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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Sittenwidriger Bindungsvertrag für Weiterbildung?


Heelix01
2017-11-26, 09:43:45
Hallo zusammen,

Mein Arbeitgeber hat mir eine Weiterbildung bewilligt. Freitag habe ich mit meiner Abteilungsleiterin und Personalchef unseres Werks einen Termin gehabt wo mir der von AG Seite unterschriebene Vertrag vorgelegt wurde.

Kosten: 35.000€ inkl. Spesen, Freistellung und Lehrgang selbst.
Dauer: 8 Wochen zu Blöcken je eine Woche auf 10 Monate 2018 aufgeteilt. (332h)
Gehaltserhöhung: 20% plus aufsteigen Einstufung wenn erfolgreich beendet nochmal 30%.

Bindungsdauer und Rückzahlungsvereinbarung: 1/60 für jeden Monat den ich nach Abschluss des Lehrgangs das Unternehmen früher verlasse als halt die 5! Jahre um sind.
Die Rückzahlunsvereinabrung tritt in Kraft wenn die Kündiung von mir eingereicht wurde ...

Die Frage ist direkt jetzt monieren, oder später über die Rechtsschutz ?! Nach Recherche ist die 5 Jahre Bindung nicht wirklich zulässig.
Hintergrund mein AG geht es wirtschaftlich semi gut, 45 Millionen Personalkosten müssen gespart werden und der Entlassungszug Rolle durch die Adminestration / Ingeneieursabteilungen. Mein Persönliches Verhältnis zur Werksleitung ist naja, man gerät öfter aneinander, nie was ernsthaftes aber meine Einschätzung stimmt nicht immer mit meiner Abteilungsleiterin und der Werksleitung überein. Ist halt ab und an schwierig aber ok.

Meinungen ?

Mit freundlichen Grüßen
Heelix

Haarmann
2017-11-26, 09:48:10
Heelix01

Gilt das für beide Seiten oder nur solltest Du gehen?

Heelix01
2017-11-26, 09:50:15
Heelix01

Gilt das für beide Seiten oder nur solltest Du gehen?

Habe ich ergänzt gilt nur wenn ich die Kündigung einreiche.

Morale
2017-11-26, 10:18:24
Ist doch ganz normal, gibt es z.b. im öD bei Beamtenausbildungen auch, dass man die Bezüge wieder zurückzahlen muss wenn man vorher abbricht oder die Behörde danach verlässt.

Du musst jetzt wissen ob es dir die Weiterbildung wert ist oder nicht. Wenn du jetzt 20% mehr bekommst und dann in 1 Jahr nochmal 30% ist das imo doch ein guter Deal, selbst wenn man dann in 2 Jahren die Firma verlässt und halt einen Teil wieder zurückzahlen muss.

btw 35.000 für 8 Wochen? Was ist das :D MBA in Oxford ;)

Mosher
2017-11-26, 10:27:57
5 Jahre sind schon unüblich lang meiner Meinung nach, dafür 35k für eine relativ kurze Weiterbildungsmaßnahme auch nicht gerade wenig.

Da der Knebelvertrag nur greift, wenn du selbst kündigst (ist es anders überhaupt zulässig? Ich meine, nur bei disziplinarischer Kündigung o.ä.), finde ich den Deal auch nicht schlecht. Mit vertraglich festgehaltener Gehaltserhöhung sowieso nicht, lief bei mir jeweils ähnlich.

@Morale:
Es gibt schon so teure Maßnahmen. Bei uns gibt es manchmal Lehrgänge für 10k pP, die nur über ein Wochenende gehen. Bei sowas befürchten die AGs halt, dass der AN sich das mal eben zahlen lässt und dann das Weite sucht.

Heelix01
2017-11-26, 10:36:00
Wenn es das mal wäre ;) !
Nein die Zahl stammt vom personaler um die 5 Jahre zu rechtfertigen.
15.000€ Lehrgang
50€ verpflegungsgeld pro Tag
8 Wochen Mietwagen
Hotel 4 Tage x 8 Wochen x 110€ pro Tag
8 Wochen Pendeln je 2 Tage Treibstoff
Anteilig „Kosten“ durch Freistellung... Rest

Mosher
2017-11-26, 10:50:29
Guck' mal hier:


Zu den erstattungsfähigen Kosten gehören unter anderem:

die eigentlichen Fort- und Weiterbildungsgebühren,
die durch den Arbeitgeber während der Freistellung fortgezahlten Bezüge/ das Gehalt,
ggf. Reise- und Verpflegungskosten,
Kosten der Unterbringung (Hotel).



Dauer der Fort- und Weiterbildung / Bindungsdauer:

von bis zu einem Monat = bis sechs Monate Bindungsdauer
von einem bis zwei Monate = bis ein Jahr Bindungsdauer
von drei bis vier Monate = bis zwei Jahre Bindungsdauer
von sechs bis zwölf Monate = bis drei Jahre Bindungsdauer
von länger als einem Jahre = bis zu fünf Jahre Bindungsdauer


und der letzte Abschnitt, der sich mit der Rückzahlungspflicht bei Kündigung beschäftigt:


Was kann eine Rückzahlungspflicht auslösen?

Hier ist grundsätzlich die Kündigung des Arbeitsverhältnisses zu nennen. Beachtlich ist aber, dass nicht jede Kündigung des Arbeitsverhältnisses eine Rückzahlungspflicht auslöst. Eine Klausel, die zum Beispiel vorsieht:

„Die Rückzahlungspflicht entsteht, wenn das Arbeitsverhältnis vor Ablauf der Bindungsfrist gekündigt wird.“

ist unzulässig, da diese gegen § 307 Abs.1 BGB (unangemessene Benachteiligung des Arbeitnehmers) verstößt.

Auch eine Klausel, die eine Rückzahlungspflicht bei jeder Eigenkündigung des Arbeitnehmers vorsieht, ist unzulässig, da eine Eigenkündigung des Arbeitnehmers auch durch einen Grund verlasst sein kann, der in der Sphäre des Arbeitgebers liegt (zum Beispiel Vorliegen eines rechtswidrigen Verhaltens seitens des Arbeitgebers, das den Arbeitnehmer zur Kündigung berechtigt und veranlasst).

Die Rechtsprechung setzt voraus, dass die Klausel klar und eindeutig berücksichtigt, in wessen Sphäre der Beendigungsgrund liegt (entweder auf Arbeitnehmerseite oder Arbeitgeberseite). Dann wenn der Arbeitnehmer klar erkennen kann, in welchen Fällen er durch Betriebstreue eine Rückzahlungspflicht entgehen kann, genügt eine Klausel regelmäßig den Anforderungen. Dies soll dann der Fall sein, wenn die Rückzahlungsklausel festlegt, dass die Rückzahlungspflicht nur in den Fällen entsteht, in denen der Arbeitnehmer das Arbeitsverhältnis beendet oder er für die Beendigung verantwortlich ist.

Maßgeblich für die Frage, ob eine konkrete Klausel schlussendlich zulässig ist oder nicht, ist immer die konkrete Fallgestaltung und Klausel, d.h. der jeweilige Einzellall.


Quelle: https://www.arbeitnehmer-kuendigung.de/fortbildungskosten-rueckzahlungsklausel-bei-kuendigung.php

cartman5214
2017-11-26, 10:53:11
Ich würde es machen sofern du einen wesentlichen Teil der 5 Jahre überschaubar dort bleiben willst. Die Weiterbildung kann dir niemand mehr nehmen wenn du durch bist, es gibt kräftiges Plus in der Kasse und wenn du doch abspringen solltest kannst du immer noch die Vereinbarung mit einem guten Anwalt angehen. Wenn ich das letzte Urteil richtig erinnere ist eine überlange Bindung komplett ungültig.

Heelix01
2017-11-26, 11:01:48
Die Frage bleibt, unterschreiben in dem Wissen das es eventuell irgendwann Probleme bereitet, oder gleich ansprechen und ggf. Jetzt unstimmigenkeiten erzeugen.

Nicht das der falsche Eindruck entsteht eigentlich ist der AG sehr gut und macht auch Spaß ... aber von heute an 6! Jahre ... man ist mit 32 noch recht jung und wer weiß was passiert....

Zergra
2017-11-26, 11:04:33
Oder du siehst es einfach anders und kannst dir relativ sicher sein, das die dich 6 Jahre nicht rausschmeißen werden. Freu dich doch.

Haarmann
2017-11-26, 11:35:01
Heelix01

Unterschreiben und 5 Jahre Kündigungsschutz geniessen. Ausser Du erwartest nicht, dass Du die Weiterbildung bestehst.

Mortalvision
2017-11-26, 11:36:09
Oder du siehst es einfach anders und kannst dir relativ sicher sein, das die dich 6 Jahre nicht rausschmeißen werden. Freu dich doch.

+1 !!!

Philipus II
2017-11-26, 18:08:30
Tendenziell ist nachher über den Anwalt Druck machen wahrscheinlich die bessere Lösung, falls du tatsächlich raus willst. Wenn du jetzt die Unterschrift verweigerst wirst du die Fortbildung wahrscheinlich nicht bekommen.

Dunkeltier
2017-11-26, 21:10:21
ich würd's machen und unterschreiben, ich sehe das wie 5 weitere sichere Jahre. Außerdem hat man dann gegenüber anderen AG in 'nem halben Jahrzehnt noch irgendwas vorzuweisen. Schaut mal, ich habe den Lehrgang XY gemacht und bin besonders qualifiziert.

Morale
2017-11-26, 21:21:35
Nach 1-2 Jahr(en) (nach Lehrgangsende) haste das doch eh schon finanziell wieder drin durch 20% im ersten und nochmal 30% im zweiten.

Bei heute 3000 netto wären die 20% jetzt und 30% nach Lehrgangsende dann in Summe Ende 2019 27.360.
Bei heute 2500 netto wäre das Ende 2020 39600.

Wenn dich der Lehrgang interessiert und weiter bringt, dann mach es.

Kallenpeter
2017-11-26, 21:45:54
Die Frage bleibt, unterschreiben in dem Wissen das es eventuell irgendwann Probleme bereitet, oder gleich ansprechen und ggf. Jetzt unstimmigenkeiten erzeugen.

Nicht das der falsche Eindruck entsteht eigentlich ist der AG sehr gut und macht auch Spaß ... aber von heute an 6! Jahre ... man ist mit 32 noch recht jung und wer weiß was passiert....
Ich würde es machen, wenn du anfängst das jetzt zu diskutieren machst du dich nur unbeliebt. Behalte im Hinterkopf das es nicht zulässig ist und wenn du nach vier Jahren kündigen willst und die darauf bestehen, kannst du immer noch dein Recht einfordern. Notfalls geht es vors Arbeitsgericht. Das wäre aber auch keine Katastrophe. Das Arbeitsgericht ist an sich harmlos, da muss man keine Angst vor haben. Arbeitsgerichte sind in gewisser Hinsicht sehr Arbeitnehmerfreundlich und Unternehmen wissen das.

Meine Erfahrung ist das sowas vom Arbeitgeber dann doch nicht durchgesetzt wird. Im Prinzip hofft man wohl das Arbeitnehmer sich nicht selbst schlau machen und das einfach akzeptieren.