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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Multi - Crunch-Kultur in der Gamingbranche


Drexel
2022-09-03, 22:09:32
Ich find's schade, dass so allgemeine und diskussionswürdige Themen immer in den Konsole Threads untergehen. Deswegen dachte ich mir, dass es mal Zeit für einen extra Thread ist. Mal sehen wie lang der lebt.

Erstes Thema dazu: https://www.play3.de/2022/09/03/the-callisto-protocol-bis-zu-105-stunden-die-woche-schofield-enthuellt-crunch-kultur/

Unfassbar, der Chef von Striking Distance Studios (Callisto Protocol) berichtet stolz über den Crunch in seiner Firma und wie leidenschaftlich und freiwillig das doch alle machen. Jason Schreier hat schon die passende Antwort dazu gegeben:
https://twitter.com/jasonschreier/status/1566069446225133569

Der Tweet wurde mittlerweile gelöscht, man sieht dass der Typ nix verstanden hat in den letzten Jahren und wie tief verwurzelt das Problem ist...

maximAL
2022-09-04, 03:51:47
Der Grund, warum ich nie in der Spielebranche arbeiten würde. Wenn, dann 100% Indie, da beute ich mich wenigstens nur selbst aus und hab am Ende vielleicht sogar noch was davon. Aber für anderer Leute Projekte? Da arbeite ich lieber für richtiges Geld mit normalen Arbeitsbedingungen in anderen Branchen und mach das als Hobby.

00-Schneider
2022-09-04, 08:24:26
Ja, das Game muss halt unbedingt vor dem Dead Space 1 Remake raus.

Da hat man die Wahl zwischen Crunch oder ggf. geringeren Verkäufen, wenn man nach DS released.

Monger
2022-09-04, 09:59:04
Crunches kennt man ja in der gesamten IT Branche. Im Grunde weiß jeder wie mies sie sind, auch fürs Produkt. Aber manche, vorallem kleine Firmen stehen dann vor dem Problem: entweder wir pressen diesen Release jetzt auf Teufel komm raus raus, oder das wars dann.
Und ich denke, in der Spielebranche ist das Problem besonders inhärent, weil man extrem von Terminen abhängig ist, und das Überleben eines Studios eben nicht selten von genau diesem einen Release abhängt.
Bin nicht sicher, was die Lösung ist. Große Studios können Risiken wesentlich besser abfangen als kleine. Oft sind kleine Studios nur sehr lose aufgehängt, so dass man die Bedarf schnell komplett feuern kann. Der Markt ist unter gewaltigem Konkurrenzdruck.

Gibt mMn kaum ne Lösung, außer Arbeitsschutzgesetzen.

maximAL
2022-09-04, 12:41:55
Crunches kennt man ja in der gesamten IT Branche.
Wir hatten bei einem großen automotive Projekt auch mal mehrere Monate "Crunch". Da wurde dann Mehrarbeit und Samstagsarbeit angewiesen. Allerdings konnte sich dem am Ende doch jeder verweigern und zwar ohne negative Konsequenzen.
Für Überstunden unter der Woche gab es 25% extra, für Samstag 50%. Ist alles auf dem Arbeitszeitkonto gelandet und konnte dann ausgezahlt oder teilweise sogar abgebummelt werden.
Trotzdem mussten die Arbeitszeit Gesetze langfristig eingehalten werden, was dank Stechuhr auch überprüft wurde. Mehr als 10h/Tag ging schon mal gar nicht.
Ich hab da allerhöchstens mal 50-55h/Woche gearbeitet. Und selbst da war ich nach ein paar 6 Tage Wochen ziemlich platt.

Von den Zuständen wie im Tweet geschildert ist das aber wirklich noch meilenweit entfernt.

Wirklich bringen tut das über ein paar Wochen hinaus eh nichts, weil die Produktivität einfach in ein Loch fällt.

Drexel
2022-09-04, 12:55:17
Komme auch aus der IT und klar kennt man das vor irgendwelche Projekt Milestones Mal Überstunden zu machen. Das sind aber über 2-4 Wochen eher moderate Überstunden und nicht über 3-6 Monate doppelte Arbeitszeit.

Klar je größer die Produktionen desto größer das Risiko Invest, kennt man auch aus der Filmbranche, es muss nur nur ein Film mit Monster Budget floppen und das Studio ist Geschichte.

GBWolf
2022-09-04, 13:12:24
Wenn so etwas notwendig wird, zeigt dass nur auf, das der Planer des Projektes schlechte Arbeit geleistet hat.

Monger
2022-09-04, 15:38:22
Wenn so etwas notwendig wird, zeigt dass nur auf, das der Planer des Projektes schlechte Arbeit geleistet hat.
Ja, aber was hilft dir diese Erkenntnis? Einer hat nen strategischen Fehler gemacht, es stehen vielleicht 50 Arbeitsplätze aufm Spiel. Was jetzt?

Wobei das natürlich noch das romantische Szenario ist. Das hässliche ist, wenn Firmen wie Take Two ganz bewusst Entwickler ausbrennen. Gibt ja immer genügend Nachschub, mit niedrigen Gehaltserwartungen. Und oft genug wirft ein mies entwickeltes Spiel halt doch noch Profit ab.

Wo wir halt auch zur anderen Seite kommen: Spieler, als Konsumenten, sind extrem blauäugig. Es wird alles gekauft, egal unter welchen Umständen entwickelt wurde.
Vielleicht würde ne DIN Norm helfen? Sowas ähnliches wie ne ISO 9001 Marke, die man beim Verkauf auch herausstellen kann?

Gebrechlichkeit
2022-09-04, 15:42:35
Gecruncht wurde schon immmer. Siehe Squaresoft und wie sie alle unter dem Tisch gepennt haben in den 90er. Wenn die fuer die extra Arbeit entlohnt werden, ... wo liegt das Problem? Noch nie ueberstunden gehabt, weil ein paar Mitarbeiter fehlten? Oder zuviele Projekte auf einmal angenommen?

Ist gang und gaebe. Wenn wir schon ueber die Industrie reden wollen, dann eher ueber Riot Games bzw. Activision und wie die sich rausgemogelt haben.

Drexel
2022-09-04, 16:03:47
Eben das Gang und Gäbe ist das Problem, es geht darum dass es quasi normal und eingeplant ist, die Mitarbeiter für letzten 6 Monate 6x12 Stunden die Woche arbeiten zu lassen. Und das alles "freiwillig" weil sie so leidenschaftlich sind. Es geht nicht um ein paar Überstunden, die man natürlich ab und an mal machen muss.

Und da ist es auch egal, ob Activision oder sonstwas dran steht. Mehr Transparenz wäre gut ja, aber die meisten schert das glaube ich nicht...

Monger
2022-09-05, 00:45:57
Gecruncht wurde schon immmer. Siehe Squaresoft und wie sie alle unter dem Tisch gepennt haben in den 90er. Wenn die fuer die extra Arbeit entlohnt werden, ... wo liegt das Problem?
Erstens wurden und werden sie das oft nicht. Zweitens ist es oft nicht freiwillig.
Drittens... selbst wenn sich Leute freiwillig darauf einlassen, ist das halt eben auch Gatekeeping. Damit siebt man Menschen aus, die sich nicht beschissenen Arbeitsbedingungen beugen können oder wollen. Und macht damit die Branche ein Stück toxischer.

Die Spielebranche hat sich damit mittlerweile einen echt unterirdischen Ruf eingebrockt. Wir haben hier diverse Devs die von Gameforge hierher geschwemmt wurden, und ich kenne nicht einen einzigen Dev, der freiwillig in der Spielebranche arbeiten würde.

=Floi=
2022-09-05, 03:17:21
Druck hat man überall, wo knappe deadlines sind. Es gibt überall zeit und ternindruck.
In der spielebranche ist nur das versäumen zb vom weihnachtsgeschäft viel schlimmer als eine deadline, wo man das produkt noch fixen kann oder teillieferungen durchgehen.

Ich glaube in der gaming branche ist auch das unwissen der vorgesetzten mit am größten. Man blickt auf die erfolge der anderen und aus gewissen gründen kann man diese selbst nicht erreichen.
Man trifft einfach komische entscheidungen und hört auch viel zu wenig auf die community. Es werden lieber one hit wonder gemacht, anstatt die kunden zu binden. Qualität kostet wie überall geld.

Drexel
2022-09-05, 06:48:36
Schade, dass der Thread umbenannt wurde, ich hätte ihn auch gerne für weitere Themen offen gehalten. :(

Loeschzwerg
2022-09-05, 08:33:32
Ok, dass es so ist wissen wir nun (erneut) und was weiter? Spiele nicht kaufen, nicht von großen Publishern kaufen, erst im Sale kaufen... nur Indies kaufen?

Darkman.X
2022-09-05, 09:37:44
Das ist das Problem: Wie willst du als Käufer Einfluss darauf nehmen? Beim Nichtkauf werden die Entscheider es nicht als Protest gegen den Crunsh verstehen, sondern dass das Spiel (die Idee, die Story, das Gameplay, usw.) schlecht war.

Und ganz ehrlich: Wenn ich mir die Entwicklung der letzten Jahre/Jahrzehnte anschaue (DLC, Mikrotransaktionen, Lootboxen, usw.), dann bringt ein Nichtkauf nichts. Es gibt zu viele "Junkies", die nicht verzichten wollen. Und was interessiert sie schon der Crunsh-Leid von den Entwicklern.....da wird sich eher beschwert, warum das Spiel schon die 5. Terminverschiebung hat. Den Publishern kann der Protest einiger weniger meistens egal sein.

Colin MacLaren
2022-09-05, 10:00:53
Ich sehe das unproblematisch. Es weiß doch jeder Entwickler, was auf ihn zukommt und er hat sich ganz bewusst für die Gamingbranche entschieden. Wer es als Entwickler entsprechend drauf hat findet doch ganz leicht woanders einen Job, wo er normale Arbeitszeiten und eine bessere Bezahlung hat. Aber da macht man halt langweiliges Business-Zeug. Ich hatte mal ein Vorstellungsgespräch in einer Gamingbude, da hätte ich als Trainee anfangen können. Als ich sagte, dass ich parallel noch eine Zusage vom Jobcenter für einen SAP-Kurs hatte, da riet mir der Chef davon ab, bei ihm anzufangen und ich solle lieber den SAP-Kram machen ;)

Es jammert doch auch niemand, dass Anwälte in der Großkanzlei oder Wirtschatfsprüfer endlos Überstunden schieben.

Watson007
2022-09-05, 10:23:42
als Rechtsanwalt wird man aber gut bezahlt.

Finde es aber nicht gut wenn ganze Branchen Leute ausbeuten, egal wo...

Mortalvision
2022-09-05, 10:44:02
Es ist halt auch der Reiz, bei der Entwicklung eines Spiels mitzuarbeiten. Das finden grad junge Leute unheimlich cool. Überhaupt sollte man den "Coolness"-Faktor für die ganze Softwarebranche nicht unterschätzen. Das hat jahrzehntelang das Business getragen.

Demirug
2022-09-05, 11:56:24
Vielleicht würde ne DIN Norm helfen? Sowas ähnliches wie ne ISO 9001 Marke, die man beim Verkauf auch herausstellen kann?

Hast du dir mal ISO 9001 angeschaut? Ist am Ende nur Bürokratie und du kannst da trotzdem jeden Blödsinn als Prozess zertifizieren lassen.

Abnaxos
2022-09-05, 13:42:57
Ich sehe das unproblematisch. Es weiß doch jeder Entwickler, was auf ihn zukommt und er hat sich ganz bewusst für die Gamingbranche entschieden. [...]

Wäre es nicht schön, wenn auch AAA(A)-Spiele wie Horizon Forbidden West nicht von völlig überarbeiteten, desillusionierten Entwicklern kämen? Von Entwicklern, die mit Leidenschaft arbeiten und vordergründig ein gutes Spiel bauen wollen, nicht in erster Linie ein profitables Spiel? Ich will damit keinesfalls sagen, dass ein Spiel nicht profitabel sein muss, die Entwickler leben auch nicht von Luft und Liebe. Aber Gewinnmaximierung um jeden Preis schadet der Sache massiv.

Viele Entwickler kommen in die Branche, weil sie Games lieben. Und dann werden sie innert kürzester Zeit ausgebrannt und desillusioniert, müssen generischen Schrott bauen, statt diese Art Spiele, wegen der sie eigentlich in die Branche gekommen sind. Immer mehr kommen wohl auch aus der Game-Design-Schule, wo sie die Ubiformel als Mass aller Dinge lernen, selber nie ein Game gespielt haben und nur wegen des Geldes dort sind. Das tut den Menschen nicht gut und auch die Spiele leiden darunter. Am Ende sind alle unglücklich, abgesehen von den Investoren und den Pinguinen in der obersten Etage. "Dann wechselt doch einfach die Branche" hilft in keiner Weise weiter.

Manche AAA-Spiele sind heutzutage kompletter Müll. Jüngstes Beispiel Horzion Forbidden West, viel Bling, nichts dahinter, ein reiner Blender – der dazu noch bis zur Unspielbarkeit verbuggt auf den Markt kam und trotz allem einen 8er-Score eingefahren hat. Das liegt sicherlich auch an der "Erweiterung" der Kundschaft, also die zunehmenden Nicht-Gamer, die auch gamen, und meinen, so sei das halt und es sei schon immer so gewesen. Gerade die Mobile-Gamer lassen sich hervorragend mit "free" to play bis auf die Unterwäsche ausziehen. An denen kann sich die Spieleindustrie dumm und dämlich verdienen, und das tut sie natürlich auch (Diablo Immortal war ein voller Erfolg). Spielefirmen funktionieren auch nur nach marktwirtschaftlichen Prinzipien und man kann es ihnen schlecht vorwerfen, denn das ist das Umfeld, in dem sie existieren.

Was können wir als Spieler tun? Schwierig. Einerseits gibt es da zu wenig Transparenz. Bei Horizon spürt man an jeder Ecke, das niemand Freude daran hatte, das Spiel zu bauen. Bei Elden Ring sieht es jedoch ganz anders aus, aber auch das ist ein AAA-Titel. Was lief da hinter den Kulissen? Wir wissen es nicht, aber ich kann schlecht glauben, dass ein ausgebranntes und desillusioniertes Team ein Spiel wie Elden Ring bauen kann. Doch das ist mein einziger Anhaltspunkt, der ist wenig zuverlässig. Die Anzahl A scheint jedenfalls kein guter Massstab zu sein. Vielleicht eher, wo die As hingehen: Bei Horizon gingen sie in die Fassade, bei Elden Ring ins Spiel.

Was wir sicher tun können, ist Indies und Spiele, die es "richtig" machen, zu unterstützen: diese Spiele zum jeweiligen Vollpreis kaufen. Ich bereue meinen frühen Kauf von HFW wirklich, nicht des Geldes wegen, sondern wegen der Statistik. In Excel erscheine ich unter "alles richtig gemacht", dabei ist es für mich die grösste Enttäuschung der letzten 10 Jahre. Dagegen habe ich ein etwas schlechtes Gewissen, Stray gratis gekriegt zu haben (PSN) und überlege mir, es zusätzlich noch auf anderem Weg zu kaufen, einfach als kleines Dankeschön an die Entwickler.

Schade finde ich, dass Spiele wie Kena oder Stray recht selten sind bei den Indies. Indies sind zu häufig Pixelart und/oder 2D-Sidescroller, beides Dinge, die mir nicht zusagen (nicht, dass ich das geringschätze, es ist einfach nicht für mich). Meist sehr minimalistisch, zu minimalistisch für meinen Geschmack. Ich erwarte kein TLoU, aber etwas mehr als drei Sätze Story und die eine oder andere kurze Zwischensequenz wären schon nett. Andererseits bin ich mir nicht sicher, ob diese beiden Spiele überhaupt noch Indie sind – ist das nicht bereits bereits AA? Wie dem auch sei, das ist für mich ungefähr die goldene Mitte (besonders Kena), die leider etwas zu wenig bedient wird.

Die beiden genannten Spiele zeigen noch etwas anderes: kleinere Spiele zu machen ist gesund. Ich meine, 90% der Spiele spiele ich gar nicht fertig. Werft mal einen Blick auf die Trophäen, die Spiel-Durch-Trophäe dümpelt meist um die 2% herum, wenn es hoch kommt. Sehr bezeichnend. Kaum jemand spielt das Zeugs durch, ich bin bei Weitem nicht der Einzige. Stray war perfekt: gerade, als ich es langsam gesehen habe, kam auch schon der Abspann. Spiele nicht durchzuspielen ist allerdings nicht unbedingt ein schlechtes Zeichen, denn wenn man satt ist, ist man satt. Ausschlaggebend ist, ob man es bis zu dem Punkt genossen hat oder nicht. Wenn ja, ist alles gut. Die Durchspiel-Metrik ist also nur mässig aussagekräftig, aber ich denke, man kann herauslesen, dass die Mehrheit der Spiele viel grösser sind, als nötig.

Warum macht man die Spiele so gigantisch? Womöglich beginnt der Teufelskreis genau hier. Alles muss immer grösser, grösser, grösser sein. Die Spieler wollen immer weniger bezahlen, rümpfen die Nase, wenn es weniger als 300 Spielstunden sind, werfen es aber nach 15 Stunden in die Ecke, weil sie genug haben. Die Entwicklungskosten werden immer höher, daher müssen auch die Verkäufe immer höher und die Effizienz bis ins Letzte ausgereizt werden. Um die Verkaufszahlen zu erreichen, muss man jedes Spiel "für alle" machen, was nicht möglich ist und schlussendlich zu Spielen "für niemanden" führt, alles derselbe generische Mist mit anderen Texturen. Zugegeben, am Feierabend nach einem harten Arbeitstag ist eine hirnlose Ubiformel nicht verkehrt, aber brauchen wir wirklich 500 davon?

Die Crunch-Kultur ist nur die Spitze des Eisbergs.

Demirug
2022-09-05, 16:10:08
Euch ist aber schon bewusst das auch im Indie-bereich die Selbstausbeutung massiv ist? Die Projekte dort dann auch häufig gerade mal kostendeckend sind und auf jeden Hit mehrer geplatzte Träume kommen.

Drexel
2022-09-05, 16:57:31
Aber im Indie Bereich sind die Leute sich quasi Selbständig, also selbst und ständig und das wahrscheinlich bewusst. Und selbständig bedeutet auch das unternehmerische Risiko zu tragen.

Monger
2022-09-06, 00:04:24
Wäre es nicht schön, wenn auch AAA(A)-Spiele wie Horizon Forbidden West nicht von völlig überarbeiteten, desillusionierten Entwicklern kämen? Von Entwicklern, die mit Leidenschaft arbeiten und vordergründig ein gutes Spiel bauen wollen, nicht in erster Linie ein profitables Spiel?
Das geht mMn völlig dem Threadthema entgegen.
Mitarbeiterzufriedenheit korreliert halt nun eher so lose mit Kundenzufriedenheit.
Ich weiß auch von Devs die drei Kreuze gemacht haben, als sie endlich von EA & Co. geschluckt wurden. Endlich mal wieder Urlaub mit der Familie! Endlich nicht mehr schweißgebadet aufwachen, weil man nicht weiß ob man morgen auf der Straße sitzt.
Ein guter Publisher führt halt auch ein nicht so gutes Studio zum finanziellen Erfolg, holt aus mäßigen Spielen so viel Geld raus dass es weitergeht. Auch schlechte Devs haben ein Recht auf faire Arbeitsbedingungen.

=Floi=
2022-09-06, 03:43:16
Und dann werden sie innert kürzester Zeit ausgebrannt und desillusioniert,

Ist doch bei 95-98% überall so. Die welt besteht nunmal aus arbeit.
Die 1% machen dann auch warum auch immer problemlos karriere und dort läuft es.

Shink
2022-09-06, 09:04:05
Komme auch aus der IT und klar kennt man das vor irgendwelche Projekt Milestones Mal Überstunden zu machen. Das sind aber über 2-4 Wochen eher moderate Überstunden und nicht über 3-6 Monate doppelte Arbeitszeit.

Wenn so etwas notwendig wird, zeigt dass nur auf, das der Planer des Projektes schlechte Arbeit geleistet hat.
Naja so funktionieren Menschen nun mal: Stress macht man sich vorm Abgabetermin.
Also braucht man kürzere/mehr Milestones (und damit gefühlten Dauerstress).

Zum Thema: Ja, ich fürchte, ohne Crunch wären freakige Meisterwerke ala Doom, Diablo 2, Starcraft 2 (oder auch Indie-Zeug ala Minecraft oder Stardew Valley) nicht entstanden. Talentierte Leute haben das "mit Liebe und Aufopferung" gemacht und das sieht man den Spielen auch an.

PS: Indies sind oft Pixelart/2D, weil man damit weniger Leute braucht als für etwas wie Stray oder Kena. Nicht jeder, der programmieren kann und ein Gefühl für Ästhetik hat, will seine Zeit mit dem Designen hübscher 3D-Bewegungsabläufe verbringen.

Colin MacLaren
2022-09-08, 11:12:29
...viel Text...

Ich habe hier mehr Spiele im Backlog, die alle toll sind, sowohl Triple AAA als auch "so halb Indie". Ich habe die PS5 nur wegen Forbidden West gekauft und fand es toll. Mit einem Elden Ring kann ich nichts anfangen. Ich kaufe mir auch jedes Jahr das neue CoD :freak:

Ich spiele seit 1997 am PC, habe aber genug Abstand, dass mir klar ist, dass man halt als Teenie Spiele anders erlebt als ein Erwachsener mt 40, der schon alles gesehen hat. Objektiv ist die Anzahl sehr guter Spiele heutzutage um ein Vielfaches größer als das das, was man realistisch irgendwie auch nur anspielen kann.

Abnaxos
2022-09-08, 12:15:31
Ist doch bei 95-98% überall so. Die welt besteht nunmal aus arbeit.
Ich sehe das nicht so. Ich lebe nicht, um zu arbeiten, sondern arbeite, um zu leben. Wenn vor lauter Arbeit das Leben auf der Strecke bleibt, dann ist etwas furchtbar schief gelaufen.

PS: Indies sind oft Pixelart/2D, weil man damit weniger Leute braucht als für etwas wie Stray oder Kena. Nicht jeder, der programmieren kann und ein Gefühl für Ästhetik hat, will seine Zeit mit dem Designen hübscher 3D-Bewegungsabläufe verbringen.

Das ist sicherlich richtig. Deshalb ja auch meine Anmerkung, dass solche Spiele wohl eher unter AA oder so einzuordnen sind, irgend etwas zwischen AAA und Indie. Mir fällt auf, dass ich diese Kategorie immer öfter viel mehr geniesse, als die grossen AAA-Titel. Es steckt genug Geld drin, dass ein technisch modernes Spiel heraus kommt, aber noch nicht so viel, dass sämtliche Kreativität und Leidenschaft erstickt wird. Es bleibt Raum für Risiken und ungewöhnliche Ideen, für ein Spiel mit Herz.

Moderne AAA-Spiele erfordern extrem hohe Verkaufszahlen und massives Marketing, um in die schwarzen Zahlen zu kommen. Das Mainstreaming wirkt sich häufig für mich negativ auf das Spielerlebnis aus. Beim Marketing kommen wir zum eigentlichen Thread-Thema: Spiele werden (zu?) früh mit Datum angekündigt und der Termin muss dann eingehalten werden. Die Investoren wollen wissen, wann ihr RoI kommt, und das soll gestern sein. Daraus folgt direkt der Crunch, der eigentlich vermeidbar wäre, würde man mehr when-it's-done machen.

Natürlich ist Crunch in der Endphase eines Projekts bis zu einem gewissen Mass normal. Aber das Ausmass, wie wir es in der Spiele-Industrie sehen, geht weit darüber hinaus. Ein Jahr lang Crunch ist per Definition kein Crunch mehr, sondern Sklaventreiberei. In so einem Fall sollte das Spiel verschoben werden oder besser: man man gibt das Release-Datum erst kurz vor fertig bekannt. Gut Ding will Weile haben, das gilt besonders für kreative Projekte.

Ich behaupte, dass die Wurzel des Übels zu einem grossen Teil in den gigantischen Budgets liegt. Und wie gesagt, ich denke, dass diese Budgets oft gar nicht nötig wären, denn viele Spiele sind schlicht überdimensioniert, reine Geldverschwendung. Daher auch ein Lösungsvorschlag meinerseits: macht mehr kleinere Spiele.

Shink
2022-09-08, 12:40:55
Daraus folgt direkt der Crunch, der eigentlich vermeidbar wäre, würde man mehr when-it's-done machen.
Also nur noch Spiele wie Duke Nukem Forever?

Ich behaupte, dass die Wurzel des Übels zu einem grossen Teil in den gigantischen Budgets liegt. Und wie gesagt, ich denke, dass diese Budgets oft gar nicht nötig wären, denn viele Spiele sind schlicht überdimensioniert, reine Geldverschwendung. Daher auch ein Lösungsvorschlag meinerseits: macht mehr kleinere Spiele.
Ja (https://www.buecher.de/shop/fachbuecher/das-ende-der-grossen-zurueck-zum-menschlichen-mass/kohr-leopold/products_products/detail/prod_id/10856310/)

Rockhount
2022-09-08, 15:48:08
Also nur noch Spiele wie Duke Nukem Forever?


Warum fällt es so vielen schwer, nicht binär zu denken?

Nur weil man keine nur mit Crunch einzuhaltenden Releasedates nennt, würden die selben Titel nicht im Nirvana versinken und mit 10 Jahren Verzögerung rauskommen

Watson007
2022-09-08, 15:59:09
Zum Thema: Ja, ich fürchte, ohne Crunch wären freakige Meisterwerke ala Doom, Diablo 2, Starcraft 2 (oder auch Indie-Zeug ala Minecraft oder Stardew Valley) nicht entstanden.

wieso das denn? Ich würde mit Crunch eher verbuggte Releases verbinden.
Ohne Crunch kommen die Spiele halt etwas später raus

Kommen ohnehin mehr Spiele raus als man zocken kann, daher ist der Stress meines erachtens unnötig.

Man sollte anderen nicht mehr Stress zumuten, als man selber haben will....

Loeschzwerg
2022-09-08, 17:00:19
Also ich kenne Projekte die wären ohne Termindruck noch immer in der Designphase ^^ Naja, die Wahrheit liegt wie immer in der Mitte. Irgendwann muss man das Produkt bringen, sonst ist es ein Fass ohne Boden.

Edit:
Aber schauen wir uns mal ein aktuelles Beispiel an... ein Saints Row (2022) wäre bis Ende des Jahres vielleicht halbwegs ohne Bugs, aber die Welt immer noch ohne Seele und die Dialoge weiterhin mies. Hier wurden im Vorfeld Fehler gemacht welche nicht in wenigen Monaten ausgebügelt werden können.

Drexel
2022-09-08, 18:14:28
Man sollte anderen nicht mehr Stress zumuten, als man selber haben will....

Problem ist den Manager Typen macht es ja nix 12 Stunden und mehr zu arbeiten und die Frau um Haushalt und Kinder kümmern zu lassen. Und denken dann alle anderen fänden das auch toll.

Loeschzwerg
2022-09-08, 19:01:26
Naja, auch da gibt es solche und solche. Am Ende sticht dann eh der Ober den Unter.

Nur ist immer noch die Frage ob und was man als Käufer tun kann. Ich meine... ich kaufe AAA Titel nahezu eh schon nicht mehr zu Release und warte mindestens Tests sowie erste Patches ab. Meistens verdränge ich das jeweilige Spiel dann eh wieder und kaufe es erst später (wie z.B. CP2077, was ich mir erst heute für 15€ ^^).
Dem Entwickler ist damit aber trotzdem nicht geholfen und es kann sogar im schlimmsten Fall sein dass das Studio dicht gemacht wird, wenn der Erlös nicht stimmt.

Monger
2022-09-08, 21:44:13
Zum Thema: Ja, ich fürchte, ohne Crunch wären freakige Meisterwerke ala Doom, Diablo 2, Starcraft 2 (oder auch Indie-Zeug ala Minecraft oder Stardew Valley) nicht entstanden. Talentierte Leute haben das "mit Liebe und Aufopferung" gemacht und das sieht man den Spielen auch an.

Wer weiß wie viele Meisterwerke uns entgangen sind, weil hochtalentierte Leute sich den Zirkus nicht geben wollten.