01
Du bringst einfach Dinge durcheinander und versuchst durch die vorgespiegelte Empörung und "Flucht" aufzuzeigen, dass du im Recht bist, was aber nicht stimmt.

Aber wenn man schon Artikel und Paragraphen nicht auseinanderhält, muss man ein Profi sein.
Oh nochmals mea culpa Hochwürden, man sehe mir diesen faux pas nach, da ich mich vorwiegend englischsprachig im Bereich Vertragsrecht etc bewege und dort der Begriff "Article" synonym auch für Paragraph verwendet wird, Asche über mein Haupt, ich unwürdiger.
Aber schön das du die eigentlich sachliche Aussage ignorierst und stattdessen pseudoformalien dozierst.
Aber ich flüchte jetzt mal wieder, keine Empörung, nur Erkenntnis meiner Unwürdigkeit mit dir zu diskutieren.
Ciao dann, auch um OT zu beeenden.

Lawmachine79
2017-03-31, 16:11:10
Oh nochmals mea culpa Hochwürden, man sehe mir diesen faux pas nach, da ich mich vorwiegend englischsprachig im Bereich Vertragsrecht etc bewege und dort der Begriff "Article" synonym auch für Paragraph verwendet wird, Asche über mein Haupt, ich unwürdiger.
Aber schön das du die eigentlich sachliche Aussage ignorierst und stattdessen pseudoformalien dozierst.
Aber ich flüchte jetzt mal wieder, keine Empörung, nur Erkenntnis meiner Unwürdigkeit mit dir zu diskutieren.
Ciao dann, auch um OT zu beeenden.
Er hat aber in der Sache Recht. In der englischen Rechtspraxis - egal, was Du im Internet gefunden hast - werden "§" indes mit "sec." (wie "section") übersetzt. "Article" ist da nicht da synonym für.

Und in der Tat verwechseln hier alle das Zeugnisverweigerungsrecht mit zivilrechtlichen Beweislastregeln. Das Zeugnisverweigerungsrecht befreit lediglich von der rechtlichen Pflicht, in Bezug auf Dritte in einem Näheverhältnis aussagen zu müssen. Dieses Recht nimmt dem Gericht die Möglichkeit, eine Aussage zu erzwingen (mit den in § 390 ZPO normierten Mitteln). Weder befreit es von der prozessualen Wahrheitspflicht noch von den Darlegungs- und Beweislasten, die aus dem materiellen Recht folgen.

Geächteter
2017-03-31, 17:12:25
Die Forderung, Familienmitglieder anzuschwärzen oder selber bestraft zu werden kennt man eigentlich nur aus faschistischen Systemen.

Wirtschaftsfaschistoid ist definitiv unser System, alles hat sich dem Geld unterzuordnen.
Alles wo es ums Geld in Massen geht, also beim Auspressen des Bürgers, wird systematisch und mit unerbittlicher Härte gegen vorgegangen, der Staat spannt sich als korrupter, willfähriger Gehilfe dem Kapital und den Konzernen vor den Karren.
Ist aber die körperliche Unversehrtheit verletzt oder in die Wohnung des Zahlviehs eingebrochen, wird ermittlungstechnisch geschlampt und eingestellt oder bei Strafen bisschen Dudu gemacht. Weil Gefängnisse und Unterbringung kosten ja Geld und bringen nur als Drohpotential was für Bürger, die noch gesellschaftlich was zu verlieren haben.


Dieses Urteil bei einem einfachen Filesharingprozess ist bezeichnend für die momentanen Machtverhältnisse in diesem Land. Erst die Eliten und dann der Rest.
Wie im alten Rom, wir sind wieder voll mitten im Zersetzungsprozess.

tatarus
2017-03-31, 18:38:48
Gib einen schönen Vortrag zu unserem System und wie es uns kontrolliert: https://www.youtube.com/watch?v=Rk6I9gXwack

Man stelle sich folgenden Fall vor. Ein Vater hat drei Söhne. Einer der Söhne begeht einen Mord. Der Vater gibt zu zu wissen, wer es war, verrät aber den Namen des Sohnes nicht. Würde man das Filesharingurteil anwenden, dann müsste der Vater wegen Mordes ins Gefängnis. In unserem Rechtssystem hat er aber, wie in jedem freien Rechtsstaat, ein Zeugnisverweigerungsrecht.

Man fragt sich schon, warum er das bei einem Mord hat, bei einer Urheberrechtsverletzung aber nicht.

GSXR-1000
2017-03-31, 19:20:09
Gib einen schönen Vortrag zu unserem System und wie es uns kontrolliert: https://www.youtube.com/watch?v=Rk6I9gXwack

Man stelle sich folgenden Fall vor. Ein Vater hat drei Söhne. Einer der Söhne begeht einen Mord. Der Vater gibt zu zu wissen, wer es war, verrät aber den Namen des Sohnes nicht. Würde man das Filesharingurteil anwenden, dann müsste der Vater wegen Mordes ins Gefängnis. In unserem Rechtssystem hat er aber, wie in jedem freien Rechtsstaat, ein Zeugnisverweigerungsrecht.

Man fragt sich schon, warum er das bei einem Mord hat, bei einer Urheberrechtsverletzung aber nicht.
Der Unterschied ist einfach.
Strafrecht vs Zivilrecht.
Im Strafrecht gilt das was du beschreibst.
Im Zivilrecht ist der Sachverhalt anders. In besagtem Fall geht es um eine Haftungsfrage. Gegenüber einem dritten der rechtlich unbestreitbar einen Anspruch hat. Dieser Anspruch besteht grundsätzlich gegenüber dem Anschlussinhaber. Will er sich davon freisprechen, muss das eben beweisen, bzw mindestens eine gleichwertige Kausalkette liefern die mindestens ähnlich wahrscheinlich ist, wie die wahrscheinlichkeit das er direkt verantwortlich ist.
Dazu muss er, da er ja bereits kundgetan hat, er wüsste wer der verantwortliche sei, angeben, gegen wen der anspruch besteht. Ansonsten verbleibt die haftung bei ihm. Es entsteht daraus ja keine Straftat.
Es ist zu vergleichen mit einem Geschwindigkeitsvergehen im Strassenverkehr. Genau dazu bekommt der Halter den Anhörungsbogen. Entweder er gibt an, wer das Fahrzeug statt ihm gefahren hat (egal ob familienangehöriger oder nicht) oder er tut es nicht. Tut er es nicht, verbleibt busse und Punkte bei ihm.
Einmal kann man sich unter umständen mit nichtwissen durchlavieren. Dann wird einem in Folge ein Fahrtenbuch auferlegt. Spätestens dann muss dieses bei bestreiten des neuerlichen Verstosses vorgelegt werden.
Hier ist die rechtsprechung nicht neu, sondern lediglich konsequent.

tatarus
2017-03-31, 19:24:36
Hast du dich nie gefragt, warum bei einem Vermögensschaden oder dem Eintreiben von Bußgeldern anders verfahren wird als bei einem Mord oder einer Körperverletzung?

GSXR-1000
2017-03-31, 19:33:07
Hast du dich nie gefragt, warum bei einem Vermögensschaden oder dem Eintreiben von Bußgeldern anders verfahren wird als bei einem Mord oder einer Körperverletzung?
Nein? Weil es für mich logisch ist?
Bei ersterem geht es (Zivilrecht) um einen zivilrechtlichen Schaden, den ein Bürger einem anderen Bürger zugefügt hat. Natürlich hat der geschädigte einen Anspruch auf abgeltung dieser Forderung. Der Staat kann nicht auf den Rechtsanspruch eines dritten verzichten, in dem er einräumt der schuldner müsse nicht auskunft darüber geben, gegenüber wem der anspruch wirklich bestünde aber gleichzeitig den Schuldner aus seiner Haftung entlassen. Das kann der Staat schlicht nicht tun, das gibt unser Rechtssystem richtigerweise nicht her.
Im Strafrecht ist das anders. Da führt der Staat einen Prozess gegen einen Bürger. Und natürlich kann der Staat an dieser Stelle zu seinem Nachteil auf bestimmte rechte verzichten.

tatarus
2017-03-31, 20:26:06
Das ist eine recht "klassische" Sicht der Dinge. Natürlich rechtlich einwandfrei und in der jetzigen Rechtsordnung sogar logisch. Das bezweifel ich gar nicht.

Die Frage ist, wer sich dieses Rechtssystem geschaffen hat. Wer ist z.B. heutzutage an der strengen Auslegung des Urheberrechts (oder auch des Patentrechts) interessiert? Der entstandene Schaden ist ein rein Imaginärer, der von einer Privatperson einem Konzern zugeführt wurde. In die andere Richtung wird "politisch" entschieden. Siehe VW.

Mr.Magic
2017-03-31, 22:26:14
d.h. am Ende muss so oder so jemand aus dem Haushalt einstehen und zahlen, entweder der Anschlussinhaber, alternativ die Ehefrau oder Kinder...!? Wenn dem so ist, dann kann man sich die ganze Sache mit Anwalt nehmen und kämpfen ja auch direkt sparen und besser sofort zahlen bzw. möglichst früh einen günstigen Vergleich eingehen. Am Ende landet man sonst noch vor dem AG und zahlt das Dreifache.

Ob man überhaupt zu kämpfen versuchen sollte, hängt stark vom Wohnort ab. In München kann man quasi gleich aufgeben, egal was war. In Köln, Düsseldorf, Frankfurt hat man dagegen scheinbar gute Chancen.*

*KURZE Google-Suche

Geächteter
2017-03-31, 23:35:00
Ist eigentlich Nazirecht nach heutigem Rechtsverständnis rechtsmäßig?
Rechtmäßig ist alles, was dem System dient.
Heute macht man im Auftrag des Kapitals wie damals halt immer öfters kurzen Prozess ganz ohne Gesetz. Fehlt nur noch, dass die Gesetzesbücher durch die Säle fliegen. Staatsanwälte waren ja schon seit jeher weisungsgebunden und mit der Unabhängigkeit der Richter sieht es auch sehr übel aus.

Lawmachine79
2017-04-01, 01:28:50
Erschreckend, was sich hier an einem Verständnis von "Pöbelgerechtigkeit" auftut. Anscheinend ist man hier der Meinung, dass Schöpfer von geistigem Eigentum rechtslos gestellt werden sollen. Die Regeln, nach denen der gewerbliche Rechtsschutz funktioniert waren schon etabliert, bevor das Wort "Neoliberalismus" überhaupt erfunden war. Sie waren sogar etabliert, da wusste der Kaiser noch gar nicht, dass er demnächst abdankt. Und jetzt kommen irgendwelche Schmeißfliegen, die meinen, sie könnten alles, was andere schaffen/erschaffen, einfach an sich nehmen, nur weil es ubiquitär und duplizierbar ist. Wenn die Welt nach Euren primitiven Regeln funktionieren würde, hätte niemand mehr einen Anreiz, etwas zu erschaffen, denn jeder könnte einfach kommen und es nehmen, denn er wird vom Recht nicht geschützt und kann das von ihm Erschaffte nicht wirtschaftlich verwerten.

Das ist eine recht "klassische" Sicht der Dinge. Natürlich rechtlich einwandfrei und in der jetzigen Rechtsordnung sogar logisch. Das bezweifel ich gar nicht.

Die Frage ist, wer sich dieses Rechtssystem geschaffen hat. Wer ist z.B. heutzutage an der strengen Auslegung des Urheberrechts (oder auch des Patentrechts) interessiert? Der entstandene Schaden ist ein rein Imaginärer, der von einer Privatperson einem Konzern zugeführt wurde. In die andere Richtung wird "politisch" entschieden. Siehe VW.
Hinter einem Konzern stehen immer Privatpersonen, Aktionäre. Das sind die Eigentümer des Konzerns. Und wieso ist der entstandene Schaden imaginär? Weil nichts Körperliches gestohlen wird? Primitiver geht es nicht mehr. Dann entsteht beim Schwarzfahren auch nur ein imaginärer Schaden; er wäre ja zu Fuß gegangen, wenn er hätte zahlen müssen. Das Zivilrechtssystem, von dem wir hier reden, besteht exakt seit 1900. Wobei, es war zeitweise außer Kraft gesetzt, im Dritten Reich, an seine Stelle trat das "gesunde Volksempfinden", Euer Empfinden, also der Gestank, der sich auch hier gerade breitmacht. Es ist keine "klassische" Sicht der Dinge. Es ist eine zivilisierte Sicht der Dinge. Es ist die Regel, dass der, der etwas schafft oder erwirbt, die Früchte des Geschaffenen oder Erworbenen erntet und andere davon ausschließen darf. Denn dies ist sein Anreiz, weiteres zu schaffen und/oder zu erwerben.

GSXR-1000
2017-04-01, 01:56:33
Hinter einem Konzern stehen immer Privatpersonen, Aktionäre. Das sind die Eigentümer des Konzerns. Und wieso ist der entstandene Schaden imaginär? Weil nichts Körperliches gestohlen wird? Primitiver geht es nicht mehr. Dann entsteht beim Schwarzfahren auch nur ein imaginärer Schaden; er wäre ja zu Fuß gegangen, wenn er hätte zahlen müssen. Das Zivilrechtssystem, von dem wir hier reden, besteht exakt seit 1900. Wobei, es war zeitweise außer Kraft gesetzt, im Dritten Reich, an seine Stelle trat das "gesunde Volksempfinden", Euer Empfinden, also der Gestank, der sich auch hier gerade breitmacht. Es ist keine "klassische" Sicht der Dinge. Es ist eine zivilisierte Sicht der Dinge. Es ist die Regel, dass der, der etwas schafft oder erwirbt, die Früchte des Geschaffenen oder Erworbenen erntet und andere davon ausschließen darf. Denn dies ist sein Anreiz, weiteres zu schaffen und/oder zu erwerben.


Der emtstandene Schaden ist natuerlich nicht imaginaer. Das Problem ergibt sich aber daraus, das der abgeleitete und pauschaliert eingetriebene "Schaden" bezogen auf den tatsächlich eingetretenen Schaden arg überhöht ist. Und auch nach aussen hin staendig falsch begründet und polemisiert wird, wie schon der Begriff "Raubkopie" andeutet.
Es handelt sich nämlich wie deekey schonmal korrekt ausführte um einen Lizenzschaden. Und nicht um die rein hypothetischen Folgeschäden einer "Raubkopie", die aber gerne von den rechteinhabern als begründung für die oft arg überzogenen Forderungen geliefert werden. Auch hat der Zivilprozess nicht die Funktion der Bestrafung (die auch immer als Rechtfertigungsgrund für die exorbitant hohen Forderungen dient). Ein Zivilprozess dient ausschliesslich dem Ausgleich zivilrechtlicher Ansprüche.
Man wuerde dem ganzen deutlich die Schärfe nehmen und das ganze auch für den Bürger deutlich akzeptabler machen, in dem man die Forderung grundsätzlich an der eigentlichen missbrauchten Lizenz bemisst und diese in der Höhe begrenzt durch einen Multiplikator. Beispielsweise bei einschlägigen vergehen wie das oben beschriebene ohne gewinnerzielungsabsicht auf das 5-fache der Lizenz. Sprich in diesem Falle der fünffache Albumpreis zuzueglich die entsprechenden Auslagen. Das waere nachvollziehbar und auch fuer beide Seiten angemessen.
Damit wuerde man imho das ganze auf das gesunde Mass des Ausgleiches zurückführen und die ganze Geschäftsmaessigen Abmahngeschichten unlukrativ machen.

blackbox
2017-04-01, 10:46:35
Dieser Abmahnwahn in Deutschland ist ja auch einzigartig auf der Welt.
Und das liegt am Gesetzgeber, der hier künstlich ein Konjunkturprogramm für Anwälte auferlegt hat, die sonst nirgendwo einen Job abbekommen haben. Aber das ist ein anderes Thema.

Lawmachine79
2017-04-01, 11:10:11
Aber das ist ein anderes Thema.
Richtig, das hat nichts mit dem materiellen Urheberrecht zu tun sondern mit der Art und Weise, wie Anwaltsgebühren berechnet werden. Es gibt in unserem Berufsstand Parasiten, die weder als Unternehmer noch als angestellte Anwälte taugen und die auch der Staat nicht will. Diesem Bodensatz kommt die Konstruktion der Gebührenberechnung sehr entgegen.

alkorithmus
2017-04-01, 11:26:21
Dieser Abmahnwahn in Deutschland ist ja auch einzigartig auf der Welt.
Und das liegt am Gesetzgeber, der hier künstlich ein Konjunkturprogramm für Anwälte auferlegt hat, die sonst nirgendwo einen Job abbekommen haben. Aber das ist ein anderes Thema.

Kann man so stehen lassen.
Eine andere Diskussion ist, welche Funktionen Eltern im Jahr 2017 übernehmen müssten. War es früher das Kind, was auf der Baustelle spielend erwischt wurde und die Eltern dafür gerade stehen mussten. So ist es heute mit dem digitalen Umfeld.

dr_AllCOM3
2017-04-01, 13:26:31
Kann man so stehen lassen.
Eine andere Diskussion ist, welche Funktionen Eltern im Jahr 2017 übernehmen müssten. War es früher das Kind, was auf der Baustelle spielend erwischt wurde und die Eltern dafür gerade stehen mussten. So ist es heute mit dem digitalen Umfeld.
Das Problem ist hier mmn eher, dass die Eltern sicherlich null Ahnung hatten, was man mit einem Internetanschluß so alles böses anstellen kann. Im Grunde muss man heftigst filtern und sperren, eh man seinen Anschluß, für den man ja rechtlich haftet, mit jemand anderem teilen kann.

deekey777
2017-04-01, 13:56:12
Dieser Abmahnwahn in Deutschland ist ja auch einzigartig auf der Welt.
Und das liegt am Gesetzgeber, der hier künstlich ein Konjunkturprogramm für Anwälte auferlegt hat, die sonst nirgendwo einen Job abbekommen haben. Aber das ist ein anderes Thema.

Ich finde diese Einstellung lustig.

Wenn jemand eine CD mitgehen lässt, wird auf irgendeine Weise bestraft, im schlimmsten Fall kriegt man eine Freiheitsstrafe, wenn man unbelehrbar ist.

Wenn man aber dabei erwischt wird, das Urheberrecht zu missachten, dann sind die Anwälte schuld, weil sie die Rechte ihrer Auftraggeber durchsetzen. Ist wie bei manchem Ebay-Händler, die von Verbänden abgemahnt werden, weil sie als Unternehmer meinen, das Gesetz sei nur eine freiwillige Richtlinie, auch hier sind andere schuld.

Wer heute weiterhin meint, er kann jederzeit alles aus dem Internet ziehen, dann ist er selbst schuld, wenn er erwischt wird, und nicht die Abmahnanwälte.

Aber das ist ein anderes Thema.

alkorithmus
2017-04-01, 14:57:10
Aber das ist ein anderes Thema.

Jo. Siehe: Unterschied Kopieren und Stehlen.

Lowkey
2017-04-01, 15:14:09
Ich finde diese Einstellung lustig.


Das Rechtsempfinden der betroffenen Personen ist Unsicherheit, weil sie es nicht direkt verstehen, was da vor sich geht.

Sie wollen eine Strafe. Ich gehe sehr stark davon aus, dass jeder Mensch für eine Untat eine gerechte Strafe erwartet und dann die Welt wieder stimmt. Wenn du zu schnell fährst, dann bekommst du einen Strafzettel über zB. 15 Euro und sagt "okay" und die Sache ist vorbei. Es gibt einen Bußgeldkatalog und du weißt genau was du falsch gemacht hast und welche Strafe dich erwartet.

Bei Abmahnungen im vorliegenden Fall hast du im Prinzip alle Arten von Urteilen. Jeder Fall wird individuell behandelt. Es gibt keinen direkt nachweisbaren Schaden, sondern einen imaginären Schaden. Niemand kann nachprüfen, ob ein Schaden wirklich entstanden ist. Und dieser Schaden wird im Normalfall sehr hoch angesetzt und steht in keinem Verhältnis zum eigentlichen Einkaufspreis. Hier setzt die gewollte Abschreckung ein. Mein Cousin sollte 1000 Euro für ein Musikstück bezahlen. Dann rief er die Anwälte an und konnte zwischen verschiedenen Rabattmodellen wählen. Ein Witz in meinen Augen, dass der angebliche Schaden dann doch wieder Verhandlungssache ist. Und dann einigt man sich auf 500 Euro mit 50 Euro Ratenzahlung.
Der Gesetzgeber sagte einmal vor Jahren, dass Abmahungen zu hoch seien und führte eine nicht-funktionierende Deckelung ein.

Man ist trotz allen Gesetzen einer gewissen, unsicheren Rechtsprechung ausgeliefert.

GSXR-1000
2017-04-01, 15:58:17
Ich finde diese Einstellung lustig.

Wenn jemand eine CD mitgehen lässt, wird auf irgendeine Weise bestraft, im schlimmsten Fall kriegt man eine Freiheitsstrafe, wenn man unbelehrbar ist.

Wenn man aber dabei erwischt wird, das Urheberrecht zu missachten, dann sind die Anwälte schuld, weil sie die Rechte ihrer Auftraggeber durchsetzen. Ist wie bei manchem Ebay-Händler, die von Verbänden abgemahnt werden, weil sie als Unternehmer meinen, das Gesetz sei nur eine freiwillige Richtlinie, auch hier sind andere schuld.

Wer heute weiterhin meint, er kann jederzeit alles aus dem Internet ziehen, dann ist er selbst schuld, wenn er erwischt wird, und nicht die Abmahnanwälte.

Aber das ist ein anderes Thema.
Der unterschied ist doch wohl, (und daran muss ich dich doch wohl kaum erinnern herr volljurist) das es hier (und vor allem den abmahnenden) nicht ums Strafrecht sondern ums zivilrecht geht.
Strafrechtlich fallen die "urheberrechtsverstösse" die hier angesprochen sind, ob ihrer Relevanz unter Bagatelle. Auch aufgrund des Grads des wirtschaftlichen Vorteils den man sich erwirbt. Witzigerweise wird ja auch nicht gegen die vorgegangen, die sich tatsächlichen wirtschaftlichen Vorteil verschaffen (die downloaden/stehlen) sondern gegen die, die meist ohne irgendwelche Geschäftsinteressen (teilweise unwissentlich) verbreiten. Eigentlich eine Perversion in sich.
Du redest von denen, die sich was aus dem Internet ziehen. Die werden aber meistens garnicht primär belangt.
Zivilrechtlich geht es auch in einem Ladendiebstahlfall um den Schaden des einzelfalles. Da werden auch nicht gleich das tausendfache des Wertes geltend gemacht. Es gibt zwar Fälle in denen pauschale Gebühren von beispielsweise 100 EUR beim ladendiebstahl geltend gemacht werden, aber das sind sonderfälle, die auch gerne mal abgelehnt werden und die auch nur dann gelten wenn entweder der Aufwand in einzelkosten nachgewiesen werden oder wenn es durch aushang im Ladenlokal kommuniziert wird, was der Kunde durch betreten des Ladens ähnlich wie AGBs anerkennt.
Hier wird (wie auch schon in vielen Fällen bekannt) ein wirtschaftlich oft unerfolgreiches Produkt durch die Abmahnung veredelt, nicht umsonst gab es schon mehrere Fälle, wo "urheberprodukte" nur zum zwecke der Abmahnung überhaupt geschaffen wurden.
Wie ich bereits sagte, wenn der Lizenzschaden in irgendeinem relevanten Verhältnis zum Lizenzwert stünde (beispielsweise 5 facher verkaufspreis), dann fände ich das in ordnung. Nur weisst du selber, das dem nicht so ist. Und das das Abmahnen zum geschäft als solches geworden ist (für Anwalt und Rechteinhaber), und es eben nicht mehr um abwehr von Schaden geht.

Lawmachine79
2017-04-01, 19:36:45
Jo. Siehe: Unterschied Kopieren und Stehlen.
Was ist aus Deiner Sicht denn der Unterschied zwischen Kopieren und Stehlen? Diebstahl ist nicht nur strafbar, weil Du jemand ein wirtschaftsfähiges Gut entziehst - dann könnte man ihn auch als Qualifikation zur Sachbeschädigung würdigen. Diebstahl ist auch und vor allem strafbar, weil Du Dir ein Recht an einem Gegenstand anmaßt, der rechtlich jemand anders zugewiesen ist. Wenn man jetzt auf der zivilrechtlichen Seite guckt, besteht dann der Schaden darin, dass Du dem Gut, das Du Dir verschafft hast, durch das Verschaffen und durch die weitere Verbreitung seiner Verwertbarkeit beraubst. Eine Marktwirtschaft beruht auf der Austauschfähigkeit von Gütern. Dafür sind Angebot und Nachfrage erforderlich. Nur weil Du die technische Möglichkeit hast, Dir einen von einem anderen erschaffenen Wert einzuverleiben, heißt das nicht, dass es legitim ist. Jemand hat zur Erschaffung dieses Guts investiert, nämlich Fleiß, Kreativität, Handfertigkeit, Erfindungsreichtum. Dieser Jemand hat das gute Recht diese Mühe in einen wirtschaftlichen Wert zu verwandeln, den er seinerseits gegen Waren und Dienstleistungen umtauschen kann ("Währung, Geld"). Wenn Du den verlangten Wert zu teuer findest - kauf' es nicht. Funktioniert bei beweglichen Gegenständen auch.

Zur weiteren Erläuterung ein kleines Gedankenspiel: wieso soll der Komponist gegenüber einem Tischler benachteiligt sein? Wenn Du Dir das vom Tischler durch seine wirtschaftliche Tätigkeit erzeugte Produkt aneignest - 'nen Schrank - nennen wir das Diebstahl. Eignest Du Dir das vom Komponisten erzeugte Gut - ein Lied - an, bist Du ohnehin schon strafrechtlich privilegiert (es ist kein Diebstahl); wieso solltest Du zivilrechtlich privilegiert sein? Weil Du dem Komponisten die Verfügungsgewalt über sein Lied nicht entzogen hast? Es wäre falsch, das zu bejahen. Denn weder für den Tischler noch für den Komponisten liegt der wirtschaftliche Wert seines Arbeitsprodukt im "Besitz". Der wirtschaftliche Wert sowohl des Schranks als auch des Lieds liegt in der Nachfrage anderer Menschen und ihrer Bereitschaft diese Nachfrage durch Austausch gegen Geld zu befriedigen. Wenn der wirtschaftliche Wert der Rechtsobjekte "Lied" und "Schrank" in ihrer Austauschfähigkeit besteht, muss es einen ersatzfähigen Schaden darstellen, wenn jemand diesen Gütern die Austauschbarkeit nimmt. Daran ändert sich auch nichts, dass das dem Rechtssubjekt von der Rechtsordnung zugewiesene Recht beim Schrank "Eigentum" und beim Lied "Urheberrecht" heißt. Die fehlende Fähigkeit eines geschaffenen Wertes, dass jemand "Besitz" an ihm erlangen kann oder ihn "anfassen" kann, macht ihn nicht weniger von der Rechtsordnung schützenswert. Denn dann wäre ja ein rostiger Nagel wertvoller als die funktionierende Idee eines Flugzeugs der Gebrüder Wright, die musikalische Idee, die Beethoven zur Komposition der 5. Symphonie veranlasste und die hochwertige, anziehende Formsprache eines IPhones (mag ich nicht, scheint aber andere Anhänger zu finden), einen Nagel kann ja anfassen, eine Idee, eine Melodie, ein Design aber nicht.

Wenn also die rechtswidrige Aneignung von Dingen, die man nicht anfassen kann, so sanktionslos wäre (oder leicht umgehbar, indem man z.B. seinen Anschluss allen zur Verfügung stellt), wie sich das viele hier wünschen, gibt es bald keine Erfindungen, Kunstwerke (egal ob gemalt, komponiert oder sonstwie geschaffen) und Designs mehr. Dann lohnt es sich nur noch anfassbare Dinge zu schaffen, denn ansonsten ist man schutzlos. Willkommen in der Steinzeit.

Mr.Magic
2017-04-02, 03:41:46
Kopieren ist kein Diebstahl. Es ist das Erschleichen einer Leistung, wie Schwarzfahren.

GSXR-1000
2017-04-02, 04:21:37
Kopieren ist kein Diebstahl. Es ist das Erschleichen einer Leistung, wie Schwarzfahren.
Zudem handelt es sich in besagtem falle, wie in nahezu allen fällen der abmahnschmarotzer nicht um den vorwurf des kopierens oder des unberechtigten erwerbs sondern um das bereitstellen zum download. Unentgeltlich nebenbei bemerkt.
Das ignorieren die beiden herren Juristen konsequent bei ihrer dozierierei und schlagen damit verdächtig genau in die selbe Kerbe und Nebelkerze wie die einschlägigen Abmahnanwaelte und geierhaften Rechteinhaber. Die Begriffe wie "Raubkopierer" verwenden um einen Tatbestand zu suggerieren der a) garnicht stattfindet und b) den sie garnicht verfolgen da zuwenig lukrativ.
Sie verfolgen eben exakt NICHT die, die den Lizenzschaden verursachen und sich tatsächlich ohne den erwerb der Lizenzen in den wirtschaftlichen Vorteil der nutzung versetzen.
Das ist schon bezeichnend. Da mahnen die Herren Juristen begriffliche Klarheit an und argumentieren ständig bezogen auf einen Sachverhalt der hier garnicht zur debatte steht.
Da hier durchgängig nicht das Kopieren oder stehlen der sache angemahnt wird sondern immer das Verbreiten, müsste man hier wenn überhaupt mit dem Straftatbestand der Hehlerei vergleichen. Aber auch der ist unpassend, denn bei Hehlerei geschieht dies eigentlich immer gewerbsmässig und unter eigener wirtschaftlicher Vorteilnahme.
Genau das ist in den allermeisten Fällen bei Abmahnungen an Privatpersonen eben genau nicht der fall, weil es nahezu immer unengeltlich weitergegeben wird. Und das ist die grosse Crux in der argumentationskette, weil es faktisch an der wirtschaftlichen vorteilnahme respektive unrechtmässigen bereicherung fehlt.
Seltsam ist ja auch, das man sich lieber versucht bei rechtlich relativ wehrlosen privatpersonen zu bedienen und hier mit aller macht wirklich jeden cent versucht zu realisieren, die wirklich grossen fische, die damit richtig geld machen und ihr geschäft darauf aufbauen (Warez Seiten, oneclick hoster, kopierschmieden in Asien und in Russland die CDs fuer 50 Cent rauskloppen) aber unbehelligt laesst. Wäre ja auch schwieriger, da muesste man international agieren und haette es auf der anderen seite auch mit u.U. deutlich fähigeren Anwälten und somit deutlich schwierigerer Prozessführung zu tun.
Dann doch lieber easy cash mitnehmen und auf Moral und anstand pfeifen. Sorry, aber in diesem Falle noch mit Moral und rechtstaatlichkeit zu kommen ist schon ziemlich peinlich WM.
Aber so ist das mit den Krähen die sich gegenseitig nicht anpicken..

#44
2017-04-02, 07:17:09
Eigentlich sind wir hier ja alle Robin Hood.

Bei Sachbeschädigung gibt es auch keine Gewinnerzielungsabsicht. Da würde auch keiner auf die absurde Argumentation kommen, dass man deshalb nichts schuldig wäre.
Und das ganze noch mit einer Trotzreaktion zu rechtfertigen ist lächerlich. Kannst das ja mal beim nächsten Laser versuchen. "Der da war viel schneller als ich, Herr Wachtmeister, den ziehen sie aber nicht raus" - na, wie klingt das?
Rechtsbruch ist Rechtsbruch.

Mein Problem mit dem Urheberrecht ist, dass aktiv daran gearbeitet wird, dass die Schutzfristen nie auslaufen. Der Tischler verwirkt sein Recht auch, sobald ich das Möbel bezahlt habe. Selbst Patente halten oft nicht einmal lebenslang.
Aber das ist ein anderes Thema.

€: Und danke WM79 für die ausführliche Erläuterung!

GSXR-1000
2017-04-02, 07:42:35
Eigentlich sind wir hier ja alle Robin Hood.

Bei Sachbeschädigung gibt es auch keine Gewinnerzielungsabsicht. Da würde auch keiner auf die absurde Argumentation kommen, dass man deshalb nichts schuldig wäre.
Und das ganze noch mit einer Trotzreaktion zu rechtfertigen ist lächerlich. Kannst das ja mal beim nächsten Laser versuchen. "Der da war viel schneller als ich, Herr Wachtmeister, den ziehen sie aber nicht raus" - na, wie klingt das?
Rechtsbruch ist Rechtsbruch.

Ja stimmt. Der Vergleich mit Sachbeschädigung passt ja so genau.. NOT.
Von welcher Trotzreaktion redest du btw? Ich jedenfalls sprach nicht davon.
Rechtsbruch ist rechtsbruch, das ist wahr. Allerdings wird von den Herren Rechtsanwälten nicht die "Bestrafung des Rechtsbruchs" eingeklagt sondern die Vergütung eines pauschalierten hypothetischen Schadens der eingetreten sei. Das ist doch genau das perverse. Es geht eben genau NICHT um die strafrechtliche Verfolgung eines strafwürdigen Vergehens (strafrecht)sondern um die maximierung der Vergütung eines so nie eingetretenen Schadens (Zivilrecht). Strafrechtlich hat es diesbezüglich doch nie irgendwelche Verfolgung gegeben. Also solltest du die moralische Keule weglassen. Um Moral oder Recht geht es in diesem Falle nicht mal im Ansatz. Sondern nur um die pervertierung dessen zum maximalen Cashflow.

#44
2017-04-02, 08:03:06
Ja stimmt. Der Vergleich mit Sachbeschädigung passt ja so genau.. NOT.
Doch, passt schon einigermaßen, wenn man auf die Aspekte der wirtschaftlichen Vorteilnahme hinaus will, mit denen du argumentiert hast. Du sagst, dass das Recht so nicht zur Anwendung kommen sollte, weil der arme Nutzer keine Gewinnerzielungsabsicht hatte, als er das Werk weiterverbreitet hat. Diesen Aspekt müsste man ja auf andere Fälle mit Schäden ohne Gewinnerzielungsabsicht übertragen könne, nicht? Man hat doch extra - für den Verbraucher - das Gesetz so umgestaltet, dass der private Download kaum belangt werden kann. Da ist es nur der logische Umkehrschluss, dass man dann denjenigen, der das Material verbreitet angehen können muss. Aber irgendwie scheint das auch nicht recht zu sein.

Zur Trotzreaktion: Mir war so, als hätte ich da gelesen, dass man die Kleinen hängt aber die Großen laufen lässt, das pervers wäre und somit dem Ganzen die rechtliche Grundlage entzogen werden sollte. Das ist nunmal irrelevant für den Fall, um den es hier im Topic geht.
Am Ende ist das Zivilrecht dafür da: Sich wirtschaftlichen Ausgleich zu verschaffen. Da geht es nicht darum, die größten Verstöße bevorzugt zu sanktionieren, um Relationen zwischen den Fällen. Aber DAS muss sich jeder vorher überlegen und nicht danach lamentieren. Oder damit leben, dass ich da Trotz sehe.

Dass das UrHg seit dem Internetboom eine riesige Ruine ist, da stimme ich dir voll und ganz zu. Der Gesetzgeber kommt seiner Aufgabe nicht nach, das Gesetz an geänderte gesellschaftliche Bedingungen anzupassen. Aber das ist halt eben ein anderes Thema.
Die Störerhaftung ist auch so ein schwammiges Ding, mit dem ich überhaupt nicht warm werde - aber die Diskussion wäre immerhin ontopic.

€: Wo du da eine Keule siehst ist mir ausserdem schleierhaft. Ich fasse nur zusammen wie deine Art der Argumentation hier ankommt. Wenn dir das nicht gefällt liegt das kaum ausschließlich an mir.

GSXR-1000
2017-04-02, 08:38:12
Doch, passt schon einigermaßen, wenn man auf die Aspekte der wirtschaftlichen Vorteilnahme hinaus will, mit denen du argumentiert hast. Du sagst, dass das Recht so nicht zur Anwendung kommen sollte, weil der arme Nutzer keine Gewinnerzielungsabsicht hatte, als er das Werk weiterverbreitet hat. Diesen Aspekt müsste man ja auf andere Fälle mit Schäden ohne Gewinnerzielungsabsicht übertragen könne, nicht? Man hat doch extra - für den Verbraucher - das Gesetz so umgestaltet, dass der private Download kaum belangt werden kann. Da ist es nur der logische Umkehrschluss, dass man dann denjenigen, der das Material verbreitet angehen können muss. Aber irgendwie scheint das auch nicht recht zu sein.

Die Vergleiche mit Diebstahl etc kamen nicht von mir. Nur darauf hatte ich reagiert.

Zur Trotzreaktion: Mir war so, als hätte ich da gelesen, dass man die Kleinen hängt aber die Großen laufen lässt, das pervers wäre und somit dem Ganzen die rechtliche Grundlage entzogen werden sollte. Das ist nunmal irrelevant für den Fall, um den es hier im Topic geht.
Am Ende ist das Zivilrecht dafür da: Sich wirtschaftlichen Ausgleich zu verschaffen. Da geht es nicht darum, die größten Verstöße bevorzugt zu sanktionieren, um Relationen zwischen den Fällen. Aber DAS muss sich jeder vorher überlegen und nicht danach lamentieren. Oder damit leben, dass ich da Trotz sehe.
Wenn man tatsächlich daran interessiert wäre, tatsächlichen wirtschaftlichen Schaden abzuwenden, würde man sich nicht ausschliesslich an denen gütlich tun, bei denen es um einzelfälle unentgeltlicher Art handelt und dort mit der maximalen Keule draufhauen und ein mehrtausendfaches des eigentlichen Lizenzschadens erlösen, sondern man wuerde sich mit denen beschäftigen, die dies gewerbsmässig und in millionenfacher Form tun. Genau DAS tut man aber nicht. Daher kann man sehr wohl unterstellen, das es hier nicht um Schadensabwehr, Schadensersatz oder gar um moral geht. Sondern es geht darum maximalen Profit unter Ausnutzung schwacher Gesetzgebung (deckelung) zu erzielen. Oftmals auch grade mit Produkten die am Markt gescheitert sind und die am Markt garnicht gekauft wuerden.

#44
2017-04-02, 08:53:02
Wenn man tatsächlich daran interessiert wäre, tatsächlichen wirtschaftlichen Schaden abzuwenden, würde man sich nicht ausschliesslich an denen gütlich tun, bei denen es um einzelfälle unentgeltlicher Art handelt und dort mit der maximalen Keule draufhauen und ein mehrtausendfaches des eigentlichen Lizenzschadens erlösen, sondern man wuerde sich mit denen beschäftigen, die dies gewerbsmässig und in millionenfacher Form tun. Genau DAS tut man aber nicht. Daher kann man sehr wohl unterstellen, das es hier nicht um Schadensabwehr, Schadensersatz oder gar um moral geht.
Du hast recht. Aber das ist doch genau der Punkt, den ich mit dem zitierten Text machen wollte.
Es geht im Zivilrecht nicht um gesellschaftsweite Gerechtigkeit, darum ein moralisches Ideal durchzusetzen. Es geht um Ausgleich in Einzelfällen.
Niemand ist gezwungen, zivilrechtliche Ansprüche geltend zu machen, wenn er dadurch keinen Ausgleich erwartet sondern meint draufzuzahlen.
Zumal die Anbieter dieser Dienste idr. im Ausland sitzen und auf diesem Weg sowieso unerreichbar sind. Dadurch hat dieser Aspekt deiner Argumentation recht wenig Zugkraft.

Abgesehen davon sind die Kosten für eine Erstabmahnung doch mittlerweile gedeckelt. Wer in relativ klaren Fällen die Anwalts- und Verwaltungskosten durch ein Verfahren selbst in die Höhe treibt, dem kann man dann auch nicht mehr helfen.

blackbox
2017-04-02, 10:41:31
Die Deckelung haben die Anwälte leicht umgangen, die existiert quasi nicht.
http://www.zeit.de/digital/internet/2015-02/filesharing-abmahnung-gesetz-kosten-deckelung

deekey777
2017-04-02, 11:21:07
Jo. Siehe: Unterschied Kopieren und Stehlen.

Oder anders gesagt:
Das eine ist der Schutz des Eigentums bzw. des Rechts auf Eigentum, das andere ist Schutz der Rechte des Urhebers. Beides wird gesetzlich geschützt, aber nur der Schutz des Eigentums wird ernstgenommen.

Das Rechtsempfinden der betroffenen Personen ist Unsicherheit, weil sie es nicht direkt verstehen, was da vor sich geht.

Es ist gesetzlich klar geregelt, dass der Urheber gegen den Verletzer vorgehen kann. Und wenn sie nicht verstehen, dass sie die Rechte anderer verletzen, dann sind sie entweder geistig unzurechnungsfähig oder... Äh, ein Oder gibt es gar nicht. (Überspitzung)


Sie wollen eine Strafe. Ich gehe sehr stark davon aus, dass jeder Mensch für eine Untat eine gerechte Strafe erwartet und dann die Welt wieder stimmt. Wenn du zu schnell fährst, dann bekommst du einen Strafzettel über zB. 15 Euro und sagt "okay" und die Sache ist vorbei. Es gibt einen Bußgeldkatalog und du weißt genau was du falsch gemacht hast und welche Strafe dich erwartet.

Bei Abmahnungen im vorliegenden Fall hast du im Prinzip alle Arten von Urteilen. Jeder Fall wird individuell behandelt. Es gibt keinen direkt nachweisbaren Schaden, sondern einen imaginären Schaden.

Werfen wir doch einfach einen Blick ins Gesetz:
https://dejure.org/gesetze/UrhG/97.html

Der Schadensersatzanspruch kann auch auf der Grundlage des Betrages berechnet werden, den der Verletzer als angemessene Vergütung hätte entrichten müssen, wenn er die Erlaubnis zur Nutzung des verletzten Rechts eingeholt hätte.
Das nennt man Lizenzanalogie.

Niemand kann nachprüfen, ob ein Schaden wirklich entstanden ist.
Siehe oben.

Das Problem ist, dass sich niemand die Mühe macht. Stell dir vor, jemand macht sich die Mühe und beziffert das. Es kann in beide Richtungen gehen und die Gefahr, dass es für den Verletzer nachhinten los geht, ist sehr hoch.

Übertreibung:
Vielleicht ist hier jemanden das Cardsharing bekannt. Wenn man bedenkt, dass Sky DE achtstellige Beträge für Rechte fürs Streaming von Bundesligaspielen zahlt, was wäre dann der Lizenzschaden, wenn jemand mit seinem Abo 100 Personen bedient? Hinzu kommt auch noch der Sausackaufschlag.

Und dieser Schaden wird im Normalfall sehr hoch angesetzt und steht in keinem Verhältnis zum eigentlichen Einkaufspreis. Hier setzt die gewollte Abschreckung ein.
Die abschreckende Wirkung bei der Bemessung der Höhe ist rechtswidrig. Es wird nicht hoch angesetzt, sondern pauschal ausgereizt.

Mein Cousin sollte 1000 Euro für ein Musikstück bezahlen. Dann rief er die Anwälte an und konnte zwischen verschiedenen Rabattmodellen wählen. Ein Witz in meinen Augen, dass der angebliche Schaden dann doch wieder Verhandlungssache ist. Und dann einigt man sich auf 500 Euro mit 50 Euro Ratenzahlung.

Und genau das ist das eigentliche Problem: Es ist eine Abmahnindustrie erschaffen worden, so dass nicht die Urheberrechtsverletzung als Unrecht angesehen wird, sondern ihre Verfolgung. Wenn aber heute weiterhin Leute gibt, die in Zeiten von Netflix, iTunes usw. meinen, sie müssen Urheberrechtsverletzungen begehen und dazu noch zu doof sind, ihre Clients so einzustellen, dass sie selbst nichts verbreiten, dann werden sie gemolken, soweit es geht. So einfach ist das.

Der Gesetzgeber sagte einmal vor Jahren, dass Abmahnungen zu hoch seien und führte eine nicht-funktionierende Deckelung ein.

Man ist trotz allen Gesetzen einer gewissen, unsicheren Rechtsprechung ausgeliefert.
Die Deckelung haben die Anwälte leicht umgangen, die existiert quasi nicht.
http://www.zeit.de/digital/internet/2015-02/filesharing-abmahnung-gesetz-kosten-deckelung

Ich glaube, es sind die Abmahnschreiben von RA Daniel Sebastian, in denen steht bzw. stand, dass es ein Gutachten einer Verbraucherschutzzentrale gibt, wonach diese Deckelung nicht greift. Einer der Autoren dieses Gutachtens ist einer der Rechtsanwälte von wbs-law.

Lawmachine79
2017-04-02, 13:04:27
Genau das ist in den allermeisten Fällen bei Abmahnungen an Privatpersonen eben genau nicht der fall, weil es nahezu immer unengeltlich weitergegeben wird. Und das ist die grosse Crux in der argumentationskette, weil es faktisch an der wirtschaftlichen vorteilnahme respektive unrechtmässigen bereicherung fehlt.

Eine unrechtmäßige Bereicherung liegt vor, wenn ich mir einen Vermögenswert verschaffe, der mir nicht zugewiesen ist. Daran ändert sich auch nichts, wenn der derjenige, der Dir den Vermögenswert verschafft, also der Verbreitende, es untentgeltlich macht. Das hindert lediglich die Gewerblichkeit und mag für die strafrechtliche Beurteilung relevant sein. Zivilrechtlich ist es ein rechtswidriger Eingriff in das Urheberrecht eines Rechtssubjekts.

Und wie gesagt, denk' Deinen Gedanken einfach mal bis zum Ende: es käme dem Entzug des Schutzes geistigen Eigentums durch den Gesetzgeber gleich. Es würde sich nicht mehr lohnen, immaterielle Werte zu kreieren. Denn jeder dürfte damit nach Gutdünken verfahren. Das ist gesunder Menschenverstand. Dafür muss man kein Jurist sein. Wenn jemand etwas erschafft und der Staat das von ihm Erschaffene schützt, hat der Erschaffende das Recht auf eine Gegenleistung. Das ist eine banale, lebensnahe Betrachtung der Situation. Ich verstehe schon gar nicht, wie man das überhaupt in Frage stellen kann.

PacmanX100
2017-04-02, 14:08:18
Und wie gesagt, denk' Deinen Gedanken einfach mal bis zum Ende: es käme dem Entzug des Schutzes geistigen Eigentums durch den Gesetzgeber gleich. Es würde sich nicht mehr lohnen, immaterielle Werte zu kreieren. Denn jeder dürfte damit nach Gutdünken verfahren. Das ist gesunder Menschenverstand. Dafür muss man kein Jurist sein..

Also mein gesunder Menschenverstand sagt mir, das Innovation und Kreativität vorallem dann am höchsten sind, wenn sie nicht eingeschränkt werden. Deswegen sind Patente auch ein absoluter Graus. Du kannst nicht einmal eine einzelne Zeile Code schreiben wenn die "identisch" rüberkommt. Die meisten von denen landen ohnehin bei Multi-Milliardendollar Firmen, nicht beim kleinen Mann.

Zum Thema Urheber gibts nicht viel mehr zu sagen. Man sollte sich von dem System endgültig verabschieden und eine Medienabgabe einführen (die es in Form schon gibt: Rohlinge, Drucker, Festplatten usw.). So hätte jeder was gewonnen. ;)

Lawmachine79
2017-04-02, 14:34:46
Also mein gesunder Menschenverstand sagt mir, das Innovation und Kreativität vorallem dann am höchsten sind, wenn sie nicht eingeschränkt werden. Deswegen sind Patente auch ein absoluter Graus. Du kannst nicht einmal eine einzelne Zeile Code schreiben wenn die "identisch" rüberkommt. Die meisten von denen landen ohnehin bei Multi-Milliardendollar Firmen, nicht beim kleinen Mann.


Wo werden denn Kreativität und Innovation eingeschränkt? Wenn Du kreativ und innovativ warst, hast Du etwas Neues geschaffen. Wenn jemand anders vor Dir kreativ war, warst Du vielleicht noch kreativ, aber eben nicht mehr innovativ. Ohne Patente investiert kein Unternehmen mehr in Forschung. Darf ja jeder abkupfern wie er will. Patente nehmen einen Interessenausgleich wahr, das Wettbewerbsinteresse und das Erfinderinteresse. Deshalb sind sie ja auch auf 20 Jahre beschränkt und müssen durch ein Erteilungsverfahren.