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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Gebühren für einen Einspruch/Widerspruch gegen einen behördlichen Bescheid


PHuV
2018-03-29, 16:40:59
Ich höre gerade von einem Kollegen folgenden Fall:

Eine Behörde erstellt einen Bescheid (Landesvermessung) mit einer Feststellung. Man erhebt Widerspruch gegen diesen Bescheid, und muß schon für den Widerspruch gegen diesen unfreiwilligen Bescheid Gebühren bezahlen. :confused::eek:

Tatsächlich steht das sogar so im Gesetz drin:
Gebührengesetz für das Land Brandenburg (GebGBbg) (https://bravors.brandenburg.de/de/gesetze-212925#18)
§ 18
Gebühren des Widerspruchsverfahrens

(1) Für die vollständige Zurückweisung eines Widerspruchs gegen eine gebührenpflichtige Sachentscheidung wird eine Verwaltungsgebühr in Höhe der Sachentscheidungsgebühr erhoben; dies gilt nicht, wenn der Widerspruch nur deshalb keinen Erfolg hat, weil die Verletzung einer Verfahrens- oder Formvorschrift nach § 45 Abs. 1 des Verwaltungsverfahrensgesetzes für das Land Brandenburg in der Fassung der Bekanntmachung vom 9. März 2004 (GVBl. I S. 78), das durch Artikel 1 des Gesetzes vom 11. März 2008 (GVBl. I S. 42) geändert worden ist, unbeachtlich ist. Wird der Widerspruch nur teilweise zurückgewiesen oder richtet sich der Widerspruch nur gegen einen Teil der Sachentscheidung, so ermäßigt sich die Verwaltungsgebühr entsprechend. § 17 gilt auch für das Widerspruchsverfahren.

(2) Wird der Widerspruch von einem anderen als dem Adressaten der Sachentscheidung eingelegt (Drittwiderspruch), ist der Widerspruchsbescheid auch dann gebührenpflichtig, wenn die Sachentscheidung gebührenfrei war. Die Gebühr für den Drittwiderspruchsbescheid ist in der nach § 3 Absatz 1 zu erlassenden Gebührenordnung festzulegen. Absatz 1 Satz 1 2. Halbsatz, Satz 2 und 3 findet Anwendung.

(3) Richtet sich der Widerspruch nur gegen die Festsetzung der Gebühren oder Auslagen, wird eine Verwaltungsgebühr in Höhe von 10 Prozent des erfolglos angegriffenen Betrages, mindestens jedoch 10 Euro erhoben.

(4) Wird der Widerspruchsbescheid der nächsthöheren Behörde von einem Verwaltungsgericht ganz oder teilweise aufgehoben, so sind die für den Widerspruchsbescheid bereits gezahlten Gebühren und Auslagen der Behörde, die die Kosten des Verfahrens einschließlich des Vorverfahrens zu tragen hat, auf Antrag zu erstatten.

Gefunden habe ich das auch noch im Saarland, § 9a SaarlGebG
Gesetz über die Erhebung von Verwaltungs- und Benutzungsgebühren im Saarland (SaarlGebG) (http://www.lexsoft.de/cgi-bin/lexsoft/justizportal_nrw.cgi?xid=148029,11)

Echt jetzt? :eek: Davon habe ich noch gar nichts gehört? Betrifft das auch Steuerbescheide? Wer kennt das noch aus anderen Bundesländern?

Ich sehe das als modernes Raubrittertum.

GSXR-1000
2018-03-29, 17:12:24
Ich höre gerade von einem Kollegen folgenden Fall:

Eine Behörde erstellt einen Bescheid (Landesvermessung) mit einer Feststellung. Man erhebt Widerspruch gegen diesen Bescheid, und muß schon für den Widerspruch gegen diesen unfreiwilligen Bescheid Gebühren bezahlen. :confused::eek:

Tatsächlich steht das sogar so im Gesetz drin:
Gebührengesetz für das Land Brandenburg (GebGBbg) (https://bravors.brandenburg.de/de/gesetze-212925#18)


Gefunden habe ich das auch noch im Saarland, § 9a SaarlGebG
Gesetz über die Erhebung von Verwaltungs- und Benutzungsgebühren im Saarland (SaarlGebG) (http://www.lexsoft.de/cgi-bin/lexsoft/justizportal_nrw.cgi?xid=148029,11)

Echt jetzt? :eek: Davon habe ich noch gar nichts gehört? Betrifft das auch Steuerbescheide? Wer kennt das noch aus anderen Bundesländern?

Ich sehe das als modernes Raubrittertum.

Ja das ist so.
Selbst bei erfolgreichem widerspruch muss diese gebuehr von dir entrichtet werden.
Hab ich selbst erlebt.
Bussgeldbescheid 80 euro nach unfall mit fussgaenger aufgrund angeblicher verletzung sorgfaltspflicht beim abbiegen. Widerlegt durch aussagen von zeugen inkl. Polizei.
Bussgeld zurueckgenommen, gebuehr fuer widerspruch 40 euro, da (begruendung:) durch mich verursachter, beantragter verwaltungsakt, der von mir zu tragen ist.
Da kommste nicht dran vorbei.
Bei steuerbescheiden gilt das nicht. Da ist die pruefung des widerspruchs orginaerer bestandteil des verfahrens, weshalb hier ein widerspruch kein eigenstaendiger zusaetzlicher verwaltungsakt ist.

PHuV
2018-03-29, 17:13:44
Seit wann ist das so? :confused: Und machen das alle Bundesländer so?

Und selbst bei einem Bußgeldbescheid? :eek::eek::eek:

GSXR-1000
2018-03-29, 17:15:18
Seit wann ist das so? :confused: Und machen das alle Bundesländer so?

Und selbst bei einem Bußgeldbescheid? :eek::eek::eek:

Wenn der widerspruch einen zusaetzlichen eigenstaendigen verwaltungsakt ausloest, dann auch bei einem bussgeldbescheid

PHuV
2018-03-29, 19:49:19
Du kennst Dich darin ja besser aus, seit wann ist das so? Entweder hab ich zuwenig Widersprüche gemacht oder ist schon so lange her. Ich habe in den 80er und 90ern viele Widersprüche bei Behörden gemacht (BW und Bayern) und habe meines Wissens nach nirgendwo eine Gebühr bezahlt.

derpinguin
2018-03-29, 19:51:37
Mich wundert, dass die Kosten des Widerspruchsverfahrens nicht zu Lasten des Verlierers (also hier Staat) gehen.

GSXR-1000
2018-03-29, 20:30:29
Mich wundert, dass die Kosten des Widerspruchsverfahrens nicht zu Lasten des Verlierers (also hier Staat) gehen.
Weil es bei einem verwaltungsakt keinen "verlierer" gibt.
Das widerspruch als verwaltungsakt ist kein gerichtsverfahren sondern ein begehren eines buergers um ueberpruefung. Die kosten fuer diesen akt traegt immer der verursacher, sprich der der es beantragt.
Der ausgang ist irrelevant.
Anderes beispiel: die ausstellung von ausweispapieren, meldung etc, sind verwaltungsakte die du zu zahlen hast. Auch wenn exakt dieser staat an den du diesen verwaltungsakt bezahlst, dich per gesetz dazu zwingt diesen zu verursachen.

Soviel ich weiss, ist diese praxis aber schon laenger ueblich.
Im zivilverfahren (prozessual) bezahlst du auch fuer die ueberpruefung des urteils (widerspruch) durch die naechsthoehere instanz die gebuehren fuer diesen verwaltungsakt als verursacher. Und diese kosten traegst du. Vollkommen unabhaengig davon ob der widerspruch angenommen wird und wie unter umstaenden das folgende revisionsverfahren ausgeht. Die kosten traegt nicht der "verlierer", sondern der verursacher.

derpinguin
2018-03-29, 22:53:20
Dann wundert es mich gleich doppelt, dass ich beim letzten Blitzerfoto, das ich beanstandet habe, die Forderung zurückgezogen wurde und ich auch keine Gebühr für den Einspruch zahlen musste.

#44
2018-03-29, 22:58:17
Die kosten fuer diesen akt traegt immer der verursacher, sprich der der es beantragt.
Also aus meiner Sicht ist Verursacher des Widerspruches derjenige, der den falschen Bescheid ausstellt...

Absurd.

Kundschafter
2018-03-30, 07:19:28
Dann wundert es mich gleich doppelt, dass ich beim letzten Blitzerfoto, das ich beanstandet habe, die Forderung zurückgezogen wurde und ich auch keine Gebühr für den Einspruch zahlen musste.

Weil es so auch genau richtig ist. Wer (zu recht) Einspruch einlegt, bleibt auf keinen Kosten hängen.

Mortalvision
2018-03-30, 08:04:03
Das sind aber unterschiedliche Gesetze, und Bundes- vs. Landesrecht. Also Vorsicht vor zu schnellen Schlussforderungen.

Stormtrooper
2018-03-30, 08:19:13
Wieso soll er was zahlen?
Zitat.
"§ 18
Gebühren des Widerspruchsverfahrens

(1) Für die vollständige Zurückweisung eines Widerspruchs gegen eine gebührenpflichtige Sachentscheidung wird eine Verwaltungsgebühr in Höhe der Sachentscheidungsgebühr erhoben;"

Auf deutsch, legst du Widerspruch ein und der Widerspruch hat gar KEINEN Erfolg zahlst du die Gebühr komplett, wird dem Widerspruch teilweise statt gegeben zahlst du die Gebühr auch nur anteilsmäßig.
Wird dem Widerspruch vollständig stattgegeben zahlst du gar keine Gebühr.

GSXR-1000
2018-03-30, 09:06:56
Das sind aber unterschiedliche Gesetze, und Bundes- vs. Landesrecht. Also Vorsicht vor zu schnellen Schlussforderungen.
THIS!
Genau das ist der Punkt.
Aber nochmal: grundsätzlich ist diese Verfahrensweise nicht unüblich. Auch im zivilen Gerichtsverfahren (Widerspruch) gilt das so. Wird nur meist übersehen, da die folgenden Verfahrenskosten tatsächlich nach erfolg aufgeteilt werden. Die Gebühr für den Verwaltungsakt bleibt aber beim Verursacher. Nur ist die im Verhältnis zu den Verfahrenskosten sehr gering.