PDA

Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Chemiekenntnisse "auffrischen" - wie vorgehen?


Mosher
2019-03-10, 11:48:36
Hallo zusammen :)

Chemie war - obwohl ich generell Natur- und Ingenieurswissenschaften zugeneigt bin(*) - schon immer mein Hassfach in dieser Sparte.
Ich habe eine regelrechte Aversion dagegen, kann aber nicht so recht erklären, warum.

Hängt aber irgendwie damit zusammen, dass die Chemie zumindest für mich einen größeren "Ist halt so, weil ist halt so, friss oder stirb"-Charakter hatte, als zB die Physik bzw. die Elektrotechnik, wo ich mir mit einem Punktladungsmodell und Maxwell so gut wie alles von Adam und Eva ab lückenlos erklären kann.

Bei der Chemie habe ich diesen Status nie erlangen können.
Periodensystem, ok.
Elektronegativität, manches zieht sich stärker an als anderes, ok.
Manche Konstellationen können nicht existieren, da die Kräftebilanz keinen stabilen Zustand erlaubt, ok.

Was ich jetzt gerade aus dem Stegreif gar nicht beantworten könnte:
Warum gibt es eigentlich nur stabile diskrete Zustände und keine Schalen zwischen den Schalen? (Zu viele Wissenslücken im Schalenmodell, Energiezustand etc., welche Kräfte wirken)


Was ich noch irgendwie einsehe, weil ich es mir mit meinem spärlichen Wissen gerade noch erklären kann:

bestimmte Moleküle sind denkbar, andere nicht. Die Bindungskräfte, Winkel etc. wären teilweise zB aufgrund der Freiheitsgrade nicht erreichbar.
Bestimmte "Stoffgruppen (?)" ziehen andere bevorzugt an, stoßen andere ab.
(Gleiches löst gleiches. Dass polare Stoffe sich gerne zu anderen polaren Stoffen hinziehen, leuchtet mir völlig ein. Plus geht zu Minus. Welche Kräfte jetzt dafür sorgen, dass sich unpolare Stoffe gegenseitig "anziehen", leuchtet mir spontan gerade nicht ein. Und vor allem nicht, warum es diese Kräfte nicht auch in polaren Stoffen gibt. Hier habe ich entweder eine Wissens- oder Verständnislücke.
Bestimmte Moleküle ("CH-Gruppen", "Aminogruppen" oder sonstige für versierte Chemiker zum Alltagswortschatz gehörende "Standardgruppierungen" kommen halt öfter vor, oder hängen öfter an anderen, größeren Molekülen. Dies ist eher ein statistisches Phänomen, da die Eigenschaften dieser Gruppen eben eine hohe Wahrscheinlichkeit haben, stabile Bindungen mit anderen "Gruppen" einzugehen. Aufgrund der Häufigkeit des Vorkommens klingt es aus dem Mund eines Chemikers so, als wäre es das selbstverständlichste der Welt, dass eine "XY-Gruppe" "halt da dranhängt" Für mich ist es einfach nicht logisch, dass eine "XY-Gruppe" irgendwelche diese Eigenschaften hat, sondern lediglich eine Feststellung, die vielfach bestätigt wurde.


Was mir generell schon öfter aufgestoßen ist, sind eben diese unbefriedigenden Erklärungen. Ich habe Molekül X, ändere es minimal, und habe etwas, das sich ganz anders verhält. Bisher habe ich noch jeden Chemiker spätestens nach 2 Fragen in massive Erklärungsnot bringen können. Nicht, weil ich so schlau bin, oder so viel von Chemie verstehe, sondern eben, weil ich immer nach lückenloser Kausalität suche und nicht nach empirischen Beobachtungen.

Ich habe auch keine Angst vor komplizierten Erklärungen, aber oft hören die Antworten halt schon bei "Weil das ein Ester von ... ist und Ester sind ..." auf.

Diese Lücke möchte ich gerne schließen.

Wenn ich einem Laien eine komplizierte elektronische Schaltung zeige und er mich fragt, was passieren würde, wenn er einen winzigen Widerstand daraus entfernen würde, könnte ich es ihm von Anfang bis Ende erklären. Ebenso "unsichtbare" Phänomene, wie HF-Aussendungen etc. könnte ich noch ganz gut mit anschaulichen Modellen erklären.


Was ich analog dazu für die Chemie brauche, ist ein ausreichendes Verständnis dafür, welche strukturellen Eigenschaften eines betrachteten Moleküls physikalische Eigenschaften bewirken.

Woran sehe ich / kann abschätzen, wie gut der Stoff löslich in Wasser/Alkohol/xyz ist?
Woran sehe ich bei welchen Temperaturen der Stoff welchen Aggregatszustand hat?
Wie gehe ich Schritt für Schritt vor, wenn ich Molekül X zu Molekül Y umwandeln will? (Ich kenne RedOx-Reaktionen, diese gibt es aber nur im organischen Bereich, richtig?)
Woran erkenne ich Eigenschaften wie Elastizität, Viskosität, "Sprödheit"...?

Gibt es überhaupt ein Vorgehen, um jedes beliebige (beschränken wir uns mal auf "stabile") Molekül auf dem Papier zu analysieren und möglichst viele Eigenschaften davon zu bestimmen, ohne je ein Experiment durchführen zu müssen?

Falls ja, kann man glaube ich meine Frage darauf einkochen, dass ich dieses Vorgehen gerne erlernen würde. Wie gehe ich da am besten vor?

Vielen Dank für jede Hilfe :)

Bitte auch kritisch meine Annahmen und vermeintliche Kenntnisse zerlegen. Wie gesagt, ich stand schon immer mit der Chemie auf Kriegsfuß und habe deshalb bestimmt auch viel verpasst oder falsch abgespeichert.



(*) Ich habe u.a. Elektrotechnik und technische Informatik studiert und aus der Praxis viele Berührpunkte mit dem Maschinenbau. Ich habe mich unter anderem speziell mit der Hochfrequenztechnik und Leistungselektronik befasst. Mit "mechanischen Ingenieursdisziplinen" bin ich auch nie warm geworden, aber da kann ich mir wenigstens (im Gegensatz zur Chemie) alle Zusammenhänge erklären. Mich haben nur Brücken nie so sehr interessiert, wie unsichtbare Teilchen, die über die Luft HD-Pornos übertragen können.

J0ph33
2019-03-10, 11:55:12
Schalenmodell? Das ist doch Physik, Schrödingergleichung und so?

Ansonsten, gebe dir Recht, bin mit Chemie auch nie wirklich warm geworden, obwohl ich eine Weile organische Photovoltaik gemacht habe und später dann dutzende nasschemische Prozesse in der anorganischen Photovoltaik. :D

Monger
2019-03-10, 12:06:18
Gibt es einen speziellen Grund, weshalb du dich jetzt mit Chemie beschäftigst? Beruflich, oder so? Wenn ja, wäre es wahrscheinlich gut in dem Kontext zu lernen.
Bin nur blutiger Laie. Soweit ich weiß, gibt es bis heute kein wirklich vollständiges Modell, schon gar keins was menschenverständlich wäre.
Ich glaube, so diskrete Zustände werden vorwiegend über Interferenzen erklärt. Quantenkrams, halt.

Mortalvision
2019-03-10, 12:08:03
Langkettige Moleküle kuscheln gern nebeneinander. Van der Waals Kraft. Aber deutlich kleiner als elektromagnetische Kräfte.

derpinguin
2019-03-10, 12:12:31
Besorg dir den Mortimer/Müller Chemie. Der sollte alle deine Sorgen lösen und ist gut verständlich

schokofan
2019-03-10, 12:14:14
Ich vermute dass du da keinen Bock drauf hast, aber ich würde da zu so einem berufsbegleitenden Chemie Bachelor schauen. Man muss das ja nicht bis zum Ende durchziehen, aber Dinge nur so ungefähr verstanden zu haben finde ich unbefriedigend. Ich hatte Chemie irgendwann auch abgewählt, hätten die das damals mit Feuerwerk demonstriert wäre das anders gelaufen.

https://video.tu-clausthal.de/film/328.html?jwsource=cl

Mosher
2019-03-10, 12:16:33
Schalenmodell? Das ist doch Physik, Schrödingergleichung und so?

Ansonsten, gebe dir Recht, bin mit Chemie auch nie wirklich warm geworden, obwohl ich eine Weile organische Photovoltaik gemacht habe und später dann dutzende nasschemische Prozesse in der anorganischen Photovoltaik. :D

Physikalische Chemie, chemische Phsyik :D Was auch immer. So richtig unterschieden habe ich das nie, weiß aber auch nicht, in wie weit das wichtig für meine Verständnisprobleme ist.

Gibt es einen speziellen Grund, weshalb du dich jetzt mit Chemie beschäftigst? Beruflich, oder so? Wenn ja, wäre es wahrscheinlich gut in dem Kontext zu lernen.
Bin nur blutiger Laie. Soweit ich weiß, gibt es bis heute kein wirklich vollständiges Modell, schon gar keins was menschenverständlich wäre.
Ich glaube, so diskrete Zustände werden vorwiegend über Interferenzen erklärt. Quantenkrams, halt.

Keinen wirklichen, ich habe nur gelegentlich im Gesamtkontext der Produktentwicklung was mit den Disziplinen von Partnerfirmen zu tun. Theoretisch müsste ich nichts davon verstehen, aber es wurmt mich, zu wenig davon zu verstehen.
Außerdem ist es durchaus wichtig für mich, bei komplexen Kundenprojekten auch eine möglichst breite Fachkompetenz darlegen zu können. In die Tiefe gehen kann dann immer noch wer anders.

Größtenteils ist es aber tatsächlich privates Interesse, weshalb ich diesen Thread erstellt habe.

@Quantenkrams:
Stimmt, im Zusammenhang mit dem Schalenmodell fällt mir noch irgendwas von "Ort mit der höchsten Aufenthaltswahrscheinlichkeit" ein. Sowas kann ich komplett akzeptieren. Ich akzeptiere es ja auch, dass Wasser bei Zimmertemperatur verdunstet.
Langkettige Moleküle kuscheln gern nebeneinander. Van der Waals Kraft. Aber deutlich kleiner als elektromagnetische Kräfte.
Stimmt, sagt mir noch was.
Solche Sachen gehen aber schon in die Richtung, die ich meinte.

Besorg dir den Mortimer/Müller Chemie. Der sollte alle deine Sorgen lösen und ist gut verständlich

Danke, sehe ich mir mal an. Vielen Dank für den konkreten Tipp!
Ich vermute dass du da keinen Bock drauf hast, aber ich würde da zu so einem berufsbegleitenden Chemie Bachelor schauen. Man muss das ja nicht bis zum Ende durchziehen, aber Dinge nur so ungefähr verstanden zu haben finde ich unbefriedigend. Ich hatte Chemie irgendwann auch abgewählt, hätten die das damals mit Feuerwerk demonstriert wäre das anders gelaufen.

https://video.tu-clausthal.de/film/328.html?jwsource=cl
Nö, habe das tatsächlich in Betracht gezogen. Habe schon mehrere berufsbegleitende Studiengänge per Fernuni absolviert. Wäre durchaus vorstellbar, da noch was mit Chemie dranzuhängen

Monger
2019-03-10, 12:30:41
Keinen wirklichen, ich habe nur gelegentlich im Gesamtkontext der Produktentwicklung was mit den Disziplinen von Partnerfirmen zu tun.
Das ist dann aber doch ne ganz eigene Domäne. Bin mir ziemlich sicher, dass ein Chemietheoretiker, ein Biochemiker und ein Industriechemiker sich kaum miteinander verständigen können. Einen aus der Industrie z.B. interessiert sich wahrscheinlich null dafür was da im Detail passiert. Den interessiert: kann ich das herstellen, und wenn ja, wie?

Gibt bestimmt Fachliteratur speziell für deine Branche.

Mosher
2019-03-10, 12:38:41
Das ist dann aber doch ne ganz eigene Domäne. Bin mir ziemlich sicher, dass ein Chemietheoretiker, ein Biochemiker und ein Industriechemiker sich kaum miteinander verständigen können. Einen aus der Industrie z.B. interessiert sich wahrscheinlich null dafür was da im Detail passiert. Den interessiert: kann ich das herstellen, und wenn ja, wie?

Gibt bestimmt Fachliteratur speziell für deine Branche.
Genau, aus rein beruflicher Sicht muss ich nicht so in die Tiefe gehen, da interessiert man sich für ganz andere Dinge. Die habe ich aber im Griff.

Wobei das aber nicht ganz stimmt, dass es die einen null interessiert, was die anderen machen. Das wäre für die meisten unserer Projekte fatal, da sich ja die meisten Designentscheidungen irgendwie auch auf das Teilprojekt der anderen auswirken. Man muss zumindest in der Lage sein, einzuschätzen, wo die Berührpunkte sind, die es abzuklären gilt.
Beispiel: Irgendwann haben die Mechaniker einfach mal das Gehäusematerial geändert und damit zwei wichtige elektrische Eigenschaften verändert, ohne uns darüber zu informieren. Leitfähigkeit und Dielektrizitätskonstante. Tja, leider sind wir dann durch die EMV geflogen.

Aber wie gesagt, den Thread habe ich hauptsächlich aus privatem Interesse erstellt.

schokofan
2019-03-10, 12:52:13
Nö, habe das tatsächlich in Betracht gezogen. Habe schon mehrere berufsbegleitende Studiengänge per Fernuni absolviert. Wäre durchaus vorstellbar, da noch was mit Chemie dranzuhängen

Dann los, ich würde das jedenfalls so machen. Bei mir wäre das aber wie Monger geschrieben hat sehr durch pharmazeutische Ansprüche geprägt wenn man über die Basics hinaus geht. Ich wüsste da wen ich fragen könnte wo ich sinnvollerweise hingehen soll, aber bei dem was du benötigst bräuchte es wohl jemand anderes.

taddy
2019-03-10, 13:10:13
Nun, ich bin ja beruflich in der Chemie zuhause, wenn es wirklich um die Basics geht, dann kann ich dir die 3 Bücher "Der Chemielaborant (https://www.amazon.de/Chemielaborant-Allgemeine-Grundlagen-Laborpraxis-Chemische/dp/3441910532)" anbieten.

Ich besitze noch alle 3 Teile

-Allgemeine Chemie
-Anorganische und
-Organische Chemie

Die sind natürlich nach 4 Jahren heftiger Lektüre etwas abgegriffen, haben halt schon gelitten *g*

Mosher
2019-03-10, 13:38:57
Nun, ich bin ja beruflich in der Chemie zuhause, wenn es wirklich um die Basics geht, dann kann ich dir die 3 Bücher "Der Chemielaborant (https://www.amazon.de/Chemielaborant-Allgemeine-Grundlagen-Laborpraxis-Chemische/dp/3441910532)" anbieten.

Ich besitze noch alle 3 Teile

-Allgemeine Chemie
-Anorganische und
-Organische Chemie

Die sind natürlich nach 4 Jahren heftiger Lektüre etwas abgegriffen, haben halt schon gelitten *g*

Cool, hört sich auch nicht schlecht an. Schreibe dir eine PN:)

M4xw0lf
2019-03-10, 14:02:33
Woran sehe ich / kann abschätzen, wie gut der Stoff löslich in Wasser/Alkohol/xyz ist?
Woran sehe ich bei welchen Temperaturen der Stoff welchen Aggregatszustand hat?
Wie gehe ich Schritt für Schritt vor, wenn ich Molekül X zu Molekül Y umwandeln will? (Ich kenne RedOx-Reaktionen, diese gibt es aber nur im organischen Bereich, richtig?)
Woran erkenne ich Eigenschaften wie Elastizität, Viskosität, "Sprödheit"...?
:freak:

Was du dir hier vorstellst geht in Teilen schon Richtung "Weltformel".
Um dein Beispiel mit dem Schaltplan aufzugreifen, wo du erklären kannst, was passiert, wenn Teil x weggenommen oder hinzugefügt wird: selbst ein kleines Molekül aus wenigen verschiedenen Elementen ist unendlich komplexer als das, da die Elemente / Atome abhängig davon, wie sie zusammenwirfst, ihre Eigenschaften verändern. 1+1 ist hier vielleicht nicht 2, sondern gelb, aber nur donnerstags bei zunehmendem Mond.

Zumindest Wasserlöslichkeit ist noch relativ easy. Generell: Je mehr polare Gruppen (auch ionische Bestandteile und OH/NH-Gruppen), desto wasserlöslich. Je alkyllastiger und je polyzyklisch/aromatischer, desto weniger wasserlöslich (wobei letzteres schon Richtung "löslich in rein gar nichts" weist).

Mosher
2019-03-10, 14:19:51
:freak:

Was du dir hier vorstellst geht in Teilen schon Richtung "Weltformel".
Um dein Beispiel mit dem Schaltplan aufzugreifen, wo du erklären kannst, was passiert, wenn Teil x weggenommen oder hinzugefügt wird: selbst ein kleines Molekül aus wenigen verschiedenen Elementen ist unendlich komplexer als das, da die Elemente / Atome abhängig davon, wie sie zusammenwirfst, ihre Eigenschaften verändern. 1+1 ist hier vielleicht nicht 2, sondern gelb, aber nur donnerstags bei zunehmendem Mond.

Zumindest Wasserlöslichkeit ist noch relativ easy. Generell: Je mehr polare Gruppen (auch ionische Bestandteile und OH/NH-Gruppen), desto wasserlöslich. Je alkyllastiger und je polyzyklisch/aromatischer, desto weniger wasserlöslich (wobei letzteres schon Richtung "löslich in rein gar nichts" weißt).
Mag ja sein :)

Deckt sich halt nur mit meinem Eindruck, den ich von der Chemie als Wissenschaft habe. Viele Erkenntnisse, aber vor allem die Erkenntnis, dass man nichts weiß und nichts vorhersagen kann.

Nur traut sich das irgendwie keiner zuzugeben, sondern flüchtet sich dann eben in solche arroganten Aussagen, wie oben mit den Estern. Das war eigentlich immer mein Hauptproblem mit Chemikern, die mir dummem Jungen etwas über ihr Fach sagen wollten und dabei eigentlich nur mit Begriffen um sich warfen, ohne irgendwas zu sagen.

Was ist so schlimm daran, einfach zu sagen, dass bestimmte Sachen noch nicht erforscht sind und man sich deshalb auf Experimente und empirische Beobachtungen stützt, statt auf funktionierende Modelle?
Warum ist man da so empfindlich?

Wenn mich einer fragt, woher jetzt die 19dB Verbesserung in der EMV kamen, sag ich meistens sowas wie "10dB Bauteile, 6dB Layout, 3dB Hokuspokus, hätte auch anders sein können" und habe damit kein Problem. Wobei das mit dem Hokuspokus natürlich nicht stimmt, aber, obwohl man es berechnen könnte, spart man sich halt den Aufwand und baut da eher auf Erfahrungen und Faustregeln, die hinreichend oft zum gewünschten Ziel führen.

Nur meine bisherigen Chemielehrer/Dozenten schienen ein Problem damit gehabt zu haben, dass sie selbst nicht alles erklären können. :achselzuck:

Selbst auf eine direkt Frage von mir "Also weiß man es noch nicht so genau?" bekam ich immer nur schnippische und unbefriedigende Antworten. Warum wird man Wissenschaftler, wenn man sich daran stört, dass da noch zu erforschende Lücken sind?


Aber nehmen wir doch mal als Beispiel diese nicht ganz so schlechte Antwort auf eine Frage:


Zumindest Wasserlöslichkeit ist noch relativ easy. Generell: Je mehr polare Gruppen (auch ionische Bestandteile und OH/NH-Gruppen), desto wasserlöslich. Je alkyllastiger und je polyzyklisch/aromatischer, desto weniger wasserlöslich (wobei letzteres schon Richtung "löslich in rein gar nichts" weist).


Mit dem ersten Teil kann ich noch was anfangen. Beim H20-Molekül kann man sich ja irgendwie die Elektronegativität einzeichnen und erhält dann sowas wie einen Dipol. Gleiches löst gleiches, also sind polare Stoffe allgemein gut wasserlöslich. Bis hierhin ist man der Frage noch nicht ausgewichen.

Doch jetzt:
Je alkyllastiger und je polyzyklisch/aromatischer, desto weniger wasserlöslich

fängt man wieder damit an :)

"alkyllastig" ist für mich keine logische Begründung, sondern wieder eine "ist halt so"-Ausweichantwort, es sei denn man könnte sich irgendwo herleiten, dass alkyllastige Molekeüle Eigenschaft X besitzen, die sich mit Wasserlöslichkeit beißt. Kann man das nicht? Wo ist hier der Haken?

derpinguin
2019-03-10, 14:22:31
Man kann dir das schon erklären. Es dauert nur länger als drei Sätze.

M4xw0lf
2019-03-10, 14:34:41
Mag ja sein :)

Deckt sich halt nur mit meinem Eindruck, den ich von der Chemie als Wissenschaft habe. Viele Erkenntnisse, aber vor allem die Erkenntnis, dass man nichts weiß und nichts vorhersagen kann.

Nur traut sich das irgendwie keiner zuzugeben, sondern flüchtet sich dann eben in solche arroganten Aussagen, wie oben mit den Estern. Das war eigentlich immer mein Hauptproblem mit Chemikern, die mir dummem Jungen etwas über ihr Fach sagen wollten und dabei eigentlich nur mit Begriffen um sich warfen, ohne irgendwas zu sagen.

Was ist so schlimm daran, einfach zu sagen, dass bestimmte Sachen noch nicht erforscht sind und man sich deshalb auf Experimente und empirische Beobachtungen stützt, statt auf funktionierende Modelle?
Warum ist man da so empfindlich?

Wenn mich einer fragt, woher jetzt die 19dB Verbesserung in der EMV kamen, sag ich meistens sowas wie "10dB Bauteile, 6dB Layout, 3dB Hokuspokus, hätte auch anders sein können" und habe damit kein Problem. Wobei das mit dem Hokuspokus natürlich nicht stimmt, aber, obwohl man es berechnen könnte, spart man sich halt den Aufwand und baut da eher auf Erfahrungen und Faustregeln, die hinreichend oft zum gewünschten Ziel führen.

Nur meine bisherigen Chemielehrer/Dozenten schienen ein Problem damit gehabt zu haben, dass sie selbst nicht alles erklären können. :achselzuck:

Selbst auf eine direkt Frage von mir "Also weiß man es noch nicht so genau?" bekam ich immer nur schnippische und unbefriedigende Antworten. Warum wird man Wissenschaftler, wenn man sich daran stört, dass da noch zu erforschende Lücken sind?
Die Chemie ist im Kern und in großen Teilen auch heute eine empirische Wissenschaft. Niemand kann eine Strukturformel anschauen und dir innerhalb einer Minute physikalische Eigenschaften wie Aggregatszustand bei Raumtemperatur, Schmelz- und Siedepunkt, oder gar mechanische Eigenschaften der kondensierten Phase vorhersagen. Durch die gigantische Menge an Freiheitsgraden der Interaktion von Atomen und Molekülen untereinander kann man bestenfalls einen "educated guess" abgeben, aber damit auch immer noch meilenweit daneben liegen.

Die theoretische Chemie kann tatsächlich viele Eigenschaften von Molekülen recht gut vorhersagen, aber selbst für "einfache" Systeme braucht das einen Arsch voll Rechenpower und Zeit, gerade für Fragestellungen wie den von dir genannten (Wechsel des Aggregatszustands, Viskosität, o.ä.) die auch noch zeitlich aufgelöste Moleküldynamik beinhalten.

Mosher
2019-03-10, 14:38:46
Man kann dir das schon erklären. Es dauert nur länger als drei Sätze.

Perfekt. Mehr will ich doch gar nicht. Von mir aus auch 20 Seiten, ich habe nie nach einer einfachen Antwort gefragt :)

Die Chemie ist im Kern und in großen Teilen auch heute eine empirische Wissenschaft. Niemand kann eine Strukturformel anschauen und dir innerhalb einer Minute physikalische Eigenschaften wie Aggregatszustand bei Raumtemperatur, Schmelz- und Siedepunkt, oder gar mechanische Eigenschaften der kondensierten Phase vorhersagen. Durch die gigantische Menge an Freiheitsgraden der Interaktion von Atomen und Molekülen untereinander kann man bestenfalls einen "educated guess" abgeben, aber damit auch immer noch meilenweit daneben liegen.

Die theoretische Chemie kann tatsächlich viele Eigenschaften von Molekülen recht gut vorhersagen, aber selbst für "einfache" Systeme braucht das einen Arsch voll Rechenpower und Zeit, gerade für Fragestellungen wie den von dir genannten (Wechsel des Aggregatszustands, Viskosität, o.ä.) die auch noch zeitlich aufgelöste Moleküldynamik beinhalten.
Auch eine gute Antwort :)

Nur schade, dass man so wenigen Chemikern begegnet, die das auch genau so "zugeben" würden und dann lieber so tun, als wäre der Fragende nur zu blöd, die Chemie zu verstehen.

M4xw0lf
2019-03-10, 15:09:24
Nur schade, dass man so wenigen Chemikern begegnet, die das auch genau so "zugeben" würden und dann lieber so tun, als wäre der Fragende nur zu blöd, die Chemie zu verstehen.
Naja, deine Vorstellung der Zielsetzung und der Möglichkeiten des Fachs war/ist eben einfach etwas abseits von der Realität, so zumindest könnte ich mir so eine Reaktion erklären.

Dino-Fossil
2019-03-10, 15:16:39
Einige deiner Fragestellungen gehen über einfache (Molekül-)Chemie dann doch ein wenig hinaus.
Da spielen auch Festkörperphysik, Materialwissenschaften und anderes mit hinein.
Aber wenn du erstmal nur dein Wissen auffrischen/erweitern möchtest käme als guter Einstieg mMn auch "Riedel, Allgemeine und Anorganische Chemie" in Frage.
Den hatten wir für's Nebenfach und ich empfand ihn als recht verständlich geschrieben. Darüber hinaus ist er auch halbwegs kompakt, um sich einzulesen also vielleicht nicht schlecht.

Mosher
2019-03-10, 15:17:41
Naja, deine Vorstellung der Zielsetzung und der Möglichkeiten des Fachs war/ist eben einfach etwas abseits von der Realität, so zumindest könnte ich mir so eine Reaktion erklären.

Im "Verdacht" hatte ich ja schon immer, dass sich ein Großteil der Kenntnisse eben aus empirischen Methoden speist, ohne daraus schon ein kausales Modell gebildet zu haben, ich war aber halt immer demütig genug, davon auszugehen, dass der Mensch, der vor mir steht und sich deutlich länger mit dem Thema beschäftigt hat, einfach mehr weiß und mehr kann als ich und sich erst bei sehr viel komplexeren Fragestellungen auf die empirisch gewonnen Erkenntnisse berufen muss, als ich.

Deswegen bin ich mit der Fragestellung rein, ob man mir erklärten könnte, warum irgendwas so ist, wie es ist.

Die Antwort hätte ja auch ganz einfach "nein" lauten können.
Oder irgendwas dazwischen, dass vieles auf xyz hindeutet, man sich aber noch nicht sicher sei, oder sowas in der Richtung.

M4xw0lf
2019-03-10, 15:33:10
Im "Verdacht" hatte ich ja schon immer, dass sich ein Großteil der Kenntnisse eben aus empirischen Methoden speist, ohne daraus schon ein kausales Modell gebildet zu haben,
Wie gesagt, es gibt sehr gute theoretische Modelle, die vom einzelnen Atom ausgehend Eigenschaften von Molekülen berechnen können, aber die Rechenkosten steigen da schnell von hoch zu unmöglich, wenn man sie auf eine makroskopische Anzahl von Moleküken ausweiten möchte (man bedenke: ein einzelner Liter Wasser entspricht ~3.3 x10^25 Molekülen / 10^26 Atomen), und die Berechnungen nicht einfach bei x mal Rechnung y bleiben, sondern selbst noch komplexer werden müssen um die möglichen Wechelwirkungen unter Molekülen, resultierend aus den Wechselwirkungen ihrer Atome, abzubilden.
ich war aber halt immer demütig genug, davon auszugehen, dass der Mensch, der vor mir steht und sich deutlich länger mit dem Thema beschäftigt hat, einfach mehr weiß und mehr kann als ich und sich erst bei sehr viel komplexeren Fragestellungen auf die empirisch gewonnen Erkenntnisse berufen muss, als ich.

Deswegen bin ich mit der Fragestellung rein, ob man mir erklärten könnte, warum irgendwas so ist, wie es ist.

Die Antwort hätte ja auch ganz einfach "nein" lauten können.
Oder irgendwas dazwischen, dass vieles auf xyz hindeutet, man sich aber noch nicht sicher sei, oder sowas in der Richtung.
Deine Fragen sind eben schon deutlich komplexer als dir bewusst war. Auch wenn es für fast alles davon passende Modelle gibt, kann die aufgrund der schieren Datenmenge niemand im Kopf und noch nicht mal von Hand auf dem Papier anwenden um so "einfache" Fragen wie "Warum verdampft xy bei z Grad Celsius" zu beantworten.

Gimmick
2019-03-10, 16:11:14
Hallo zusammen :)

Chemie war - obwohl ich generell Natur- und Ingenieurswissenschaften zugeneigt bin(*) - schon immer mein Hassfach in dieser Sparte.
Ich habe eine regelrechte Aversion dagegen, kann aber nicht so recht erklären, warum.


Das ging mir auch immer so. Physikalische Chemie war noch ok - organische Chemie.. well... gg no re...

Für mich liegt das vorallem daran, dass es in der Chemie vor Namen und Tabellen nur so wimmelt und man wirklich auswenig lernen muss, das ist ja so gar nicht mein Ding. Zumindest war das bei uns so und ich war froh es weg zu haben.


Woran sehe ich bei welchen Temperaturen der Stoff welchen Aggregatszustand hat?


Du müsstest die Bindungsenergien ausrechnen, über die Freiheitsgrade und das bevorzugte Modell die spezifische Wäremekapazität berechnen, dann die spezifische Schmelzenergie, dann die spezische Schmelzenthalpie und daraus dann über Gleichung Schießmichtot (da gibts was ich weiß es! :freak: Edit: Google sagt: https://de.wikipedia.org/wiki/Clausius-Clapeyron-Gleichung) den Schmelzpunkt bestimmen.
Und halt immer wieder die Änderung der Freiheitsgrade berücksichtigen.

Ich glaube gerade bei Festkörpern und Metallen wird das ziemlich kompliziert.

Iscaran
2019-03-10, 16:19:35
Deswegen bin ich mit der Fragestellung rein, ob man mir erklärten könnte, warum irgendwas so ist, wie es ist.


Das kann so direkt im Grund niemand. Denn um die Frage nach der "Chemie" von einem bestimmten Molekül oder Verbindung richtig zu beantworten muss man im Grunde gleichzeitig ALLE in auftretenden Wechselwirkungen abschätzen.

Ein paar der wichtigsten sind hierbei z.B. die Ionische Wechselwirkung, kovalente-Wechselwirkung, Dipol-Dipol-Wechselwirkung, Van-der-Waals-Kraft usw.

Um die stärke der ionische WW abzuschätzen hilft es beispielsweise sich die Elektronegativität des Elements im Vergleich mit anderen Reaktionspartner-Elemente anzusehen.

Aber das ganze ist halt eben sehr viel komplexer weil im Grunde genommen IMMER, ALLE diese Kräfte GLEICHZEITIG wirken.

Für viele Verbindungen/Moleküle die in eine "Gruppe" passen kann man sehr gut z.B. eben feststellen dass diese "im wesentlichen" aufgrund von Wechselwirkung A zusammenhalten (z.B. die meisten -oxidische Verbindungen sind halt im "wesentlichen" von den ionischen Kräften dominiert. Die O-Atome bilden eben O2- Ionen in deren Gitter sich dann die Kationen (je nach Größe der Kationen und wiederum anderen noch nicht betrachteten Wechselwirkungen) einordnen.

Usw.

Deswegen gibt es keine einfache Erklärung die alles erschlägt sondern man braucht um ein wirklich "guter" Chemiker zu sein ein sehr detailliertes Wissen über alle diese auftretenden Kräfte und Wechselwirkungen und ein gutes "Gefühl" dafür welche davon ggf. in einem bestimmten Kontext dominierend sind usw.

Als Einstiegslektüre würde ich dir hierzu z.B. Holleman-Wiberg empfehlen und zwar nur die Einleitenden Kapitel und Theorieteile NICHT jedoch die 1500 Seiten mit den ganzen "Elementspezifischen" Eigenheiten. Also die Kapitel I - VII. Sowie XX, XXI im erweiterten dann noch Themen wie die speizellen Eigenheiten der Übergangsmetallkomplexe Kapitel XXXII und im weiteren dann so Sachen wie Kernchemie Kapitel XXXIV

Aber mit I-VII bist erstmal gut bedient. Das Lehrbuch klammert jedoch einen wichtigen Punkt aus. Die Organische Chemie und im weiteren die Gesamte Kohlenstoffchemie (sofern diese mehrere C-C-Bindungen enthält).

Dafür gibt es eigene Lehrbücher.

Vor all dem lohnt es sich nochmal den Aufbau von Atomen und eben die Grundarten der Wechselwirkungskräfte zu verstehen (das wird in Kapitel I-VII des HoWi erläutert).

Selbst wenn man das alles "weiss" fehlt einem einfach oft die Kenntnis bestimmter "Zahlenwerte" die man messen muss (z.B. Elektronegativität Element XY). Klar ein "guter Chemiker" kennt sehr viele dieser Zahlen in der Regel auswendig (zumindest näherungsweise)und wenn mal nicht dann gibt es oft noch bestimmte Abschätzungsregeln denen man folgen kann.

Dennoch ist es unmöglich ein umfassendes Wissen über die Bindungschemie zu haben um "alles" vorherzusagen. Das liegt einfach auch in der von der Natur gegebenen Komplexität in Kombination mit vielen Quantenphänomenen die beim Zusammenspiel auf Atom-Atom-Ebene eine Rolle spielen.

IMHO ist das wichtigste erstmal:

Verstehe wie Atome aufgebaut sind. Inklusive was sind Atomorbitale, wie hängt das mit den Quantenzahlen zusammen usw. (HoWi Kapitel I-VII eben)

Die Chemie ist dabei im erweiterten Sinne das wie sich die "Elektronen" der komplex aufgebauten Atomschalen in Kombination miteinander verhalten.

Gibt sicher andere Lehrbücher - z.T. sicher auch welche die didaktisch einfacher strukturiert sind. Allerdings gibt es eigentlich bislang NICHTS was ich nicht im HoWi finden konnte bzw. wo ich von dort ausgehend mich weiterlesen konnte.

Nicht ohne Grund heisst das Buch auch die "schwarze Bibel".

Mosher
2019-03-10, 16:22:22
Das ging mir auch immer so. Physikalische Chemie war noch ok - organische Chemie.. well... gg no re...

Für mich liegt das vorallem daran, dass es in der Chemie vor Namen und Tabellen nur so wimmelt und man wirklich auswenig lernen muss, das ist ja so gar nicht mein Ding. Zumindest war das bei uns so und ich war froh es weg zu haben.



Du müsstest die Bindungsenergien ausrechnen, über die Freiheitsgrade und das bevorzugte Modell die spezifische Wäremekapazität berechnen, dann die spezifische Schmelzenergie, dann die spezische Schmelzenthalpie und daraus dann über Gleichung Schießmichtot (da gibts was ich weiß es! :freak: Edit: Google sagt: https://de.wikipedia.org/wiki/Clausius-Clapeyron-Gleichung) den Schmelzpunkt bestimmen.
Und halt immer wieder die Änderung der Freiheitsgrade berücksichtigen.

Ich glaube gerade bei Festkörpern und Metallen wird das ziemlich kompliziert.

:)

Solche Antworten meine ich. Kommt zwar am Schluss keine Zahl raus, aber ein theoretisches Vorgehen, das davon zeugt, dass zumindest einige relevanten Parameter zur Beantwortung der Frage schon identifiziert wurden. Auch wenn im Schlusssatz noch ein "Ist aber zum heutigen Stand aufgrund mangelnder Rechenkapazität nicht berechenbar und vielleicht ist gibt es auch noch andere Einflüsse" nachgeschoben wird.

Alles, wirklich alles ist besser als "Ist so, weil ist halt so"
Das kann so direkt im Grund niemand. Denn um die Frage nach der "Chemie" von einem bestimmten Molekül oder Verbindung richtig zu beantworten muss man im Grunde gleichzeitig ALLE in auftretenden Wechselwirkungen abschätzen.

Ein paar der wichtigsten sind hierbei z.B. die Ionische Wechselwirkung, kovalente-Wechselwirkung, Dipol-Dipol-Wechselwirkung, Van-der-Waals-Kraft usw.

Um die stärke der ionische WW abzuschätzen hilft es beispielsweise sich die Elektronegativität des Elements im Vergleich mit anderen Reaktionspartner-Elemente anzusehen.

Aber das ganze ist halt eben sehr viel komplexer weil im Grunde genommen IMMER, ALLE diese Kräfte GLEICHZEITIG wirken.

Für viele Verbindungen/Moleküle die in eine "Gruppe" passen kann man sehr gut z.B. eben feststellen dass diese "im wesentlichen" aufgrund von Wechselwirkung A zusammenhalten (z.B. die meisten -oxidische Verbindungen sind halt im "wesentlichen" von den ionischen Kräften dominiert. Die O-Atome bilden eben O2- Ionen in deren Gitter sich dann die Kationen (je nach Größe der Kationen und wiederum anderen noch nicht betrachteten Wechselwirkungen) einordnen.

Usw.

Deswegen gibt es keine einfache Erklärung die alles erschlägt sondern man braucht um ein wirklich "guter" Chemiker zu sein ein sehr detailliertes Wissen über alle diese auftretenden Kräfte und Wechselwirkungen und ein gutes "Gefühl" dafür welche davon ggf. in einem bestimmten Kontext dominierend sind usw.

Als Einstiegslektüre würde ich dir hierzu z.B. Holleman-Wiberg empfehlen und zwar nur die Einleitenden Kapitel und Theorieteile NICHT jedoch die 1500 Seiten mit den ganzen "Elementspezifischen" Eigenheiten. Also die Kapitel I - VII. Sowie XX, XXI im erweiterten dann noch Themen wie die speizellen Eigenheiten der Übergangsmetallkomplexe Kapitel XXXII und im weiteren dann so Sachen wie Kernchemie Kapitel XXXIV

Aber mit I-VII bist erstmal gut bedient. Das Lehrbuch klammert jedoch einen wichtigen Punkt aus. Die Organische Chemie und im weiteren die Gesamte Kohlenstoffchemie (sofern diese mehrere C-C-Bindungen enthält).

Dafür gibt es eigene Lehrbücher.

Vor all dem lohnt es sich nochmal den Aufbau von Atomen und eben die Grundarten der Wechselwirkungskräfte zu verstehen (das wird in Kapitel I-VII des HoWi erläutert).

Selbst wenn man das alles "weiss" fehlt einem einfach oft die Kenntnis bestimmter "Zahlenwerte" die man messen muss (z.B. Elektronegativität Element XY). Klar ein "guter Chemiker" kennt sehr viele dieser Zahlen in der Regel auswendig (zumindest näherungsweise)und wenn mal nicht dann gibt es oft noch bestimmte Abschätzungsregeln denen man folgen kann.

Dennoch ist es unmöglich ein umfassendes Wissen über die Bindungschemie zu haben um "alles" vorherzusagen. Das liegt einfach auch in der von der Natur gegebenen Komplexität in Kombination mit vielen Quantenphänomenen die beim Zusammenspiel auf Atom-Atom-Ebene eine Rolle spielen.

IMHO ist das wichtigste erstmal:

Verstehe wie Atome aufgebaut sind. Inklusive was sind Atomorbitale, wie hängt das mit den Quantenzahlen zusammen usw. (HoWi Kapitel I-VII eben)

Die Chemie ist dabei im erweiterten Sinne das wie sich die "Elektronen" der komplex aufgebauten Atomschalen in Kombination miteinander verhalten.

Gibt sicher andere Lehrbücher - z.T. sicher auch welche die didaktisch einfacher strukturiert sind. Allerdings gibt es eigentlich bislang NICHTS was ich nicht im HoWi finden konnte bzw. wo ich von dort ausgehend mich weiterlesen konnte.

Nicht ohne Grund heisst das Buch auch die "schwarze Bibel".

Vielen Dank! Auch damit kann ich viel anfangen. Vor allem mit der schwarzen Bibel ;D

Freakazoid
2019-03-10, 19:05:31
Den Mortimer fand ich gut, hatte ich in der Schule bis zum Vordiplom benutzen können Die Recherche nach deinen Fragen wird dich allerdings frustrieren. Ich habe dafür Jahre gebraucht und habe mich danach damit abgefunden sie auf einem höheren Level nicht zu verstehen.