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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Ab wann ist man ein gewerblicher Händler?


Lowkey
2019-05-28, 12:54:23
Hallo,

ein Bekannter, geht auf die 80 zu, sammelte nun fast 70 Jahre. Die Sammlung besteht u.a. aus einem ganzen Zimmer voller Modellflieger, verschiedene Hersteller, verschiedene Maßstäbe, aber das Zimmer mit 20m² wäre voll. Ein großer Teil ist sogar noch in den Blisterverpackungen. Die Mehrheit stammt vom Flohmarkt oder von Börsen. Fast nichts wurde im Laden gekauft.

Jetzt ist der Mann eine Weile in Rente und interessiert sich nicht mehr dafür. Ich soll ihm beim Verkauf helfen. Er hat noch nie etwas verkauft.


Und dann lese ich die nicht ganz klaren Regeln für einen Verkauf. Wenn ich nun alle tausend Modelle verkaufen will, dann komme ich wohl noch auf 100.000 Einzelverkäufe, aber selbst in Konvoluten sind es bestimmt 10.000 Verkäufe. Es wäre so oder so ein gewaltiger Aufwand alles in Ebay reinzustellen. Und gerade steigen die Preise für bestimmte Modelle. Ein Verkauf lohnt sich, aber laut den ungenauen Regeln ist eine Gewinnabsicht wieder ein Problem mit dem Amt.

- sehr große Menge
- teilweise nicht ausgepackt
- teilweise höherer Sammlerwert
- Verkauf über längeren Zeitraum
- eventuell zu gute Fotos mittels Fototisch und teurer 200 Euro Kamera.
- Verkauf für Dritten.
- Verkaufswert dürfte auf 500.000 Euro zugehen, aber liegt über 100.000 Euro.

Wie ist die Lage einzuschätzen?

Mortalvision
2019-05-28, 13:07:12
Beim Finanzamt nachfragen, Situation scholdern (ggf. kommt ja etwas aus Erbmasse?), fertig. Die sagen dann schon, was was ist. Alternativ einen guten Steuerberater und Rechtsanwalt aufsuchen!

jxt666
2019-05-28, 13:12:59
Also genaue Zahlen habe ich nicht parat, mein Arbeitskollege hat eine Zeit lang Autoteile von privat zerlegten Autos die er noch hatte eingestellt bei ebay - da kam die Bank auf ihn zu sie müsse ihn wegen gewerblicher Arbeit melden, die sagten sobald es über 30 Verkäufe im Monat wären...
https://www.e-recht24.de/news/abmahnung/10449-abmahnung-ebay-haendler-gewerblich.html

Hier mehr dazu, scheint so zu sein - vor allem eben wenn es immer ähnliche oder die selben Artikel sind - wäre in dem Fall ja auch so.

Lowkey
2019-05-28, 13:25:35
Ich habe keine guten Erfahrungen mit Rechtsanwälten oder Steuerberatern. Beim Finanzamt könnte man nachfragen...


Mein Onkel sammelt seit 20 Jahren Briefmarken. Er hat mehrere Accounts bei Ebay mit weit über 20k Bewertungen. Und er hatte keinen Besuch vom Amt oder im Verein hat niemand Probleme mit dem Handel von Briefmarken. Obwohl das eigentlich genau ein ähnlicher Fall ist.

Kundschafter
2019-05-28, 13:34:48
Genau deshalb hat ja jxt666 den Artikel verlinkt. Ich zitiere mal:

Gewerbliche Tätigkeit: Ca. 15 bis 25 Verkäufe pro Monat reichen aus

Das Landgericht Dessau-Rosslau (Urteil vom 11. Januar 2017, Az. 3 O 36/16) entschied, dass der eBay Verkäufer gewerblich handelte. Hierfür sprach schlichtweg der Umfang der Verkaufstätigkeit, da der Verkäufer mehrere gleichartige und neuwertige Schmuckstücke anbot. Es spielte keine Rolle, woher die Artikel stammten.

Ähnlicher Bericht kam vor ein paar Tagen im FS: Gläser aus dem Keller verkauft, Wert 40-70 Euro. Zuviele Teile, gewerblicher Handel vermutet, Schreiben von Abmahnanwälten über 1300,- Euro.

Einfach ein Gewerbe anmelden (20 Euro bei der Gemeinde/Stadt), Teile verkaufen, Gewerbe abmelden.
Und dem "Abzockanwalt" grinsend eine Kopie der Anmeldung schicken.

Lowkey
2019-05-28, 13:41:13
Interessant... muss man sein Gewerbe dann nicht auf Ebay angeben bzw. muss das nicht sichtbar sein?

Stormtrooper
2019-05-28, 13:51:20
Gewerbliche Tätigkeit: Ca. 15 bis 25 Verkäufe pro Monat reichen aus


Der EuGH hat 2018 geurteilt, dass es alleine auf die Anzahl der Verkäufe im Monat nicht ankommt.
Viel entscheidender ist, welche Artikel wie oft verkauft werden.
Wer seinen Keller oder eine Sammlung auflöst braucht nichts befürchten, aber wenn es schon in die Tausende geht, kann es trotzdem irgendwann problematisch werden.

Eine Entscheidung ob privat oder gewerblich ist immer eine Einzelfallentscheidung und kann nicht pauschal abgetan werden.

PacmanX100
2019-05-28, 13:56:27
Es gibt keine eindeutige definition, wohl aber wird man sehr schnell zum Händler wenn mit Gewinnabsicht verkauft wird.
(Wer Waren kauft zum weiterverkaufen ist quasi sofort als gewerblich einzustufen)

Es muss im Einzelfall geprüft werden. Bei der Menge würde ich ebay aber meiden, es wird früher oder später auffallen. Dann eher Kleinanzeigen oder sogar auf irgendeinem Markt die Sachen verkaufen mit der Zeit.

Kundschafter
2019-05-28, 14:20:33
Die genauen Ebay Bestimmungen kenne ich leider nicht, dazu sind meine Einkäufe zu lange her und das Konto ist gelöscht.

Aber speziell zu Lowkey´s Fall:
"Wenn ich nun alle tausend Modelle verkaufen will, dann komme ich wohl noch auf 100.000 Einzelverkäufe, aber selbst in Konvoluten sind es bestimmt 10.000 Verkäufe"

Dürfte jeden Rechtsanwalt freuen, wenn er kein Gewerbe anmeldet. Ich kenne keinen Richter, der dann nicht von gewerblichem Handeln ausgeht.

Und zu Stromtrooper:
"Wer seinen Keller oder eine Sammlung auflöst braucht nichts befürchten."

Gibst du mir das schriftlich und zahlst du die Abmahnkosten ? :D

Blackpitty
2019-05-28, 14:51:37
wie wäre es eher zu versuchen alles an weige oder eine Einzelperson ggf. Händler zu verkaufen?

Wäre doch viel einfacher, selbst wenn der Ertrag dann zum Schluss X€ geringer ausfällt als einzeln verkauft rechnet sich das nacher bezüglich extremen aufwand beim einzelverkauf gegen gleichstand

Also ich würd grob für den Überblick Bilder vom vollen Raum schießen und bei Kleinanzeigen einstellen bezüglich komplett Verkauf oder mich umhören wo es Händler gibt die sowas anbieten usw.

Lowkey
2019-05-28, 16:32:56
Ich selber hatte noch nie gute Erfahrung mit Händlern beim Verkauf. Das mache ich nicht.

Und Bilder von "wertvollen" Sammlungen stellt man bei den Erfahrungen mit Ebay Kleinanzeigen da nicht rein. Am besten noch mit Adresse? (haha).

Es läuft darauf hinaus, dass ich bei Zeiten beim Amt nachfrage und dann überlege mit weniger Aufwand die Sammlung in Jahrgänge oder Rubriken unterteile und nach und nach unter dem Namen des Eigentümers verkaufe.

Kundschafter hat natürlich recht, dass man da immens aufpassen muss. Die Grenzen sind nicht eindeutig.

RLZ
2019-05-28, 17:32:26
Ich würde den Kram erstmal auf passende Flohmärkte schaffen. Damit sparst du dir die Arbeit mit den Ebay Anzeigen.
Wie groß sind eigentlich die Dinger, dass da 100.000 in einen 20qm Raum passen sollen?

Die gelbe Eule
2019-05-28, 17:47:38
Mach es Dir einfach, schalte eine Anzeige, Sammlungsauflösung, einen Samstag Leute von 10-14 Uhr kommen lassen und das wiederholen bis alles weg ist. Kommt einer Haushaltsauflösung gleich, macht man da ähnlich. Das Finanzamt wird da gar nichts sagen, gerade eben schreibst es sind 500.000€ an Wert, aber es kommen nur 100.000€ bei rum. Kannst die 400.000€ eher als Verlust beim Finanzamt geltend machen ;)

Schnoesel
2019-06-03, 17:18:17
Soweit ich weiß zählen keine konkrete Zahlen sondern die Gewinnerzielungsabsicht. Dafür muss ich noch nicht mal Gewinn machen um als Gewerbe zu gelten.

https://de.wikipedia.org/wiki/Gewinnerzielungsabsicht

In dem konkreten Fall würde ich mich direkt beim örtlichen Finanzamt informieren und absichern. Als Kleinstunternehmen hast dann sogar einen Steuerfreibetrag von 17.500€ für den keine Umsatzsteuern anfallen.

Philipus II
2019-06-03, 22:27:57
Auch wenn steuerrechtlich kein Gewerbe vorliegt kann es wettbewerbsrechtlich vorliegen. Vorsicht!