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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Wie mit langer Kündigungsfrist umgehen?


bitfckr
2018-07-29, 12:10:00
Normalerweise sind lange Kündigungsfristen ja gut, aber in der IT-Branche eher schlecht...

Mir ist eine Stelle angeboten worden, die nicht nicht mal besser bezahlt, aber doch sehr interessant wäre; zudem bin ich mittlerweile Ende Vierzig und das wäre somit vmtl. "last Chance" zu einem Wechsel in der Branche.

Nur: Das Ganze hat nur Sinn, wenn ich bei meiner jetzigen Stelle noch in diesem Jahr raus wäre, sonst ist "dort" der Zug abgefahren. Problem: Kündigungsfrist ist ein halbes Jahr aufs Quartal, also Stand heute: 04/2019 ...

Was tun?

Mit dem jetzigen Arbeitgeber offen reden, so a la "Habe ein Angebot, würde gern bleiben, aber kann ich nicht doch früher gehen?" :redface:

Weil ansonsten bliebe ja nur, eine fristlose Kündigung provozieren, und das habe ich nicht vor.

Civtam
2018-07-29, 13:00:00
Normalerweise sind lange Kündigungsfristen ja gut, aber in der IT-Branche eher schlecht...

Mir ist eine Stelle angeboten worden, die nicht nicht mal besser bezahlt, aber doch sehr interessant wäre; zudem bin ich mittlerweile Ende Vierzig und das wäre somit vmtl. "last Chance" zu einem Wechsel in der Branche.

Nur: Das Ganze hat nur Sinn, wenn ich bei meiner jetzigen Stelle noch in diesem Jahr raus wäre, sonst ist "dort" der Zug abgefahren. Problem: Kündigungsfrist ist ein halbes Jahr aufs Quartal, also Stand heute: 04/2019 ...

Was tun?

Mit dem jetzigen Arbeitgeber offen reden, so a la "Habe ein Angebot, würde gern bleiben, aber kann ich nicht doch früher gehen?" :redface:

Weil ansonsten bliebe ja nur, eine fristlose Kündigung provozieren, und das habe ich nicht vor.
Auflösungsvertrag? Bei uns im Unternehmen (allerdings nicht IT-Branche) ist das kein großes Problem. Einfach mit dem Vorgesetztem sprechen, ihm die Situation schildern und einen gemeinsamen Auflösungsvertrag entwerfen. Damit müsste sich dein Problem lösen lassen.

bitfckr
2018-07-29, 13:11:19
Auflösungsvertrag? Bei uns im Unternehmen (allerdings nicht IT-Branche) ist das kein großes Problem. Einfach mit dem Vorgesetztem sprechen, ihm die Situation schildern und einen gemeinsamen Auflösungsvertrag entwerfen. Damit müsste sich dein Problem lösen lassen.
Die Zwickmühle (habe ich vergessen zu sagen) ist nur, dass die mich sehr wahrscheinlich nicht vor 04/2019 gehen lassen werden wollen, weil ca. März 2019 ein (ziemlich enger) Meilenstein in einem laufenden Projekt erreicht werden muss.

D.h. wenn die auf Erfüllung des Arbeitsvertrags bestehen, bin ich beim jetzigen AG "verbrannt" und beim neuen sind in der Zwischenzeit Pflöcke eingerammt worden.

xiao didi *
2018-07-29, 13:24:20
Kündigungsfrist ist ein halbes Jahr aufs Quartal, also Stand heute: 04/2019 ...
Mir ist bewusst, dass die gesetzlich geregelten 4 Wochen Kündigungsfrist verlängert werden können, aber sind 6 Monate für Arbeitnehmer normal?
Das wirkt auf mich erstmal ziemlich verrückt, aber mir fehlt da auch der Kompass.

[dzp]Viper
2018-07-29, 13:48:25
Kündigungsfristen können per Arbeitsvertrag stark verlängert werden. Das ist rechtlich alles in Ordnung.

Aber 6 Monate nach abschluss eines Quartals ist schon... heftig. Im schlimmsten Fall sind das dann 9 Monate bis man die Firma verlassen kann. Aber wenn es im Arbeitsvertrag damals so geregelt wurde... Pech.

Du hast sozusagen als einzige Möglichkeit den Aufhebungsvertrag. Rede mit dem Arbeitgeber.
Wenn er nein sagt, hast du die Variante mit der fristlosen Kündigung. Bei einer fristlosen Kündigung während der Kündigungsfrist, hast du aber das Problem, dass der Arbeitgeber dich auf Schadensersatz verklagen kann (nicht muss).

Was kann der Arbeitgeber einklagen:

- Gewinneinbußen falls z.B. ein Projekt nachweisbar durch deine fristlose Kündigung nicht mehr umsetzbar ist
- Gewinneinbußen falls Kunden des Unternehmens, wegen deiner fristlosen Kündigung, nachweisbar ihre Aufträge diesem Unternehmen nicht mehr übergeben

Das ganze ist aber wirklich sehr schwer für den ehemaligen Arbeitgeber nachweisbar. Sie müssen wirklich zu 100% nachweisen, dass deine Kündigung Schuld an allen Gewinneinbußen war. In der Realität in 99% der Fälle nicht möglich.

Zusätzlich kommt dazu, dass vor Gericht dann das vom ehemaligen Arbeitgeber eingesparte Gehalt (wegen deiner Kündigung) dem potentiellen Schaden gegengerechnet wird... bei kleineren Projekten könnte das also unter dem Strich wiederrum ein +/- Null Spiel werden.

Also entweder Aufhebungsvertrag oder fristlose Kündigung. Mehr Möglichkeiten hast du leider in dieser Situation nicht.

So lange du nicht der Chef eines Projektes bist und das Projekt den Bach runter geht wenn du weg gehst, brauchst du dir eigentlich bei einer fristlosen Kündigung keine Sorgen machen.

bitfckr
2018-07-29, 15:05:17
Mir ist bewusst, dass die gesetzlich geregelten 4 Wochen Kündigungsfrist verlängert werden können, aber sind 6 Monate für Arbeitnehmer normal?

Naja, ist halt ein aussertariflicher Vertrag. Vor über 10 Jahren abgeschlossen, als sich das noch gut angehört hat... :cool:

Viper;11756133'][ ... ]
Also entweder Aufhebungsvertrag oder fristlose Kündigung. Mehr Möglichkeiten hast du leider in dieser Situation nicht.

Zum fristlosen Kündigen meinerseits bräuchte ich aber doch - wie der AG ja auch - einen Grund (Mobbing, Gefährdung, kein Gehalt, etc.). Den gibt es nicht.

Und krankfeiern bzw. einfach wegbleiben bis zur arbeitgeberseitigen Kündigung wäre ziemlich durchschaubar, wenn ich ja kurz vorher gesagt habe, dass ich weg will. Und den Fall kann ich dann auch niemand später mehr erklären, denn wer stellt noch einen Mitarbeiter ein, der sich schon mal vertragswidrig aus dem Staub gemacht hat.

Viper;11756133']So lange du nicht der Chef eines Projektes bist und das Projekt den Bach runter geht wenn du weg gehst, brauchst du dir eigentlich bei einer fristlosen Kündigung keine Sorgen machen.

Den Bach runter wird's nicht gehen. Aber die Vertragsstrafe bei Terminüberschreitung will ich auch nicht gerade zahlen wollen. :(

Also Catch-22. Entweder Visier hochklappen und kündigen (egal was kommt) oder Klappe halten und bis zur Rente (oder Pleite) beim jetzigen AG bleiben.

GSXR-1000
2018-07-29, 20:32:43
Naja, ist halt ein aussertariflicher Vertrag. Vor über 10 Jahren abgeschlossen, als sich das noch gut angehört hat... :cool:



Zum fristlosen Kündigen meinerseits bräuchte ich aber doch - wie der AG ja auch - einen Grund (Mobbing, Gefährdung, kein Gehalt, etc.). Den gibt es nicht.

Und krankfeiern bzw. einfach wegbleiben bis zur arbeitgeberseitigen Kündigung wäre ziemlich durchschaubar, wenn ich ja kurz vorher gesagt habe, dass ich weg will. Und den Fall kann ich dann auch niemand später mehr erklären, denn wer stellt noch einen Mitarbeiter ein, der sich schon mal vertragswidrig aus dem Staub gemacht hat.



Den Bach runter wird's nicht gehen. Aber die Vertragsstrafe bei Terminüberschreitung will ich auch nicht gerade zahlen wollen. :(

Also Catch-22. Entweder Visier hochklappen und kündigen (egal was kommt) oder Klappe halten und bis zur Rente (oder Pleite) beim jetzigen AG bleiben.


Ich würde das mal mit einem Arbeitsrechtler durchsprechen. Wenn vorhanden, kann auch Gewerkschaft oder Betriebsrat eine Hilfe sein. Die können i.d.R. gut einschätzen, ob der Klageweg für deinen jetzigen AG irgeneine Aussicht auf Erfolg hätte.

Pinoccio
2018-07-29, 21:52:56
Rechtsmeinung:
Bei einer vom Arbeitgeber vorformulierten Kündigungsfrist, die [...] wesentlich länger ist als die gesetzliche Regelfrist des § 622 Abs. 1 BGB, ist nach Abwägung aller Umstände des Einzelfalls unter Beachtung von Art. 12 Abs. 1 GG zu prüfen, ob die verlängerte Frist eine unangemessene Beschränkung der beruflichen Bewegungsfreiheit darstellt.

Vielmehr zeigt § 622 Abs. 5 Satz 3, Abs. 6 BGB, dass der Gesetzgeber den Arbeitsvertragsparteien die Möglichkeit lassen wollte, für beide Vertragsparteien geltende längere Kündigungsfristen zu vereinbaren. § 15 Abs. 4 TzBfG macht deutlich, dass sogar eine Bindung von bis zu fünf Jahren ohne ordentliche Kündigungsmöglichkeit zuzüglich einer Kündigungsfrist von sechs Monaten zulässig ist (vgl. BAG 25. September 2008 - 8 AZR 717/07 - Rn. 34).
BUNDESARBEITSGERICHT Urteil vom 26.10.2017, 6 AZR 158/16 (http://juris.bundesarbeitsgericht.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bag&Art=pm&Datum=2017&nr=19551&pos=0&anz=48&titel=Unangemessene_Benachteiligung_des_Arbeitnehmers_aufgrund_einer_Verl%E4nger ung_seiner_K%FCndigungsfrist_in_Allgemeinen_Gesch%E4ftsbedingungen)
(Hervorhebung von mir)
Einer Klage würde ich da wenig Chancen geben. Bleibt also nur das Gespräch oder schmutzige Tricks (Elternzeit (wenn's geht), Kündigung provozieren usw.).

mfg

[dzp]Viper
2018-07-29, 21:59:20
Als aller erstes würde ich das Gespräch mit dem Chef suchen.. egal wie aussichtlos man denkt, dass das wäre... manchmal wird man doch überrascht :)

Mortalvision
2018-07-29, 21:59:32
Na, dann den umgekehrten Weg wählen. Sag deinem AG, was du willst, und ob eine berufliche Veränderung innerhalb der Firma, zumindest teilweise möglich wäre. Da will dich bestimmt keiner leiden und krankfeiern sehen!

Rush
2018-07-29, 22:02:58
Und krankfeiern bzw. einfach wegbleiben bis zur arbeitgeberseitigen Kündigung wäre ziemlich durchschaubar, wenn ich ja kurz vorher gesagt habe, dass ich weg will. Und den Fall kann ich dann auch niemand später mehr erklären, denn wer stellt noch einen Mitarbeiter ein, der sich schon mal vertragswidrig aus dem Staub gemacht hat.


Mit dem Arbeitgeber sprechen. Wenn er verneint, drei Wochen krank machen und nochmal das Gespräch suchen. Du wirst dich wundern wie schnell du den Vertrag auf dem Tisch haben wirst...

Nicht die feine englische Art, aber wen interessiert das in der heutigen Zeit?

Wem solltest du einen derartigen Fall erzählen? Niemanden, richtig.

Timbaloo
2018-07-29, 22:23:03
Ich würde das Problem nicht beim bisherigen AG sehen, sondern beim zukünftigen. Dieses "entweder bis da, oder nie" ist entweder das übliche "wir wollen dich halt so schnell wie möglich" oder ein Zeichen, dass dort nicht langfristig gedacht/geplant wird. Wenn es dein "letzter Job" sein sollte... Naja, kannst du wahrscheinlich am besten einordnen.

Morale
2018-07-29, 22:36:44
Mir ist bewusst, dass die gesetzlich geregelten 4 Wochen Kündigungsfrist verlängert werden können, aber sind 6 Monate für Arbeitnehmer normal?
Das wirkt auf mich erstmal ziemlich verrückt, aber mir fehlt da auch der Kompass.
Im öD zum Beispiel ganz normal:

http://oeffentlicher-dienst.info/tvoed/vka/kuendigungsfristen.html

Ansonsten @Topic:
Reden!

Entweder Veränderung vor Ort oder Aufhebungsvertrag.
Es will idR kein AG einen AN halten, der eh weg will.

Problem ist natürlich trotzdem das ganze einem potenziellen neuen AG zu erklären.

[dzp]Viper
2018-07-29, 23:26:42
Ich würde das Problem nicht beim bisherigen AG sehen, sondern beim zukünftigen. Dieses "entweder bis da, oder nie" ist entweder das übliche "wir wollen dich halt so schnell wie möglich" oder ein Zeichen, dass dort nicht langfristig gedacht/geplant wird. Wenn es dein "letzter Job" sein sollte... Naja, kannst du wahrscheinlich am besten einordnen.
Naja hier geht es um 9 Monate.. das ist schon sehr, sehr lang.

Arbeitgeber wollen ja Stellen nicht erst in 9-12 Monaten besetzen sondern deutlich eher... das ist dann schon verständlich.
Mal 2-3 Monate zu warten.. okay. Aber 9?

Heelix01
2018-07-30, 00:25:39
9 Monate auf einen neuen Kollegen warten ?! Man beschafft Personal ja aus einer Notwendigkeit heraus. 9 Monate ist für einen neuen AG schon eine Zumutung.

Aber hilft ja nichts, wie einige schon sagten rede mit deinem Chef! Wenn jemand gehen will wird dieser auch gehen gelassen,bring ja nix der MA ist in aller Regel auch nicht mehr zu motivieren.

Mortalvision
2018-07-30, 05:59:49
Oder der neue AG bezahlt die Ablöse...

00-Schneider
2018-07-30, 10:44:21
Mich würde interessieren, ob eine solche Klausel überhaupt rechtens ist.

In der Wirtschaftsprüfung gibt es auch Klauseln, dass man nicht zum Jahresende/Jahresanfang(wenn die Jahresabschlüsse geprüft werden) kündigen darf. Diese stehen auch in jedem Vertrag, sind aber meines Wissens nicht rechtens.

PatkIllA
2018-07-30, 10:56:32
Mich würde interessieren, ob eine solche Klausel überhaupt rechtens ist.

In der Wirtschaftsprüfung gibt es auch Klauseln, dass man nicht zum Jahresende/Jahresanfang(wenn die Jahresabschlüsse geprüft werden) kündigen darf. Diese stehen auch in jedem Vertrag, sind aber meines Wissens nicht rechtens.
Solange es für beide Seiten gilt schon. Bzw. die von Arbeitgeber darf länger sein, aber nicht kürzer.
Ich habe sowas nämlich auch. Da gab es wohl einen Fall von jemanden mit 18 Monaten und selbst das war rechtens.

Cerise
2018-07-30, 17:53:08
Solange es für beide Seiten gilt schon. Bzw. die von Arbeitgeber darf länger sein, aber nicht kürzer.
Ich habe sowas nämlich auch. Da gab es wohl einen Fall von jemanden mit 18 Monaten und selbst das war rechtens.

Letztens gab es erst ein Urteil, dass maximal ein Jahr zulässig ist.

Gast
2018-08-01, 17:19:02
Hatte das Thema auch gerade. Längere Fristen auch für den AN sind zulässig, solange im Arbeitsvertrag festgehalten als auch beiderseits vorhanden. Sprich, einseitige Benachteiligung wäre ein Anfechtungsgrund.

Ich habe mit meinem alten AG gesprochen und wir haben einen Mittelweg gefunden. Konnte nicht sofort wechseln, aber doch früh genug, dass mein neuer AG damit leben konnte.

Gerade wenn ein zeitkritisches Projekt bis Ende deiner Vertragslaufzeit ansteht wird sich dein aktueller AG dafür sicher nicht einen völlig unmotivierten Mitarbeiter ans Bein binden wollen. Es muss ja nichtmal krankfeiern sein. Resturlaub zum DZE sowie im Zweifel keine/kaum Überstunden können für einen Termin schon kritisch genug sein.