aths
2006-09-10, 15:40:29
Jeder kennt es, jeder hatte es – außer ich. Als extremer Späteinsteiger nun einige Gedanken zu VHS. Als ich nun vor einiger Zeit doch einen Rekorder haben wollte, stieg ich in die VHS-Schiene ein. Preislich sind die Geräte inzwischen ja attraktiv.
Häää? Im Jahre 2006 noch VHS??
VHS ist endgültig am Auslaufen. Doch für einen Ingenieur wie mich ist es wichtig, auch eigene Erfahrungen zu machen, und nicht nur zu theoretisieren. Inzwischen habe ich sogar zwei VHS-Recorder – einen Philips zu 89 € und einen Funai (also Noname) zu 69 €. Letzterer war nicht nur günstiger, sondern hat auch noch Showview, VPS und weitere zusätzliche Features. Dafür ist die normale Timer-Programmierung umständlicher als beim Philips.
Eigentlich wollte ich nie einen VHS-Rekorder haben und lieber auf den nächsten Aufzeichnungs-Standard warten. S-VHS-Rekorder sind heute jedoch nicht mehr bezahlbar. Bei einem DVD-Rekorder hätte ich den DVD-Player doppelt, und ein VHS-Rekorder erweitert bei meinem TV-System die abspielbaren Medien eben noch um Videokassetten. Außerdem wüsste ich eh nicht, was ich unbedingt in besonders guter Qualität aufnehmen sollte, Filme kaufe ich sowieso auf DVD (werbefrei, englischer Originalton, Bonusmaterial.)
Fast gibt es nur noch Mono-VHS-Rekorder, ich habe noch einen Stereo-HIFI-VHS-Rekorder ergattert (von Philips, den VR 550 (http://www.forum-3dcenter.org/vbulletin/showthread.php?p=4712732).) Phänomenal die Spulgeschwindkeit: Innerhalb weniger Minuten sind mehrere Stunden Band zurückgespult. Mein Funai (mit irgendeiner Seriennummer) ist gehäusemäßig noch billiger verarbeitet (alles Plaste) aber bietet auch gute Aufzeichnungsqualität und – für knapp 70 € – alle Features wie Hifi-Stereo, Longplay, Showview, VPS und einigen weiteren Schnulli. Doch in diesem Text soll es nicht um dieses spezielle Geräte gehen, sondern um VHS allgemein.
Unsere Wahrnehmung kann sich an alles gewöhnen
Abgesehen davon, dass ich meine VHS-Rekorder auch tatsächlich nutze, ist die gewonnene Erfahrung wertvoll. Das Auge ist unheimlich adaptiv, dies merkte ich schon beim Vergleich von Resident Evil 4. Solange man nicht direkt 1:1 vergleicht, wirkt die PS2-Version gar nicht mal so schlecht – obwohl die Grafikqualität erheblich unterhalb der Cube-Version liegt. Ich hätte vorher auch nicht gedacht, dass man sich an VHS-Qualität so gewöhnen kann, und dass man im Notfall auch den Longplay-Modus erträgt.
Der Longplay-Modus hat mir sogar die Fähigkeit zurückzugeben, wieder auf den Inhalt zu gucken. Bei dem kleinen Fernseher (50 cm sichtbar, 50 Hz) legte ich eine DVD in den Player ein und guckte den Film. Beim großen Fernseher (68 cm sichtbar, Pixel Plus 2) genoss ich dermaßen die gute DVD-Bildqualität, dass ich mich kaum noch auf den Film konzentrieren konnte. Bei VHS, erst recht im Longplay-Modus, ist die Bildqualität so unterirdisch, dass einem gar nichts weiter übrig bleibt, als sich auf die Handlung zu konzentrieren. Jetzt kann ich mir vorstellen, dass man sich im Zeitalter vor der DVD tatsächlich vorbespielte Kauf- oder Leihkassetten reingezogen hat – die ja mit normaler Geschwindigkeit liefen, aber in der Regel wohl recht schnell abgenuddelt waren.
Sind Kassetten out?
Auf VHS-Bänder passen (mit der 30 Jahre alten Spezifikation) bewegte Fernsehbilder. Die VHS-Kassette ist zwar viel größer als eine Audio-Kassette, muss aber auch sehr viel mehr speichern. Inzwischen kann man das Band dünner machen, um zusätzliche Meter auf eine Spule zu wickeln – ich habe Video-Kassetten mit bis zu 5 Stunden Aufzeichnungszeit im Kaufhaus gefunden. Wie man diese (für 30 Jahre alte Technik) extrem hohe Aufzeichnungsdichte pro Zentimeter Band hinbekommt, ist eine interessante Sache, welche in diesem Posting jedoch kein Thema sein wird.
http://www.dudv.de/files/3dcf/vhs/tdk_skk_kl.jpg (http://www.dudv.de/files/3dcf/vhs/1.htm)
Ja klar, "High Grade Extra" ... hier liegen eine teure 5-Stunden-Markenkassette und eine preiswerte 4-Stunden-Kassette auf dem Tisch. Wenn man die Verpackungen anguckt denkt man, dass VHS die hammermäßige Qualität bietet – zumindest mit der Kassette, die man in der Hand hält.
Soweit ich das sehe, ist die Qualität von Billig-Kassetten nicht schlechter. Ob Marken-Kassetten dafür länger halten, weiß ich nicht. Obwohl 3-Stunden-Kassetten keinen Cent billiger sind, kaufe ich sie trotzdem öfters, da man dort genau vier Dokus à 45 Minuten raufbekommt.
Bildqualität: Was schlecht ist setzt sich durch?
Was die Bildauflösung angeht bin ich lange Zeit von der Angabe "240 Linien" verwirrt worden – denn gemeint sind tatsächlich nicht 240 Zeilen, sondern angeblich 240 trennbare, vertikale Linien. Wie das genau zu verstehen ist habe ich noch nicht herausgefunden, denn hier widersprechen sich einige Angaben mit selbst gemachten Beobachtungen. An Zeilen werden bei PAL-VHS jedenfalls alle 576 Bildzeilen aufgezeichnet. Die unteren Zeilen sind meistens verzerrt und nur in schwarzweiß, was bei Röhrengeräten durch den Overscan aber unsichtbar ist – außer im 16:9-Modus auf 4:3-Geräten. Feine Farbdetails gehen bei der VHS-Aufzeichnung garantiert verloren. Das allerdings ist weniger schlimm als das Rauschen im Bild.
Warum PAL-VHS bei gleicher Spurlänge (knapp 10 Zentimeter pro Halbbild) mit nur 70% NTSC-Bandlaufgeschwindigkeit arbeitet, habe ich bis heute nicht begriffen. Immerhin ermöglicht das bis 5 Stunden Spielzeit auf (allerdings recht teuren) Kassetten, während NTSC-VHS auf 3,5 Stunden begrenzt ist.
Warum VHS im Formatkrieg das Rennen machte
Die Aufzeichnungsdauer ist ein VHS-Schlüsselmerkmal. Betamax hatte eine zu kurze Spielzeit, Video 2000 eine anfällige Band-Technik. VHS-Technik ist etwas simpler, was auch billigere Player ermöglichte – der entscheidende Punkt dürfte aber sein, dass es schon zu Beginn Kassetten mit 2 Stunden Spieldauer gab.
Außerdem waren die Bildröhren damals noch nicht so weit entwickelt wie heute, 100-Hz-Geräte gab es schon gar nicht. Das VHS-Farbrauschen geht teilweise im 50-Hz-Flimmern unter. Auf einem normalen Fernseher ist die VHS-Bildqualität nicht immer auf den ersten Blick von einer TV-Sendung zu unterscheiden und damit für den Home-Bereich ausreichend.
Tonqualität
Ich musste lachen als ich sah dass auf dem Karton meines Videorekorders fett "HIFI Stereo" steht. Aber Ohren auf! Schon bei der ersten Testaufnahme merkte ich, dass der Ton in exzellenter Qualität aufgezeichnet wird. Wie ich jetzt weiß, bietet VHS Stereo-Ton von 20 Hz - 20 KHz bei 70 dB Rauschabstand – also beinahe CD-Qualität. Das hört man auch. Der VHS-Ton ist rein von der Qualität der Quelle begrenzt, das Format lässt im Audio-Bereich aus technischer Sicht keine Wünsche offen.
http://www.dudv.de/files/3dcf/vhs/hifi_stereo_kl.jpg (http://www.dudv.de/files/3dcf/vhs/2.htm)
Eine positive Sache hat VHS schon mal: Man kann echten Hifi-Ton aufzeichnen.
Natürlich wären zwei Punkte anzumerken: Aufgrund der Hifi-Ton-Speicherung in der Videospur kann man VHS-Aufnahmen nicht nachvertonen. Das wäre allerdings eh nur für Studios interessant. Die zweite Sache ist, dass VHS eben nur eine einzige Stereo-Tonspur unterstützt. Man hat zwar noch die Standard-Audio-Spur in schlechter Mono-Qualität, aber die dürfte bei Filmen unbefriedigend sein. VHS-Filme können wegen dieser technischen Einschränkung nicht mehrsprachig verkauft werden. Deshalb bestand wohl auch nicht der Drang, bei VHS optional zuschaltbare Untertitel zu integrieren, was man angesichts der geringen Bandbreitenanforderung längst hätte realisieren können.
Schwächen von VHS
Immer wieder liest man, dass VHS den Formatkrieg trotz unterlegener Bildqualität gewonnen hat und tut dabei so, als sei Bildqualität für den Kunden das wichtigste. Wie wichtig das ist sehen wir im 3D-Bereich ja beim Texturfilter ... Doch zurück zu VHS. Nach meiner bisherigen Erfahrung hätte ich folgende drei Hauptschwachpunkte zu bemängeln:
• Grobe Bildauflösung pro Zeile. Mir ist noch immer nicht klar, welches Auflösungsäquivalent man für VHS angeben kann. Um jetzt nicht viel Theorie zu bringen die Kurzfassung: In bestimmten Fällen wird die Helligkeit anscheinend mit feinen Details gespeichert, aber nur, wenn man ein sich wiederholendes Muster in der Zeile hat. Ansonsten ist die Auflösung innerhalb einer Zeile erschreckend grob.
• Starkes Farbrauschen. Die verringerte räumliche Auflösung der Farbe ist zwar auch ein Problem, aber das Rauschen in der Farbe stört viel mehr. Die Farbe wurde im Gegensatz zur Helligkeit nicht frequenzmoduliert aufgezeichnet. Frequenzmodulation ist ein Mittel, um Störeinflüsse zu minimieren, verbraucht jedoch recht viel Signalbandbreite. Um mit niedriger Bandlaufgeschwindigkeit auszukommen und gleichzeitig nicht allzu hohe Anforderungen an die Magnetpartikeldichte im Band zu stellen, entschied sich JVC offenbar, die Farbe nicht frequenzmoduliert zu speichern und das Farbsignal dem normalen Rauschen preiszugeben.
• Beschränkung auf Composite-Anschluss. Wenigstens ein S-Video-Anschluss, wie mit SVHS-Rekordern eingeführt, sollte auch bei VHS längst Standard sein. Denn bei der Bildübertragung via Composite-Anschluss beeinflussen sich Helligkeit und Farbe gegenseitig. Folge: Moiré-Muster wabern über das Bild (so genanntes "dot crawling".)
Was kann man aus VHS noch herausholen?
Mein erster VHS-Rekorder hängt an einem Philips-Röhrenfernseher (29", 68 cm sichtbar) mit Pixel Plus 2. Dieses Pixel-Plus-Zeug (was es unter anderen Namen auch von anderen Herstellern gibt) ist ein Paket aus drei wesentlichen Maßnahmen, die vor allem auf großen Röhren selbst VHS-Material noch verbessern. Auf Flachbildschirmen mit preiswerten Skalierungs-Methoden dürfte VHS grausam aussehen, testen konnte ich das bisher jedoch nicht.
· Die physikalische Bildauflösung wird von 576 auf 768 Zeilen erhöht. Damit verhindert man bei großen Röhren, dass das Bild bedingt durch den zeilenweisen Aufbau "streifig" wirkt. Das angezeigte Bild wird entsprechend hochskaliert.
· Es kommt eine Detail-Schärfung zum Einsatz. Solche artefaktfreie Schärfe ist nur dank der erhöhten physikalischen Bildauflösung möglich.
· Lokale Bewegungen werden erkannt und "weich gemacht". In der Regel funktioniert es, aus einem Film mit 25 fps einen mit 75 fps zu machen. Selbst Aufnahmen mit 50 fps (interlaced) profitieren noch ein wenig.
Das VHS-Rauschen wird bei der digitalen Nachbearbeitung auf meinem Philips-TV etwas gemildert, ich würde schätzen dass es etwa um ein Drittel reduziert wird. Das Rauschen im Bild bleibt also weiterhin erkennbar. Auf dem kleinen TV (21" PAL 50 Hz, 50 cm sichtbar) mit dem Funai-Rekorder zeigt sich, dass VHS für normale Röhrenfernseher gedacht ist: Der Qualitätsverlust im Vergleich zu Fernsehsendungen ist geringer. Das insgesamt bessere VHS-Bild hat man natürlich auf dem großen Fernseher mit Pixel Plus. Und jetzt das Paradoxon: Auf dem großen TV sehen (gut gemasterte) DVD-Filme zwar umwerfend aus: Diese ungeahnte Bildschärfe ist ein Genuss. Doch VHS ist, Pixel Plus 2 hin oder her, dagegen nur "erträglich". Für TV-Sendungen gut genug, aber für richtigen Spielfilm-Genuss indiskutabel. Auf dem kleinen Fernseher sind DVD-Filme "ok". Der Qualitätsabstand zu VHS-Aufnahmen ist kleiner. Man kann sich vorstellen, hier auch einen richtigen Film von VHS zu sehen – trotz insgesamt schlechterer Qualität.
Was dem Otto Normalverbraucher Bildqualität wirklich wert ist sieht man auch bei diversen Filmen in (illegalen) Tauschbörsen: Das meiste ist zugunsten der Dateigröße fürchterlich stark komprimiert und kann mit normaler DVD-Qualität bei weitem nicht mithalten. Das ist kein Grund, heute noch VHS zu empfehlen, aber wäre für mich ein Erklärungsansatz warum sich VHS die ganzen Jahrzehnte gehalten hat.
Gesamteindruck
Bisher habe ich versucht, möglichst objektiv zu sein und subjektive Einschätzungen als solche zu kennzeichnen . Ab hier lasse ich jetzt meiner persönlichen Wahrnehmung freien Lauf. Für den normalen Zweck, sich einen Videorekorder anzuschaffen, halte ich VHS selbst heute noch für ausreichend. Wer bessere Qualität braucht und sein Material noch schneiden möchte, sollte sich natürlich lieber einen HDD-Rekorder mit integriertem DVD-Brenner zulegen.
Mich nervt es schon etwas, dass VHS so lange Standard war und nicht wenigstens durch das (weiterhin kompromissbehaftete) SVHS abgelöst wurde. Der Longplay-Modus ist bei VHS aus meiner Sicht fast unbrauchbar. Die bereits grenzwertige Qualität wird erheblich gesenkt, man erkennt eigentlich nur noch grobe Umrisse. Feine, schwachkontrastige Bilddetails sind komplett verloren, Pixel Plus hin oder her. Auch die Tonqualität leidet. Vor 15 Jahren hatte man sich vielleicht noch überlegt, ob man wirklich zwei Kassetten kauft oder lieber die doppelte Spielzeit in Anspruch nimmt – bei den heutigen Preisen sollte man zusätzliche Kassetten kaufen und Longplay getrost vergessen.
Außerdem kann man LP-Aufnahmen die mit dem Philips gemacht wurden nicht auf dem Funai abspielen – nach einiger Zeit verliert er die Synchronisation. Dieser Effekt ist reproduzierbar. Andersherum funktioniert es allerdings, der Philips spielt mit dem Funai im LP-Modus bespielten Kassetten ab. Wenn man allerdings mal mehr als 5 Stunden am Stück aufnehmen möchte, kommt man um Longplay nicht herum. Und da auf Phoenix nachts schon mal 6 Stunden und länger "Terra X" gesendet wird, habe ich jetzt zwei Kassetten mit jeweils acht Folgen, die ich angucken kann wenn grad nichts besseres läuft. Alles, was auf eine Kassette passt, nehme ich aber natürlich mit der Normal-Geschwindigkeit auf.
Gerade weil ich jetzt sogar zwei Rekorder habe, sind auch 6 Stunden lange Doku-Nächte kein Problem: Jeder Rekorder nimmt jeweils drei Stunden auf. Andererseits: Wann soll man sich das alles ansehen?
Die Qualität meiner Aufnahmen hängt stark von der Qualität des Fernseh-Signals ab. Ein klares Bild, am besten noch im anamorphen 16:9-Modus, sieht (sofern es nicht zu kräftige Farben gibt) auf VHS besser aus als man denkt. Eine bereits mangelhafte TV-Qualität sieht auf VHS dann aber richtig zum Heulen aus. Für das zweite Gerät habe ich extra noch einen Antennen-Verstärker gekauft, denn das Signal einfach mit einem passiven Splitter zu teilen, führte zu Bildstörungen.
Insgesamt bereue ich den Kauf der VHS-Rekorder nicht: Die Qualität ist zwar nicht mehr auf dem Stand der Technik, aber oft ausreichend. Je nach dem vergesse ich schon mal, dass es sich um eine Aufzeichnung handelt, weil das Bild wirklich akzeptabel ist, oder fluche über das Ausbluten und Rauschen der Farbe, weil sich der Qualitätsverlust störend bemerkbar macht.
Angesichts heutiger Preise ist der Besitz von zwei Rekordern möglich. So kann man gleichzeitig was aufnehmen und eine andere Kassette angucken. Oder zwei sich zeitlich überschneidene Sendungen aufnehmen, falls das mal vorkommen sollte. Oder – für mich wichtiger – mit dem Wohnzimmer-Rekorder aufnehmen, um die Sendung später im Schlafzimmer anzusehen, denn da steht mein großer Fernseher.
Für richtige Spielfilme halte ich VHS für nicht mehr geeignet: Hier kommt es mir doch so auf die Qualität an, dass ich lieber die DVD kaufe – selbst verlustfreie TV-Aufzeichnung wäre mir zu dürftig.
Häää? Im Jahre 2006 noch VHS??
VHS ist endgültig am Auslaufen. Doch für einen Ingenieur wie mich ist es wichtig, auch eigene Erfahrungen zu machen, und nicht nur zu theoretisieren. Inzwischen habe ich sogar zwei VHS-Recorder – einen Philips zu 89 € und einen Funai (also Noname) zu 69 €. Letzterer war nicht nur günstiger, sondern hat auch noch Showview, VPS und weitere zusätzliche Features. Dafür ist die normale Timer-Programmierung umständlicher als beim Philips.
Eigentlich wollte ich nie einen VHS-Rekorder haben und lieber auf den nächsten Aufzeichnungs-Standard warten. S-VHS-Rekorder sind heute jedoch nicht mehr bezahlbar. Bei einem DVD-Rekorder hätte ich den DVD-Player doppelt, und ein VHS-Rekorder erweitert bei meinem TV-System die abspielbaren Medien eben noch um Videokassetten. Außerdem wüsste ich eh nicht, was ich unbedingt in besonders guter Qualität aufnehmen sollte, Filme kaufe ich sowieso auf DVD (werbefrei, englischer Originalton, Bonusmaterial.)
Fast gibt es nur noch Mono-VHS-Rekorder, ich habe noch einen Stereo-HIFI-VHS-Rekorder ergattert (von Philips, den VR 550 (http://www.forum-3dcenter.org/vbulletin/showthread.php?p=4712732).) Phänomenal die Spulgeschwindkeit: Innerhalb weniger Minuten sind mehrere Stunden Band zurückgespult. Mein Funai (mit irgendeiner Seriennummer) ist gehäusemäßig noch billiger verarbeitet (alles Plaste) aber bietet auch gute Aufzeichnungsqualität und – für knapp 70 € – alle Features wie Hifi-Stereo, Longplay, Showview, VPS und einigen weiteren Schnulli. Doch in diesem Text soll es nicht um dieses spezielle Geräte gehen, sondern um VHS allgemein.
Unsere Wahrnehmung kann sich an alles gewöhnen
Abgesehen davon, dass ich meine VHS-Rekorder auch tatsächlich nutze, ist die gewonnene Erfahrung wertvoll. Das Auge ist unheimlich adaptiv, dies merkte ich schon beim Vergleich von Resident Evil 4. Solange man nicht direkt 1:1 vergleicht, wirkt die PS2-Version gar nicht mal so schlecht – obwohl die Grafikqualität erheblich unterhalb der Cube-Version liegt. Ich hätte vorher auch nicht gedacht, dass man sich an VHS-Qualität so gewöhnen kann, und dass man im Notfall auch den Longplay-Modus erträgt.
Der Longplay-Modus hat mir sogar die Fähigkeit zurückzugeben, wieder auf den Inhalt zu gucken. Bei dem kleinen Fernseher (50 cm sichtbar, 50 Hz) legte ich eine DVD in den Player ein und guckte den Film. Beim großen Fernseher (68 cm sichtbar, Pixel Plus 2) genoss ich dermaßen die gute DVD-Bildqualität, dass ich mich kaum noch auf den Film konzentrieren konnte. Bei VHS, erst recht im Longplay-Modus, ist die Bildqualität so unterirdisch, dass einem gar nichts weiter übrig bleibt, als sich auf die Handlung zu konzentrieren. Jetzt kann ich mir vorstellen, dass man sich im Zeitalter vor der DVD tatsächlich vorbespielte Kauf- oder Leihkassetten reingezogen hat – die ja mit normaler Geschwindigkeit liefen, aber in der Regel wohl recht schnell abgenuddelt waren.
Sind Kassetten out?
Auf VHS-Bänder passen (mit der 30 Jahre alten Spezifikation) bewegte Fernsehbilder. Die VHS-Kassette ist zwar viel größer als eine Audio-Kassette, muss aber auch sehr viel mehr speichern. Inzwischen kann man das Band dünner machen, um zusätzliche Meter auf eine Spule zu wickeln – ich habe Video-Kassetten mit bis zu 5 Stunden Aufzeichnungszeit im Kaufhaus gefunden. Wie man diese (für 30 Jahre alte Technik) extrem hohe Aufzeichnungsdichte pro Zentimeter Band hinbekommt, ist eine interessante Sache, welche in diesem Posting jedoch kein Thema sein wird.
http://www.dudv.de/files/3dcf/vhs/tdk_skk_kl.jpg (http://www.dudv.de/files/3dcf/vhs/1.htm)
Ja klar, "High Grade Extra" ... hier liegen eine teure 5-Stunden-Markenkassette und eine preiswerte 4-Stunden-Kassette auf dem Tisch. Wenn man die Verpackungen anguckt denkt man, dass VHS die hammermäßige Qualität bietet – zumindest mit der Kassette, die man in der Hand hält.
Soweit ich das sehe, ist die Qualität von Billig-Kassetten nicht schlechter. Ob Marken-Kassetten dafür länger halten, weiß ich nicht. Obwohl 3-Stunden-Kassetten keinen Cent billiger sind, kaufe ich sie trotzdem öfters, da man dort genau vier Dokus à 45 Minuten raufbekommt.
Bildqualität: Was schlecht ist setzt sich durch?
Was die Bildauflösung angeht bin ich lange Zeit von der Angabe "240 Linien" verwirrt worden – denn gemeint sind tatsächlich nicht 240 Zeilen, sondern angeblich 240 trennbare, vertikale Linien. Wie das genau zu verstehen ist habe ich noch nicht herausgefunden, denn hier widersprechen sich einige Angaben mit selbst gemachten Beobachtungen. An Zeilen werden bei PAL-VHS jedenfalls alle 576 Bildzeilen aufgezeichnet. Die unteren Zeilen sind meistens verzerrt und nur in schwarzweiß, was bei Röhrengeräten durch den Overscan aber unsichtbar ist – außer im 16:9-Modus auf 4:3-Geräten. Feine Farbdetails gehen bei der VHS-Aufzeichnung garantiert verloren. Das allerdings ist weniger schlimm als das Rauschen im Bild.
Warum PAL-VHS bei gleicher Spurlänge (knapp 10 Zentimeter pro Halbbild) mit nur 70% NTSC-Bandlaufgeschwindigkeit arbeitet, habe ich bis heute nicht begriffen. Immerhin ermöglicht das bis 5 Stunden Spielzeit auf (allerdings recht teuren) Kassetten, während NTSC-VHS auf 3,5 Stunden begrenzt ist.
Warum VHS im Formatkrieg das Rennen machte
Die Aufzeichnungsdauer ist ein VHS-Schlüsselmerkmal. Betamax hatte eine zu kurze Spielzeit, Video 2000 eine anfällige Band-Technik. VHS-Technik ist etwas simpler, was auch billigere Player ermöglichte – der entscheidende Punkt dürfte aber sein, dass es schon zu Beginn Kassetten mit 2 Stunden Spieldauer gab.
Außerdem waren die Bildröhren damals noch nicht so weit entwickelt wie heute, 100-Hz-Geräte gab es schon gar nicht. Das VHS-Farbrauschen geht teilweise im 50-Hz-Flimmern unter. Auf einem normalen Fernseher ist die VHS-Bildqualität nicht immer auf den ersten Blick von einer TV-Sendung zu unterscheiden und damit für den Home-Bereich ausreichend.
Tonqualität
Ich musste lachen als ich sah dass auf dem Karton meines Videorekorders fett "HIFI Stereo" steht. Aber Ohren auf! Schon bei der ersten Testaufnahme merkte ich, dass der Ton in exzellenter Qualität aufgezeichnet wird. Wie ich jetzt weiß, bietet VHS Stereo-Ton von 20 Hz - 20 KHz bei 70 dB Rauschabstand – also beinahe CD-Qualität. Das hört man auch. Der VHS-Ton ist rein von der Qualität der Quelle begrenzt, das Format lässt im Audio-Bereich aus technischer Sicht keine Wünsche offen.
http://www.dudv.de/files/3dcf/vhs/hifi_stereo_kl.jpg (http://www.dudv.de/files/3dcf/vhs/2.htm)
Eine positive Sache hat VHS schon mal: Man kann echten Hifi-Ton aufzeichnen.
Natürlich wären zwei Punkte anzumerken: Aufgrund der Hifi-Ton-Speicherung in der Videospur kann man VHS-Aufnahmen nicht nachvertonen. Das wäre allerdings eh nur für Studios interessant. Die zweite Sache ist, dass VHS eben nur eine einzige Stereo-Tonspur unterstützt. Man hat zwar noch die Standard-Audio-Spur in schlechter Mono-Qualität, aber die dürfte bei Filmen unbefriedigend sein. VHS-Filme können wegen dieser technischen Einschränkung nicht mehrsprachig verkauft werden. Deshalb bestand wohl auch nicht der Drang, bei VHS optional zuschaltbare Untertitel zu integrieren, was man angesichts der geringen Bandbreitenanforderung längst hätte realisieren können.
Schwächen von VHS
Immer wieder liest man, dass VHS den Formatkrieg trotz unterlegener Bildqualität gewonnen hat und tut dabei so, als sei Bildqualität für den Kunden das wichtigste. Wie wichtig das ist sehen wir im 3D-Bereich ja beim Texturfilter ... Doch zurück zu VHS. Nach meiner bisherigen Erfahrung hätte ich folgende drei Hauptschwachpunkte zu bemängeln:
• Grobe Bildauflösung pro Zeile. Mir ist noch immer nicht klar, welches Auflösungsäquivalent man für VHS angeben kann. Um jetzt nicht viel Theorie zu bringen die Kurzfassung: In bestimmten Fällen wird die Helligkeit anscheinend mit feinen Details gespeichert, aber nur, wenn man ein sich wiederholendes Muster in der Zeile hat. Ansonsten ist die Auflösung innerhalb einer Zeile erschreckend grob.
• Starkes Farbrauschen. Die verringerte räumliche Auflösung der Farbe ist zwar auch ein Problem, aber das Rauschen in der Farbe stört viel mehr. Die Farbe wurde im Gegensatz zur Helligkeit nicht frequenzmoduliert aufgezeichnet. Frequenzmodulation ist ein Mittel, um Störeinflüsse zu minimieren, verbraucht jedoch recht viel Signalbandbreite. Um mit niedriger Bandlaufgeschwindigkeit auszukommen und gleichzeitig nicht allzu hohe Anforderungen an die Magnetpartikeldichte im Band zu stellen, entschied sich JVC offenbar, die Farbe nicht frequenzmoduliert zu speichern und das Farbsignal dem normalen Rauschen preiszugeben.
• Beschränkung auf Composite-Anschluss. Wenigstens ein S-Video-Anschluss, wie mit SVHS-Rekordern eingeführt, sollte auch bei VHS längst Standard sein. Denn bei der Bildübertragung via Composite-Anschluss beeinflussen sich Helligkeit und Farbe gegenseitig. Folge: Moiré-Muster wabern über das Bild (so genanntes "dot crawling".)
Was kann man aus VHS noch herausholen?
Mein erster VHS-Rekorder hängt an einem Philips-Röhrenfernseher (29", 68 cm sichtbar) mit Pixel Plus 2. Dieses Pixel-Plus-Zeug (was es unter anderen Namen auch von anderen Herstellern gibt) ist ein Paket aus drei wesentlichen Maßnahmen, die vor allem auf großen Röhren selbst VHS-Material noch verbessern. Auf Flachbildschirmen mit preiswerten Skalierungs-Methoden dürfte VHS grausam aussehen, testen konnte ich das bisher jedoch nicht.
· Die physikalische Bildauflösung wird von 576 auf 768 Zeilen erhöht. Damit verhindert man bei großen Röhren, dass das Bild bedingt durch den zeilenweisen Aufbau "streifig" wirkt. Das angezeigte Bild wird entsprechend hochskaliert.
· Es kommt eine Detail-Schärfung zum Einsatz. Solche artefaktfreie Schärfe ist nur dank der erhöhten physikalischen Bildauflösung möglich.
· Lokale Bewegungen werden erkannt und "weich gemacht". In der Regel funktioniert es, aus einem Film mit 25 fps einen mit 75 fps zu machen. Selbst Aufnahmen mit 50 fps (interlaced) profitieren noch ein wenig.
Das VHS-Rauschen wird bei der digitalen Nachbearbeitung auf meinem Philips-TV etwas gemildert, ich würde schätzen dass es etwa um ein Drittel reduziert wird. Das Rauschen im Bild bleibt also weiterhin erkennbar. Auf dem kleinen TV (21" PAL 50 Hz, 50 cm sichtbar) mit dem Funai-Rekorder zeigt sich, dass VHS für normale Röhrenfernseher gedacht ist: Der Qualitätsverlust im Vergleich zu Fernsehsendungen ist geringer. Das insgesamt bessere VHS-Bild hat man natürlich auf dem großen Fernseher mit Pixel Plus. Und jetzt das Paradoxon: Auf dem großen TV sehen (gut gemasterte) DVD-Filme zwar umwerfend aus: Diese ungeahnte Bildschärfe ist ein Genuss. Doch VHS ist, Pixel Plus 2 hin oder her, dagegen nur "erträglich". Für TV-Sendungen gut genug, aber für richtigen Spielfilm-Genuss indiskutabel. Auf dem kleinen Fernseher sind DVD-Filme "ok". Der Qualitätsabstand zu VHS-Aufnahmen ist kleiner. Man kann sich vorstellen, hier auch einen richtigen Film von VHS zu sehen – trotz insgesamt schlechterer Qualität.
Was dem Otto Normalverbraucher Bildqualität wirklich wert ist sieht man auch bei diversen Filmen in (illegalen) Tauschbörsen: Das meiste ist zugunsten der Dateigröße fürchterlich stark komprimiert und kann mit normaler DVD-Qualität bei weitem nicht mithalten. Das ist kein Grund, heute noch VHS zu empfehlen, aber wäre für mich ein Erklärungsansatz warum sich VHS die ganzen Jahrzehnte gehalten hat.
Gesamteindruck
Bisher habe ich versucht, möglichst objektiv zu sein und subjektive Einschätzungen als solche zu kennzeichnen . Ab hier lasse ich jetzt meiner persönlichen Wahrnehmung freien Lauf. Für den normalen Zweck, sich einen Videorekorder anzuschaffen, halte ich VHS selbst heute noch für ausreichend. Wer bessere Qualität braucht und sein Material noch schneiden möchte, sollte sich natürlich lieber einen HDD-Rekorder mit integriertem DVD-Brenner zulegen.
Mich nervt es schon etwas, dass VHS so lange Standard war und nicht wenigstens durch das (weiterhin kompromissbehaftete) SVHS abgelöst wurde. Der Longplay-Modus ist bei VHS aus meiner Sicht fast unbrauchbar. Die bereits grenzwertige Qualität wird erheblich gesenkt, man erkennt eigentlich nur noch grobe Umrisse. Feine, schwachkontrastige Bilddetails sind komplett verloren, Pixel Plus hin oder her. Auch die Tonqualität leidet. Vor 15 Jahren hatte man sich vielleicht noch überlegt, ob man wirklich zwei Kassetten kauft oder lieber die doppelte Spielzeit in Anspruch nimmt – bei den heutigen Preisen sollte man zusätzliche Kassetten kaufen und Longplay getrost vergessen.
Außerdem kann man LP-Aufnahmen die mit dem Philips gemacht wurden nicht auf dem Funai abspielen – nach einiger Zeit verliert er die Synchronisation. Dieser Effekt ist reproduzierbar. Andersherum funktioniert es allerdings, der Philips spielt mit dem Funai im LP-Modus bespielten Kassetten ab. Wenn man allerdings mal mehr als 5 Stunden am Stück aufnehmen möchte, kommt man um Longplay nicht herum. Und da auf Phoenix nachts schon mal 6 Stunden und länger "Terra X" gesendet wird, habe ich jetzt zwei Kassetten mit jeweils acht Folgen, die ich angucken kann wenn grad nichts besseres läuft. Alles, was auf eine Kassette passt, nehme ich aber natürlich mit der Normal-Geschwindigkeit auf.
Gerade weil ich jetzt sogar zwei Rekorder habe, sind auch 6 Stunden lange Doku-Nächte kein Problem: Jeder Rekorder nimmt jeweils drei Stunden auf. Andererseits: Wann soll man sich das alles ansehen?
Die Qualität meiner Aufnahmen hängt stark von der Qualität des Fernseh-Signals ab. Ein klares Bild, am besten noch im anamorphen 16:9-Modus, sieht (sofern es nicht zu kräftige Farben gibt) auf VHS besser aus als man denkt. Eine bereits mangelhafte TV-Qualität sieht auf VHS dann aber richtig zum Heulen aus. Für das zweite Gerät habe ich extra noch einen Antennen-Verstärker gekauft, denn das Signal einfach mit einem passiven Splitter zu teilen, führte zu Bildstörungen.
Insgesamt bereue ich den Kauf der VHS-Rekorder nicht: Die Qualität ist zwar nicht mehr auf dem Stand der Technik, aber oft ausreichend. Je nach dem vergesse ich schon mal, dass es sich um eine Aufzeichnung handelt, weil das Bild wirklich akzeptabel ist, oder fluche über das Ausbluten und Rauschen der Farbe, weil sich der Qualitätsverlust störend bemerkbar macht.
Angesichts heutiger Preise ist der Besitz von zwei Rekordern möglich. So kann man gleichzeitig was aufnehmen und eine andere Kassette angucken. Oder zwei sich zeitlich überschneidene Sendungen aufnehmen, falls das mal vorkommen sollte. Oder – für mich wichtiger – mit dem Wohnzimmer-Rekorder aufnehmen, um die Sendung später im Schlafzimmer anzusehen, denn da steht mein großer Fernseher.
Für richtige Spielfilme halte ich VHS für nicht mehr geeignet: Hier kommt es mir doch so auf die Qualität an, dass ich lieber die DVD kaufe – selbst verlustfreie TV-Aufzeichnung wäre mir zu dürftig.