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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Online-Prüfungen


blackbox
2021-06-20, 11:48:06
Hier geht es um die Online Prüfungen generell und deren Rechtmäßigkeit.

Ich wollte erst kürzlich eine Prüfung zur IT-Sicherheit ablegen. Ich habe aber abgelehnt, dass die Prüfung aufgezeichnet und gespeichert wird (!). Daraufhin hat man mir mitgeteilt, dass die Prüfung nicht stattfinden wird, aber ich könne sie ja irgendwann mal offline ablegen.

Ich habe mich nun ein wenig eingelesen und was da an Wild-West-Methoden angewandt wird, geht unter keine Kuhhaut.

Hier mal die wichtigsten Punkte:
- Videoaufzeichnung und Speicherung (von privaten Räumen!)
- man muss sich eine Software herunterladen zur Überwachung des PCs
- man darf nicht mal aufstehen (!)
- der Raum wird vorab vollständig erfasst, auch unterm Tisch
- Headset nicht erlaubt
- es muss eine externe Webcam sein, die vom Laptop ist nicht erlaubt
- unklare Regelungen bei Internetabbruch
- generell der Datenschutz
- etc.

Wie denkt ihr darüber?

Monger
2021-06-20, 12:08:31
Was für eine Prüfung genau ist denn das? Ist das Studium? Berufsschule?
Ich fürchte, momentan ist das ziemlich rechtsfreier Raum. Vieles davon würde sicher vor Gericht nicht standhalten, aber den Weg müsste man ja erstmal gehen.

blackbox
2021-06-20, 12:27:53
Es ist eine Prüfung für eine Zertifizierung im Medizinbereich. Sie ist noch nicht mal vorgeschrieben.

Einige Gerichte haben Urteile ausgeprochen:
https://www.forschung-und-lehre.de/recht/gerichte-lehnen-klagen-zu-digitalen-pruefungen-ab-3553/

Aber der Punkt der Speicherung ist noch nicht geklärt.

Ich frage mich, warum einige Institutionen die Prüfung speichern wollen. In einer normalen Prüfung im Saal wird doch auch nichts aufgezeichnet.

hansfrau
2021-06-20, 12:50:20
Kann ich bestätigen. Meine Frau studiert an der RWTH Aachen Medizin und musste auch Online- Klausuren ablegen. Der komplette Raum wurde vor der Prüfung gefilmt. Türen und Fenster mussten während der kompletten Prüfung geschlossen werden, bei Temperaturen von weit über 30Grad C. Ein Öffnen hätte zum sofortigen Ausschluss und Nichtbestanden der Klausur geführt. Zusätzlich wurde man von einer Webcam gefilmt (z.b. via Handy oder iPad) Micro musste auch an die komplette Klausur.
Ein Ablehnen dieser „Maßnahmen“ hätte zum Ausschluss der Prüfung geführt und meine Frau hätte mind ein Semester länger studieren müssen. Der finanzielle Schade der daraus resultieren würde wäre sehr hoch…

Dazu kommen noch massive technische Probleme seitens der Uni die einer „Technischen“ Universität unwürdig sind.

Einfach unglaublich. Zum Glück hat sie alles bestanden und kann das M2 jetzt machen!

r3ptil3
2021-06-20, 12:56:13
Ich will das jetzt gar nicht bewerten, aber mit dieser Situation müssen halt viele Schulen etc. erst noch Erfahrung sammeln, bis sich etwas wie ein "Standard" durchgesetzt hat.

Bei uns (Studium Hochschule) ist alles OpenBook, dafür wurde aber das Prüfungsniveau dermassen hoch angesetzt, dass man nicht mal die Zeit hätte irgendwas zu recherchieren über das Internet oder sonst was.

Bei der letzten Prüfung habe ich ausgerechnet, dass man pro Aufgabe 3,5 Minuten Zeit hatte. Mit Aufgabenstellung lesen und beantworten ist das nicht nur knapp, sondern purer Stress. Die Möglichkeit etwas abzulesen, nachzuschauen oder sonst was, wird dadurch schon kategorisch eliminiert.

PacmanX100
2021-06-20, 13:03:37
Ihr seid einfach zu nett. Ich würde das ablehnen.
Auch nach dem Durchfallen kann man noch vor ein Gericht ordentlich klagen.
Und weil du schon finanzielle Schäden genannt hast, auch die kannst du einklagen...

In dem einen Teil steht ja schon, im "Eilverfahren" (kürze der Zeit) konnte nicht entschieden werden, das heißt nicht das da keine Chancen bestehen.

Insbesondere kannst du ja nach einer Alternative fragen...
Dann würde ich noch Persönlichkeitsrechte und DSGVO ins Spiel bringen. Wo werden die Daten gespeichert? Die müssen dir auskunft geben, vielleicht ist schon die Speicherung unzulässig und muss daher auf der Stelle auch bei anderen beendet werden.

Wegen der Temperaturen kann auch niemand verlangen das man das akzeptiert ... hier könnte man auch noch einen Mediziner hinzu holen.
Die alles entscheidende Frage ist also: Was ist euch das ganze wert an Stress?

Nur weil es viele mitmachen ist es nicht zulässig. Es haben ja auch schon Gerichte entschieden das Schüler Anspruch auf Präsenzunterricht haben und nicht nur Tele/Wechselscheiß.
Man muss einen langen Atem haben kommt aber zu seinem Recht. Prinzipien durchsetzen.

Mortalvision
2021-06-20, 14:27:29
Den wichtigsten Punkt habt ihr noch nicht genannt: staatliche Prüfung oder „privat“: IHK/Handwerkskammer etc.

Geächteter
2021-06-20, 14:40:40
Wie denkt ihr darüber?

Alles richtig gemacht, leider hat die Masse nicht dein Rückgrat und macht, was das Regime vorgibt. Und das Regime geht den einfachsten Weg, will sparen für die eigene Prasserei und lädt die volle Last aufs Volk ab. Ein Witz sondergleichen, dass das Regime noch nicht mal öffentliche Prüfungsräume unter seinen selbst vorgebenen Corona-Maßnahmen bieten kann.

PacmanX100
2021-07-17, 12:59:45
Es tut sich endlich was doch leider viel zu spät.
"Nicht akzeptabel": Datenschützer geht gegen Überwachung von Studenten vor

Als erster Datenschützer bundesweit geht der baden-württembergische Landesbeauftragte gegen den Einsatz von Überwachungssoftware bei Online-Prüfungen in Hochschulen vor. Bei einer Reihe von Examen mit Fernaufsicht über das Internet sei an Hochschulen im Südwesten in der Zeit des Lockdowns gegen Recht und Gesetz verstoßen worden, erklärte Brink. "Dauerhafte Kontrolle von Studierenden in Prüfungssituationen durch technische Tools, die zu stark ins Private gehen, ist nicht akzeptabel."
Bei dem Versuch, Betrugsversuche von Studierenden am heimischen Rechner zu verhindern,seien manche Lehrkräfte über das Ziel hinausgeschossen. Brink hat einen ab sofort geltenden Vorgabenkatalog erarbeitet, um künftig Verstöße gegen den Datenschutz und die IT-Sicherheit zu verhindern. Zwar soll Videoaufsicht erlaubt sein, aber es soll ein Aufzeichnungsverbot gelten.

Der_Korken
2021-07-17, 13:36:24
Ein Aufzeichnungsverbot gab es bei uns schon von Anfang an, es durfte nur live "überwacht" werden. Das Installieren von spezieller Software auf dem PC halte ich für sehr fragwürdig. Ich persönlich würde sowas unter einer separaten OS-Installation machen und die nach der Prüfung sofort löschen. Wobei auch hier schon die Frage ist, ob diese Software unter Linux überhaupt laufen würde oder ob ich eine Windows-Lizenz gestellt bekommen würde.

Ich glaube dass die Handhabung generell auch sehr stark vom Fach abhängt. Bei irgendwelchen Auswendiglern-Prüfungen ist der Nutzen durch Schummeln sehr hoch und Schummeln auch sehr schwer zu unterbinden. Das führt dann zu solchen paranoiden Regeln wie hier aufgezählt. Uns als Lehrende wurden auch viele dieser Dinge genannt wie Raum vorher abscannen, Mikro permanen an, alle Türen zu und immer im Bild, kein Verlassen des Platzes, etc. Davon haben wir aber das meiste aber nicht umgesetzt, weil wir die Prüfung so stellen konnten, dass man durch Nachschlagen und Googlen keinen nennenswerten Vorteil hat. Also quasi eine Kofferklausur. Das einzige echte Problem war, dass sich die Leute während der Klausur gegenseitig Lösungen zuschicken könnten. Dagegen hilft, dass man handschriftliche Abgaben verlangt, die hinterher abfotographiert werden müssen und dass man die Klausuren etwas randomisiert. Von jeder Aufgabe gab es zwei Versionen und jeder Teilnehmer bekommt eine individualisierte Klausur ausgewürfelt.

Schummeln ist zwar immer noch irgendwie möglich, aber was für Geschütze will man da noch auffahren? Spätestens an der Regelung, dass kurzzeitige Störungen/Aussetzer (bis 5 Minuten) geduldet werden mussten, scheitert eine 100%ige Kontrolle doch eh. Die meisten Schummler scheinen aber eh sehr plump zu sein. Von einem Freund habe ich bei einer großen Vorlesung gehört, dass einige tatsächlich Lösungen aus irgendwelchen Online-Chats abgeschrieben haben, ohne aber zu überprüfen, ob es denn auch ihre Version der Aufgabe war. Steht ja auch mit Absicht nicht dran. Wer die Aufgabe also nicht mal versteht, der wird auch eine Lösung nicht erkennen. Und dann war die abgeschriebene Lösung auch noch so schlecht, dass man dafür eh fast keine Punkte bekommen hätte, selbst wenn es die passende Version der Aufgabe gewesen wäre :freak:.