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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Flüssig geschriebener Eindruck von der Nikon D7500


aths
2018-12-27, 00:21:43
Wie bekloppt kann man sein? Nicht nur dass ich noch 2018 eine Spiegelflex kaufe, nein, jetzt sogar noch ein zweite. Wenigstens mit großem Sensor? Nö, wieder nur DX-Format. Dann wenigstens ein bewährtes Modell das derzeit günstig zu haben ist? Oder alternativ das verfügbare Topmodell? Nö, stattdessen die D7500.

Lohnt sich das?

Vor dem Kauf hatte ich das Gerät in einem Laden kostenpflichtig ausgeliehen, insgesamt machte das Gerät so viel Bock, dass ich es mir Anfang Dezember gönnte. Wie immer mit zusätzlichem Original-Hersteller-Akku, einer fremdhergestellten Display-Schutzfolie, und dieses mal noch mit einem nachgekauften extra hochwertigem Trageband, das aber wiederum original von Nikon.

Die Bedienungsmöglichkeiten des Fotoapparats sind umfangreicher, leider auch komplexer als bei der D5600 die ich schon habe. Insgesamt ein Upgrade, aber weniger eindeutig als man denkt. Und die D7500 bremst den Spaß zusätzlich ein, weil die Ausstattung nicht so üppig ist wie von der 7000-er Reihe bisher bekannt. Warum dann überhaupt ein weiteres Modell neben der schon guten D5600?

Für Eventfotografie. Da muss der Autofokus auch bei Schummerlicht sitzen.

Echte Vorteile

Eine solide Crop-Sensor-Kamera die sich gut anfasst, mit toller Sensor-Leistung und schönem Autofokus, guter Serienbildgeschwindigkeit sowie großem Bildpuffer, schneller Arbeitsgeschwindigkeit und sehr kurzer Auslöseverzögerung die selbst ein Gamer wie ich nur noch mit Mühe wahrnimmt, das alles mit breiter Kompatibilität für Autofokus-Objektive.

Beim Stativeinsatz macht sich der kippbare Bildschirm besser als das voll ausklappbare Display der D5600, zudem auch der Anschluss für den Kabelauslöser bei der D7500 besser platziert wurde. Günstig ist auch das 4:3-Bildschirmformat des Monitors: In der Fotoansicht können Infos gezeigt werden ohne was vom 3:2-Format-Bild zu verdecken.

Dank kurzer Belichtungszeit von bis zu 1/8000 Sekunde, sowie einem großen Iso-Bereich ist man für praktisch alle Situationen gerüstet egal ob die pralle Sonne nervt oder ob man in Dunkelheit schon fast nichts mehr sieht. Abgerundet wird das mit Staub- und Spritzwasserschutz, wobei ich leider kein passend geschütztes Objektiv habe. Der Autofokus braucht natürlich etwas Licht, arbeitet aber auch auch bei schwacher Helligkeit noch schnell und mit vertretbarer Fehlerquote.

Gefühlte Vorteile

Die D7500 hat mit ihrer Größe und dem Schulterdisplay (beleuchtbar) mehr Wirkung als eine kompakte Kamera. Da kann man souverän auftreten. Auch gegenüber der 5600, wo im Auslösegeräusch ein Schleifen ist. Dort macht es "Tschack", die 7500 macht "Donk" (Springblende) oder "Tck".

Serienbildgeschwindigkeit. Die 5600 reicht völlig aus, die 7500 macht mehr Eindruck.

Raw verlustfrei komprimiert. Der Qualitätsvorteil gegenüber Standard-Komprimierung ist für das endgültige Bild belanglos, es fühlt sich trotzdem besser an, keine Daten zu verlieren.

Portraits mache ich meistens mit der Fuji X100F, wollte aber auch mal ein Nikon-Objektiv (DX 40 mm) einsetzen. Ein Test-Shooting mit der D5600 zeigte gute Ergebnisse. Erst mit der D7500 fühle ich mich gut genug ausgerüstet, ein längeres Projekt in Angriff zu nehmen.

Es gibt auch Nachteile in ihrer Klasse

Leider kann das Gerät bei AI-Objektiven keine Belichtung messen. Das nervt mich, obwohl ich nur ein einziges solches Objektiv habe. Wenigstens kann man im Live-View eine Belichtungsvorschau bekommen. Weil wir gerade von Live-View sprechen, die Anzeige-Verzögerung dort ist mir zu lang. Für mich jedoch wenig relevant da ich fast nur den Suchermodus nutze. Würde ich für den Stativeinsatz einen Infrarot-Auslöser kaufen, funktioniert der leider nur von vorne da es auf der Kamerarückseite keinen Empfänger gibt.

In einigen Bereichen liegt die Kamera sogar hinter der 5600, dort ist der Bildschirm auch nach vorne sowie nach innen klappbar. Und das Quick-Menü über den Touchscreen wurde besser umgesetzt. Man kann die 5000-er auch weitgehend mit der rechten Hand bedienen, für die 7000-er braucht es oft beide Hände.

Arbeiten mit der D7500

Das Gerät ist fast doppelt so teuer wie die D5600 und kann sich dabei nicht immer deutlich absetzen. Das Sucherbild der 7500 ist nur etwas besser – aber es ist der Unterschied zwischen "geht so" und "ordentlich".

Die D7500-Bildqualität ist geringfügig besser – aber um genau das Stück das mir bei der 5600 zur Begeisterung fehlte. Letztere macht gute Fotos auf der Höhe der Zeit für einen Crop-Sensor. Bei der 7500 kommt neben der etwas besseren Qualität durch größere Sensorpixel noch hinzu dass bei auch schwierigem Licht der Fokus meistens noch exakt trifft. Mit Vorbereitung und aufmerksamer Handhabung lassen sich vergleichbare Bilder auch mit der 5600 machen, es ist jedoch angenehmer sich bei wenig Licht auf den Apparat zu verlassen. Zur Kontrolle hat man mit der 7500 die Möglichkeit, per Knopfdruck sofort ins Bild reinzuzoomen.

Von der anderen Nikon bin ich bereits einen guten Auto-Weißabgleich gewohnt, die D7500 ist nochmals zuverlässiger, gerade bei Kunstlicht. Vielleicht erklärt das auch die besseren Hauttöne.

Bildqualität

Nur gut 20 statt der üblichen 24 Megapixel – anfangs fürchtete ich, in Bezug auf Auflösung eben doch etwas Spielraum zu verschenken. Trotzdem habe ich weniger Mühe, hochauflösende Bilder zu bekommen als mit meinen anderen Geräten.

Subjektiv habe ich den Eindruck, dass andere APS-C-Kameras schon am Limit operieren, während die 7500 noch ruhig durchatmet. Iso bei 3200 problemlos, bis 10000 akzeptiere ich ohne Murren. Ist wenig Licht da, gehe ich bis 20000. Das ist schon verrauscht, aber besser ein durch lange Belichtung verwackeltes Bild. Muss es wirklich sein, nehme ich 40000, was aber schon sehr deutlich kompromissbehaftet ist. Absurd-Werte wie 100000 ("High 1") sind Spielerei und natürlich nicht mehr brauchbar. Für einen 1,5x-Crop-Sensor aber eine tolle Leistung.

Es ist nicht nur die Iso-Performance, wo Detailzeichnung und Farbtreue weiter reichen als man denkt. Der Auto-Weißabgleich bleibt bei wenig Licht souverän, der Autofokus vertut sich nur sehr selten. In Vergleich wirkt die D5600, die ich als Arbeitstier kenne, fast schon wie eine Hobby-Kamera.

Die Auswahl

Für ausgedehnte Radtouren greife ich dann doch meistens auf andere, kompaktere Ausrüstung zurück. Insgesamt sehe ich den Besitz von zwei APS-C-Kameras als Geldverschwendung. Oder wir nennen es Hobby und gucken nicht so aufs Geld.

Für Video ist die D7500 die beste Kamera die ich habe: Es gibt auf Wunsch elektronische Stabilisierung, man hat diverse Aufnahmeoptionen. Logischerweise 1080p60, dazu 2160p30, wenn auch letzteres nur mit starkem Crop. Mikro-Eingang und Kopfhörer-Ausgang. Während der Aufnahme kann man die Blende verstellen. So weit, so gut, aber der Autofokus im Live-View taugt nichts, da er ständig pumpt. Für mich persönlich nicht schlimm da ich so gut wie nie Video aufzeichne. Mich interessiert nur Fotografie.

Man hat hier sechs verschiedene Jpeg-Qualitätsstufen und vier verschiedene Raw-Qualitätsstufen zur Verfügung. Für die Jpegs gibt es verwirrend viele Stellschrauben zur Bildausgabe. Es gibt auch Raw-Batchprocessing in der Kamera – das hatte ich mir schon lange gewünscht! Außerdem gibt es den Auto-Jpeg-Modus, der Bilder gegenüber dem Standard-Profil sinnvoll aufpeppt.

Weitgehend ist die 7500 das Gerät, das ich in der DX-Klasse als Traumapparat sehe. Noch nicht zu schwer, und mit aktueller Bildtechnik. Leider bleibt ein Gefühl, dass die Ausstattung nicht ganz mit der Leistung mithält.

Warum nicht die günstigere D7200?

Als die D7500 erschien, hatte ich bereits einen Moment überlegt ob sie die richtige für mich wäre. Der Preis hielt mich zurück, zumal – wenn schon, denn schon – auch das teure Zoom-Objektiv 16-80 mm 2,8-4 mitgekauft werden sollte. Im Internet gab es allerdings viele negative Reaktionen zur D7500. Das Gerät sei im Vergleich zur D500 zu teuer. Wobei hier offizieller 7500-Preis mit dem D500-Straßenpreis verglichen wurde. Im Vergleich zur D7200 fehlen der 7500 einige Features: Abblendtaste, zweiter SD-Slot, mechanischer Blendenfühler. Glaubte man den Internet-Experten, hatte Nikon klar an den Bedürfnissen vorbei entwickelt. Und die Bildschirmauflösung sei geringer aber das stimmt nicht, es wurden lediglich weiße Subpixel eingespart. Die Pixelzahl ist die gleiche. Statt optisch abzublenden kann man die Blende im Live-View verstellen was mit dem Vorgänger nicht geht. Statt mechanischer Blende für alte Objektive gibt es im Live-View nun eine Möglichkeit zur Belichtungsvorschau. Der einzige Punkt der wirktlich bleibt, ist der zweite SD-Slot der D7200. Dafür hat die 7500 andere Vorteile. Tieferer Griff, geringeres Gewicht, höhere Geschwindigkeit und größerer Puffer für Serienbilder, mehr Spielraum beim Iso. Und einen Bildschirm der sich ausklappen lässt. Und doppelt so viele Pixel für die Belichtungsmessung. Und ein neuerer Prozessor. Und einen neuen Autofokus-Modus. Wie von den 7000-ern bekannt gibt es ein eingebautes Blitzlichtgerät, was wiederum der D500 fehlt.

Gesamteindruck

Wenn ich die D7500 in die Hand nehme, fühlt sich das sofort so an wie "das ist meine große Kamera". Auch die Fotos haben eine Qualität, die ich bei meinen anderen Geräten so nicht finde. Gehaltvoll, präzise. Die Jpeg-Engine ist für einen Fujifilm-Verwöhnten ziemlich neutral. Dafür sind Belichtungsmessung und Weißabgleich konstanter als bei der Fuji X100F.

Das Gewicht der 7500 fällt erst gar nicht mal so auf, weil man bei der Größe mit mehr Masse gerechnet hätte. Bei längeren Einsetzen nervt es dann doch. Der nachgekaufte Tragriemen mit extrabreitem Schulterstück hilft etwas. Am Gehäuse finde ich den Fokusmodus-Button blöde platziert, weil ich da manchmal ungewollt rankomme. Das ist bislang meine größte Kritik.

Im Ensemble meiner anderen Fotoapparate ist die D7500 das Arbeitsgerät. (Bei einer Vernissage wurde ich teilweise für die Lokalpresse gehalten.) Zusammen mit dem 16-80 mm f/2,8-f/4 ist das Gerät für meine Begriffe schon recht schwer, aber man kommt meistens ohne Alternativ-Objektive aus. Und macht Bilder auf kommerziellem Niveau, ohne sich nachträglich groß abstrampeln zu müssen. So gesehen ist die Ausrüstung kompakt und leicht für die geile Fotografie-Leistung. Was ich immer schon mal machen wollte, die Kamera bringt es. Wenn ich Reserven brauche, hier sind sie. Endlich nicht mehr um ein Problem herumarbeiten, sondern einfach das gewünschte Foto machen.