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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Nikon P340 in der Praxis bei einem gesellschaftlichen Anlass


aths
2015-03-15, 20:00:46
Jetzt als Hochzeitsgast hatte ich Gelegenheit, meine Kompaktkamera noch mal gründlich zu testen. Wie würde sich die Coolpix P340 im Praxisensatz machen?

Natürlich hatte ich einen Ersatzakku dabei, aber das externe Ladegerät zu Hause gelassen. Das hätte ich gebraucht, um immer Zugriff auf einen frischen Akku zu haben. So musste ich mit dem Fotoapparat selbst laden. Hier habe ich eine wichtige Lektion gelernt.

Möglichkeiten

Bei Tageslicht sind auch mit ausgestrecktem Arm sehr gute Fotos möglich. Dafür braucht man keine Spiegelreflex oder Bridgekamera mehr. Interessant wurde es unter schwierigeren Lichtverhältnissen. In schlecht beleuchteten Räume arbeitete ich mit Stativ und Selbstauslöser, damit der Apparat noch ausschwingen kann. Wegen der schlechten Kontrolle über den genauen Zeitpunkt der Aufnahme habe ich viel Ausschuss produziert, aber auch einige tolle Szenen erwischt.

Tagsüber kann man Dank kurzer Verschlusszeit von bis zu 1/2000 Sekunden auch aus dem fahrenden Auto oder Zug fotografieren und sieht mehr als verwaschene Streifen. Teilweise kommen da brauchbare Fotos raus. In der Dämmerung sieht man auch noch was, allerdings nimmt das Rauschen zu.

In der späten Dämmerung oder sogar Nacht sind – dann natürlich nicht aus dem Zug, sondern mit Stativ – noch gute Landschaftsaufnahmen möglich. Hier war ich beeindruckt. Die Optik hat eine Lichtstärke bis zu 1/1,8, was man sieht. Die Detailzeichnung ist im fertig entwickelten Bild mit Tagesaufnahmen nicht zu vergleichen, aber man sieht mehr als man denkt und vor allem mehr als flaue Schatten. Es kommt noch richtig Farbe rein.

Kompromisse

Bei praller Sonne gestaltet sich sie Motivsuche mit dem fest eingebauten Display manchmal etwas schwierig. Einen Sucher gibt es nicht. Wenn ich aus dem fahrenden Zug Fotos aufnehme, fehlt mir die GPS-Funktion um im Nachhinein zu sehen, wo genau das aufgenommen wurde. Bei Fotos auf denen Wasser zu sehen ist, vermisse ich natürlich die Möglichkeit, einen Polarisationsfilter einzusetzen. Man fotografiert die Oberfläche, kommt aber schlecht ins Wasser rein. Das sind jedoch erträgliche Kompromisse wenn man die kompakten Ausmaße und das geringe Gewicht des Fotoapparats bedenkt. Lieber die kleine Coolpix schnell mitgenommen als eine besserer Kamera zu Hause gelassen.

Bei grellen Lichtquellen zeigt sich auf den Fotos in den Bildwinkeln ein deutlicher Farbfehler. Dank der Auflösung von 4000x3000 Pixeln hat man zum Glück genug Raum, um nur einen Ausschnitt des Bildes zu verwenden. Da ich gerne auf das klassische 3:2-Format zuschneide, fallen ohnehin Ecken weg. Auch wenn ich im Nachhinein nur einen Motivausschnitt nehme, habe ich oft noch mehr als Full-HD-Auflösung. Für Fotos die man auf gängigen Monitoren betrachtet, ist die Coolpix gut.

Man kann zwar auf ein Objekt näher zugehen, aber nicht immer beliebig weit rückwärts laufen. Dann braucht man Weitwinkel und ich war wirklich dankbar über die Einstellung von umgerechnet 24 mm. Der Zoom bis zu 120 mm äquivalenter Brennweite klingt selbst für eine Kompaktkamera nicht überragend, ist jedoch für einen gesellschaftlichen Anlass völlig ausreichend.

Ich habe rein Raw aufgenommen, also kein Jpeg erzeugen lassen. Das spart Speicher, wobei sich die 32-GB-Karte als großzügig erwies. Darauf passen rund 1450 Raw-Fotos. Obwohl ich teilweise rein auf Masse gegangen bin, hat die Speicherkarte gereicht. Hätte ich jemandem schnell ein Jpeg-Foto kopieren wollen, hätte ich es auch auf dem Fotoapparat selbst aus dem Raw umwandeln können.

Echte Schnappschüsse sind mit der P340 jedoch nicht möglich. Nach dem Anschalten vergehen Sekunden, ehe man fotografieren kann. Daher ließ ich die P340 meistens im Standby, dank Ersatzakku kommt man zurecht. Manchmal legt der Apparat nach dem Auslösen noch eine kleine Pause ein, wahrscheinlich wegen der optischen Stabilisation. Trotz schneller Speicherkarte nervt immer wieder das Speichern der Bildern. Man kann einige wenige Bilder in Folge aufnehmen, dann aber kommt eine Zwangspause. Zum Glück war ich nicht der Hauptfotograf, der darauf angewiesen wäre, den richtigen Moment zu erwischen.

Viele sinnvolle Kamerafunktionen wie BSS (Best Shot Selector aus zehn automatischen Aufnahmen) oder HDR stehen nur bei reinem Jpeg-Einsatz zur Verfügung. Hier zeigt sich, dass die Kamera nicht speziell für Raw-Fotografie konstruiert wurde.

Andere Fotografen hatten auf ihre Kamera einen matt abgedeckten Rundum-Blitz aufgesteckt, der nicht nur das Motiv, sondern auch die Umgebung erhellt. Die P340 bietet keinen Anschluss für derartiges Zubehör. Der ausklappbare Blitz ist im Vergleich ein Witz.

Fazit

Trotzdem war die Coolpix ein schöner Begleiter. Ich wollte eine Kamera für die Hemdtasche, aber mit besserer Fotqualität als moderne silberglänzende Hemdtaschen-Schnappschussgeräte liefern. Fast durchweg wurden meine Erwartungen übertroffen. Die Dämmerungsfähigkeit beeindruckt mich angesichts des Preises besonders. Was am Ende an Fotos rauskommt, wirkt hochwertig.

Da ich mit Raw gearbeitet habe, musste ich die Nachbearbeitung natürlich selbst machen. Bilder die in einem Zimmer aufgenommen werden, habe ich in der Regel entrauscht, dabei jedoch ein gewisses Grundrauschen gelassen um den natürlich-feinkörnigen Eindruck zu belassen. Die hohe Schärfentiefe erlaubt kaum klassische Portraits vor einem Hintergrund. Dank Lightroom bekommt man da mit ein paar Handgriffen aber auch Ergebnisse hin, die sich auf Personen konzentrieren. Der Vorteil der kleinen P340 ist die problemlose Mitnahme und dass man den Leuten nicht mit dicken Objektiven vor der Nase herumfuchtelt.

Noch einmal möchte ich auf den Vorteilen von Raw herumreiten: Man hat einen gewissen Spielraum zur nachträglichen Belichtungskorrektur und man holt sowohl aus sehr hellen als auch sehr dunklen Bereichen noch Farbe heraus. Die Jpeg-Funktion der Kamera ist auf Abzüge eingestellt, auf Fotos braucht man ja Kontraste damit das Bild klar wirkt. Mit dem Raw kann ich für Bildschirm-Betrachtung optimieren.

Die Schnappschussfähigkeit der P340 ist jedoch echt begrenzt, der Apparat reagiert zu oft zu träge. Wäre ich professioneller Fotograf, würde ich diese Coolpix nicht mal als Back-Up-Kamera kaufen.

Tyrann
2015-03-15, 20:02:25
kannst du ein paar unbearbeitete Bilder aus schwierigen Situationen hochladen?
und natürlich noch ein paar schöne

aths
2015-03-15, 20:14:56
Ich hatte was auf Facebook, ist aber nur für Freunde sichtbar. Kann man das nachträglich umschalten?

Tyrann
2015-03-15, 20:28:18
facebook lässt die Bilder nicht original, lohnt daher nicht

aths
2015-04-09, 15:12:08
Posting zur Speicherung alter Tests



Die alte Kodak DX 7590 hat mir zu krasse Farbsäume und zu starke JPEG-Komprimierung. Außerdem ist die Kamera zu klobig, um sie spontan mitzunehmen. Meine noch ältere Coolpix 2000 hat nur zwei Megapixel und nicht mal einen Sucher.

Da ich nur selten fotografiere, wollte ich nicht viel Geld ausgeben wollte, aber trotzdem ein ordentliches Upgrade im Vergleich zu meinen alten Geräten bekommen.

Sonnenangestrahlte Flächen sollen nicht gleich zulaufen, Schatten nicht im Schwarz absaufen. Auch bei harten Kontrasten möchte ich möglichst wenige chromatische Aberration. In der Dämmerung will ich mehr als Rauschen und verwackelte Licher sehen. Und ich hätte gerne Raw-Format-Speicherung. Und HDR-Tauglichkeit. Das ganze aber kompakt, also keine Spiegelreflex.

Kosten und Kompromisse

Letzlich habe ich mich für eine Unter-300-Euro-Lösung entschieden. Für Tasche, Zweitakku, Ladegerät, Display-Schutzfolie und Mini-Tischstativ kamen noch mal über 100 Euro dazu. Adobe Lightroom kostete weitere gut 100 Euro obendrauf.

Der Apparat, eine Nikon Coolpix P340, sieht seriös kantig aus. Einige Gehäuseteile sind aus Metall, das Gerät ist sehr klein und fast schon zu leicht. Leider gibt es keinen Sucher, nur das fest eingebaute Display hinten. Einen Polarisationsfilter kann man in das Fixobjektiv natürlich auch nicht setzen, Wasserfotos bleiben also schwierig. Für Langzeitbelichtung ist immerhin ein eingebauter Neutraldichtefilter zuschaltbar.

Der Objektivdurchmesser ist ziemlich klein. Für unfreiwillige Komik sorgt der Objektiv-Ring als Bedien-Element: Klassische Objektive müssen ja manuell eingestellt werden. Hier dreht man jetzt auch an einem Ring, obwohl es eine digitale Knipse ist. Man soll sich wohl voll professionell führen. Für Profi-Feeling sind die Einrastpunkte aber zu schwammig.

Immerhin, als mir die Kamera in der Wohnung aus einem Meter Höhe herunterfiel, ging nichts kaputt. Als ich auf die Linse faste, konnte ich sie mit einem Reinigungstift säubern. Natürlich ist es eine Gutwetterkamera, beim ersten Anzeichen von Regen würde ich sie einpacken.

Einsatz

Um den Fotoapparat anzuschalten, muss man den Knopf ein Stück reindrücken, antippen reicht nicht. Das finde ich gut. Nach kurzer Eingewöhnung findet man sich im Menü zurecht.

Eine Speicherkarte ist Pflicht, der interne Speicher reicht nicht als Notnagel. Ich habe eine 32-GB-SD-Karte eingesetzt. Leider wird die Freude am Gerät durch die manchmal träge Reaktion bei der Menübedienung getrübt. Auch das Bildwegspeichern dauert länger, als ich heute erwarten würde.

24 Millimeter effektive Brennweite nenne ich schon Weitwinkel. Endlich ein ordentliches Bildfeld! Das Teleobjektiv geht aber nur bis 120 mm.

Manuelle Bedienungsmöglichkeit, Vollautomatik und halbautomatische Modi sind ja Standard. In der Regel liefert die Automatik ordentliche Ergebnisse. Dazu gibt es noch spezielle Scene-Modi. Das meiste ist Quatsch, für "Dämmerung" zum Beispiel wird das Bild einfach in ein Orangerot getaucht. Doch es gibt einen sinnvollen Modus: Gegenlicht. Hier kann man zusätzlich eine in drei Stärkegraden verfügbare HDR-Funktion zuschalten welche automatisch mehrere Bilder aufnimmt und diese für das Endergebnis verrechnet. Damit ist dieser Modus nicht nur bei Gegenlicht sinnvoll.

Auch in der Dämmerung liefert die Kamera noch klare, helle Bilder. Das hätte ich nicht gedacht. Auf den Bildern denkt man, es sei früher Nachmittag. Der optische Bildstabilisator erhöht die Schnappschussfähigkeit, stößt in der fortgeschrittenen Dämmerung aber an seine Grenzen. Ist der Abend spät, braucht man ein Stativ.

Auch mit der Tasche die ich gekauft habe, ist die Kamera noch sehr leicht. Man bammelt sie sich schnell um den Hals und nimmt sie mit. Das Gehäuse ist so klein, dass es fast schon zu fummelig ist. Zwei kleine gummierte Flächen sorgen dann doch für etwas Halt. Dass der Fotoapparat vergleichsweise dünn ist, zahlt sich aus wenn man ihn bei Regen unter die Jacke packt.

Die Batterieanzeige kennt leider nur drei Zustände: Voll, halb leer, fast ganz leer. Ist man länger unterwegs, sollte man einen Ersatz-Akku dabei haben. Ohne Blitz schafft man rund 200 Fotos.


Bildnachbearbeitung

Die Jpegs sind im Fine-Modus (den normalen habe ich noch nicht probiert) ohne erkennbare Schwächen komprimiert. Die Kamera rechnet Bildfehler wie Linsenverzeichnung und chromatische Aberration weg, ebenso wird das Sensor-Rauschen reduziert. Die Standard-Bildnachschärfung zeigt in 1:1-Pixeldarstellung manchmal Überschwinger, weshalb ich sie deaktiviert habe.

Sofern man keinen Scene-Modus oder Effect-Modus nutzt, kann die Kamera neben Jpeg auch Raw speichern. Die mitgelieferte Nikon-Software habe ich bisher nicht installiert. Zur Raw-Nachbearbeitung am PC nutze ich Lightroom. Standardmäßig lasse ich hier die Verzeichnung korrigieren, oft sind noch weitere Griffe nötig: Farbsäume und Rauschen weg, Schärfe rein.

Was auf dem Jpeg schon reines Weiß ist, zeigt im Raw noch feine Abstufungen. Die hellen Bildteile kann man abschwächen, es treten dann Strukturen zum Vorschein. Die sonnenbestrahlte Hauswand scheint überbelichtet? Highlights runterdrehen und sich freuen. Soll der Himmel weiß oder blau sein? Ich entscheide. Schatten lassen sich aufhellen und zeigen noch echte Details und vor allem noch Farbe.

Es dauerte einige Tage ehe ich mich in Lightroom zurechtfand. Jetzt gefällt mir die Bearbeitungsmöglichkeit mit vielen automatischen Funktionen sowie diversen feinfühligen Reglern. Man hat zum Beispiel nicht einfach den Schärfe-Regler, sondern diverse Parameter. Farbton-Korrektur wird über acht Farbkanäle geboten (ungefähr die sieben Regenbogenfarben plus Cyan) mit jeweils drei Paramtern (Ton, Sättigung, Leuchtkraft.)

Es gibt kostenlose Tools, wie AutoHDR, um auch aus Jpegs knackige Bilder zu machen. Das ist zwar nur Effekthascherei, arbeitet jedoch vorhandene Bildelemente deutlicher heraus. Bislang nutzte ich Paintshop Pro, doch Lightroom scheint nicht nur die besseren Algorithmen zu haben, es ist vor allem einfacher zu bedienen. Auch alte Bilder die ich nur als Jpeg habe, lassen sich digital noch erstaunlich weit reparieren. Braucht man Raw?

Das Nikon-Raw-Format "NRW" ist mit zwölf Bit Farbauflösung viel feinfühliger als ein Jpeg. Man kann Rauschfilter anwenden, ohne dass gleich alles unscharf wird. Man kann nachschärfen, ohne Überschwinger zu bekommen. Anpassungen der Farbtemperatur sind subtiler. Aber auch ein Raw schützt nicht vor Überbelichtung, man darf sich nicht blind auf die Automatik verlassen und denken, im Raw alles hinzurkriegen. Trotzdem, wer Zeit hat gewinnt durch die Raw-Fähigkeit der P340 deutlich. Ich fotografiere im Fine+NRW-Modus um bei Bedarf die Option zu haben, mit dem Raw zu hantieren.

Fazit

Der beste Fotoapparat bringt nichts, wenn man ihn zuhause lässt. Die P340 passt bequem in der Hemdtasche. Oder man hängt sich die Kamera in der (extra zu kaufenden) Fototasche einfach um den Hals.

Insgesamt bin ich mit dem Kauf glücklich. Nikon langt zwar unverschämt zu, was Ersatzakku und externe Akku-Ladeschale angeht (25 bzw. 40 Euro – gehts noch?) doch lieber kaufe ich ein mal was gutes als mich später zu ärgern.

Bei den kompakten Maßen des Fotoapparats sind leider einige Kompromisse notwendig. Wenn die Sonne stark scheint, vermisse ich den Sucher. Der optische Zoom geht nur bis 5x, holt also Kirchturmspitzen oder Burgen auf dem Berggipfel nicht besonders nah heran. Das Menü ist manchmal träge und verzögert die Zeit bis zum nächsten Bild.

HDR bleibt Fummelarbeit, da der eingebaute Modus nur das Ergebnis-Jpeg speichert, man also für eigenes HDR-Merge manuell (und mit Stativ) Belichtungfolgen aufnehmen muss. Die Unschärfe nimmt Richtung Bildecken zu. Chromatische Aberration ist im Raw teilweise recht deutlich und muss herausgerechnet werden.

Immerhin ist das Objektiv für seine kleine Linse erstaunlich lichtstark. Die erzeugten Jpegs sind von ordentlicher Qualität und erlauben auch sinnvolle Nachbearbeitung. Mit Raw-Dateien und der notwendigen Zeit lässt sich noch mehr rausholen.

aths
2015-04-09, 15:12:34
Habe jetzt (siehe erstes Posting http://www.forum-3dcenter.org/vbulletin/showthread.php?p=10554387#post10554387) den Apparat noch mal ausführlich testen können.

nggalai
2015-04-16, 12:15:26
Interessant. Danke schön für den Bericht!

Nicht, dass ich die Kamera kaufen würde, ich benötigte sie nicht. Aber es ist schön, zu sehen, dass mal jemand praktisch an die Sache geht und nicht einfach nur Datenblätter wälzt oder Farbtafeln und Backsteinwände knipst. Um es etwas auszuführen:

Ich fürchte, viele Leute setzen in Sachen »Fotografie« zu viel auf Technik, zu wenig auf die Praxis. Das fängt bei der beliebten 100%-Ansicht an – ist ja schön, dass man so weit reinzoomen kann, aber auf einem »klassischen« Bildschirm mit vielleicht 100 dpi entspräche das bei meiner Kamera mit 18 MP einer Vergrößerung auf über eineinhalb Meter Bilddiagonale – aus rund 4 cm echter Sensordiagonale. Das entspricht etwa dem Blick durch ein 40er Binokular, die Dinger, mit denen man z.B. Fruchtfliegen seziert. Wie praxisrelevant ist also die 100%-Ansicht? Will ich Pixel einschätzen oder Bilder? Diese lustigen Lupen, mit denen in älteren Filmen Fotografen auf Leuchttischen Negative prüfen, vergrößern übrigens 4-8x. Nicht 40x.

(Bei einer Nikon D810 wären es dann schon zweieinhalb Meter auf einem klassischen Bildschirm. Wir kommen langsam an die untere Grenze der Mikroskopie. Yay.)

Gut fand ich in Deinem Artikel entsprechend den Punkt, wo Du klipp und klar sagst: Hey, die Auflösung lässt mir genug Raum, um auch noch ein bisserl beschneiden zu können falls nötig, super! DAS ist ein praxisrelevantes Argument, besonders für eine Kompaktkamera – Meterbreite Fine-Art-Prints fürs Museum wird man damit wohl eher selten machen wollen. Wobei das je nach Ausgangsmaterial vermutlich sogar ginge, bessere Hochskalier-Algorithmen sei dank. ;)

Ich wünschte mir mehr solche Reviews, ganz generell in der Fotowelt. Du erwähnst die Verzögerung beim Einschalten und die Auslöseverzögerung – und sagst, wo das stört und wo weniger. Du nimmst RAW, nicht weil RAW automatisch besser wäre (die alte »I shoot RAW«-Diskussion), sondern weil die JPEG-Engine der Nikon halt auf Papierabzüge ausm Supermarkt optimiert ist und Du mit Rohdaten besser für den Bildschirm aufbereiten kannst.

Kurz gesagt: Gut. Danke nochmals. Ich muss die Hoffnung nicht aufgeben, dass irgendwie NICHT alle nur noch den Datenblättern nachhecheln. ;)

Cheers,
-Sascha

P.S. Vielleicht auch aus der Praxis: Der Grund, weshalb ich heute auf Deinen Punkt mit den Abzügen mit meinem Rant wegen der 100%-Ansicht reagierte ist der, dass ich das Bildmaterial für mein nächstes Buch zusammentrage. Das Buch wird nicht auf Fotopapier ausbelichtet, sondern halt offset gedruckt. Und es ist verdammi sau schwer, Material zu finden bzw. zu machen, in dem man die im Text beschriebenen Vorteile / Unterschiede bei der RAW-Entwicklung überhaupt auch nur ansatzweise ERKENNT. Selbst super-verrauschte 100%-Ausschnitte verschleifen im Offsetdruck. Es fehlt dann zwar ein bisserl an Detail-Kontrast, aber das wäre es auch schon gewesen. Weder sehen die Bilder gedruckt so verrauscht aus wie am Bildschirm in der 100%-Ansicht, noch ist der Einbruch der Dynamik durch Bildbearbeitung irgend ein Thema – die Druckmaschine schafft eh nicht den vollen Dynamikumfang nur schon einer Handy-Kamera. Aber jetzt genug gerantet. :freak:

aths
2015-04-20, 01:29:12
Was Raw-Fotos angeht, habe ich noch eine Lektion gelernt: Immer Raw+Jpeg eingestellt lassen. Nach dem Hochzeitsfest saß ich zwei volle Abende daran, die 100 besten Fotos zu optimieren. Ich hatte nur Raws, wo ja mindestens der Farbsaum behandelt werden muss. Die Kamera macht im Jpeg auch einen breiteren reinstrahlenden Farbsaum automatisch und fast ohne Fehler weg. Gelegentlich bleibt noch ein Rest vom Violett drin, was aber auf den meisten Fotos nicht direkt ins Auge fällt. Und wir sind hier im Bereich der Kompaktkameras mit Kompromiss-Optiken.

Um einfach mal schnell jemandem Fotos zukommen zu lassen, nehme ich ab jetzt Jpeg mit auf. Zur technischen Qualität:

12 Megapixel|Raw|Fine|Normal
Küchenszene|19,9 MiB|4,6 MiB|2,5 MiB
Garten/Park|19,9 MiB|4,7 MiB|2,6 MiB


Die Fine-Version, 97% Jpeg-Qualität, erzeugt große Dateien. Unterschiede in der Jpeg-Komprimierung sind nur bei schwierigen Stellen andeutungsweise erkennbar. Die Normal-Version entspricht 90% Jpeg-Qualität und neigt eher zur Blockbildung mit Grissel innerhalb des Blocks. An einigen Stellen gibt etwas weniger Schärfe, oder das übriggebliebene Bildrauschen sieht etwas verkomprimierter aus. Man muss aber wissen, wo man hinschaut – die Normal-Version reicht praktisch immer aus. Man braucht bei den Jpegs auch nicht unbedingt 12 Megapixel. Mit 4 Megapixeln lassen sich noch 18x13-Abzüge machen – bei 300 dpi. Hier die Dateigrößen:

4 Megapixel|Fine|Normal
Küchenszene|1,5 MiB|0,9 MiB
Garten/Park|1,6 MiB|0,9 MiB


Das ist genial: Mit diesen Einstellungen rechne ich einfach 1 MB pro Jpeg-Foto. Wenn jemand so-und-so-viele Bilder haben will, kann ich gleich sagen um welches Dateivolumen es sich handelt. Um die Jpeg-Schärfung herunterschrauben zu können, nutze ich nicht mehr die Vollautomatik, sondern den User-Modus. So stelle ich einen Hauch Schärfung rein ohne gleich Ränder zu zeichnen. Damit ist das Kamera-Jpeg für die Bildschirm-Betrachtung schon besser geeignet. Auch wenn man nachträglich die Auflösung verkleinert, ist das Ergebnis besser.

Anfangs verwirrend, später ein geschätztes Feature: Solange die User-Einstellungen nicht gespeichert werden, stellt der Fotoapparat beim erneuten Anschalten die vorherige Version wieder her. So kann man schnell mal "Active D-Lighting" (eingebautes Single-Exposure-HDR) aktivieren, falls man gerade im Gegenlicht fotografiert. Beim nächsten Einschalten muss man nicht daran denken, diese Option wieder rauszunehmen.

Da ich nun ohnehin den User-Modus verwende, habe ich gleich noch die Steuermöglichkeiten eingerichtet. Fn-Knopf und Objektivring lassen sich innerhalb gewisser Grenzen mit unterschiedlichen Funktionen belegen.

Mit den digitalen Bildeinstellungen wie dem Rauschfilter, der Sättigung und so weiter habe ich viel experimentiert, die Standard-Einstellungen gefallen mir aber am besten. Das erwähnte Active D-Lighting regelt Schatten etwas hoch und Lichter etwas runter. Doch da kann man machen, was man will, mit Lightroom lässt sich in wenigen Handgriffen aus dem Raw ein Foto erstellen, das dem Kamera-Jpeg klar überlegen ist. Aber was erwarte ich von einer Coolpix?

BBB
2015-04-21, 22:51:28
Falls du die jpgs nicht schon unterwegs brauchst ist es eigentlich unnötig RAW+jpg zu speichern, die Nikon-RAWs enthalten selber auch das jpg in voller Auflösung. Es gibt Tools um die zu extrahieren (http://michaeltapesdesign.com/instant-jpeg-from-raw.html) Ist natürlich bei heutigen Speicherkartengrößen nicht mehr relevant, aber trotzdem ;)

aths
2015-04-23, 10:02:07
Falls du die jpgs nicht schon unterwegs brauchst ist es eigentlich unnötig RAW+jpg zu speichern, die Nikon-RAWs enthalten selber auch das jpg in voller Auflösung. Es gibt Tools um die zu extrahieren (http://michaeltapesdesign.com/instant-jpeg-from-raw.html) Ist natürlich bei heutigen Speicherkartengrößen nicht mehr relevant, aber trotzdem ;)
Ich bin ziemlich sicher, dass damit das Raw erst in ein Jpeg umgerechnet wird. Zudem braucht man da wieder einen Computer auf dem so eine Software installiert ist. Wenn ich das Jpeg mitspeichern lasse, kann ich es direkt auf jeden Computer mit USB-Anschluss oder SD-Kartenslot kopieren.

nggalai
2015-04-23, 12:07:53
Ich bin ziemlich sicher, dass damit das Raw erst in ein Jpeg umgerechnet wird. Zudem braucht man da wieder einen Computer auf dem so eine Software installiert ist. Wenn ich das Jpeg mitspeichern lasse, kann ich es direkt auf jeden Computer mit USB-Anschluss oder SD-Kartenslot kopieren.
Das Tool extrahiert die eingebettete JPEG-Vorschau aus der RAW-Datei. Also das, was Du auf dem Display siehst, nachdem Du ein Foto gemacht hast. Bei meinen Dateien bringt’s wenig, da meine Hauptkamera die eingebetteten Vorschau-Bilder nur mit 640x400 Pixeln (oder so) rechnet. Ist halt auch schon älter, die dicke Emma. ;)

Zu RAW+JPEG: Verwende ich extrem selten, wenn, dann für andere Aufgaben, als Bilder weiterzugeben. Zum Beispiel hatte ich die JPEG bei diesem #swch-Dingens im Bilderthread auf Schwarzweiß umgestellt, um auf dem Display schon mal den Schwarzweiß-Eindruck einschätzen zu können und eine Entwicklungsvorlage für Capture One zu haben.

Wenn ich eher »künstlerisch« oder »grafisch« unterwegs bin, verwende ich diese Kombination auch oft – zur ersten Einschätzung der Bilder wähle ich alle Schwarzweiß-JPEG aus bzw. blende die dazugehörigen RAW aus, und stelle sie auf den Kopf. Hilft mir, den Kopf von »Motiv!« und »Bildinhalt!« weg zu bekommen und mich mehr aufs Geometrische zu achten. So ein bisserl, wie wenn man einen eigenen Text korrigiert, indem man ihn rückwärts liest. ;)

aths
2015-04-24, 21:09:46
Bei den verfügbaren SD-Kartengrößen lasse ich einfach noch gleich ein Jpeg miterzeugen. Wenn ich doch mal viele Fotos direkt weitergeben will, muss ich nicht erst Lightroom starten.

Allerdings möchte ich sowieso mit der Zeit weg von der Lightroom-Ästhetik und bei einigen Exkursionen sogar vielleicht rein mit den Jpegs arbeiten. Bei perfekter Ausleuchtung und Lichter/Schatten-Balance verlieren Fotos ihren dokumentarischen Reiz. Ich will ja nicht auf die Startseite von 500px kommen.

Heute habe ich eine schöne Sony A6000 gesehen. Sucher. Wechselobjektiv. Anschluss für Blitzaufsatz. Und Sensor im 3:2-Seitenformat. Wenn man die Kamera kauft, bräuchte man noch ein Fixbrennweiten-Weitwinkel, ein Fixbrennweiten-Portraitobjektiv und ein schönes Telezoom. Und einen Rucksack, um das Zeug mitnehmen zu können.

Wenn ich die über zehn Jahre alten Bilder meiner 2-Megapixel-Einsteigercoolpix sehe, durchdringt mich allerdings eine seltsame Ruhe. Der Erinnerungswert der Bilder ist hoch, die Bildqualität bis auf ein paar verwackelte Aufnahmen gut. Im Sinne von gut genug. Nicht, dass mich höherwertige Ausrüstung nun absolut nicht reizen würde, aber ich hätte Angst, 1500 Euro oder mehr mit mir herumzutragen. Wenn meine aktuelle P340 runterfällt oder zu stark zerkratzt, kaufe ich notfalls eine neue.

nggalai
2015-04-25, 19:25:54
Es folgt eine Anekdote von gestern/heute.
Heute habe ich eine schöne Sony A6000 gesehen. Sucher. Wechselobjektiv. Anschluss für Blitzaufsatz. Und Sensor im 3:2-Seitenformat. Wenn man die Kamera kauft, bräuchte man noch ein Fixbrennweiten-Weitwinkel, ein Fixbrennweiten-Portraitobjektiv und ein schönes Telezoom. Und einen Rucksack, um das Zeug mitnehmen zu können.
Das muss nicht nötig sein, bzw. nicht so schlimm, wie ich heute wieder merken musste. ;)

Ich war für einen zweitägigen Auftrag unterwegs. Konferenz, 14 Referent_innen. Einer der Referenten ist Foto-Geek, wir kamen in den Rauchpausen schnell ins Gespräch. Er hatte eine Olympus EM-5 dabei, und ein neues 75mm/F1.8, »so zum ausprobieren« (die Gegend war auch wirklich zu schön). Jedenfalls fragte er mich heute vor seinem Auftritt, ob ich nicht ein paar Fotos mit seiner Kamera machen könnte, da ich ja Olympus auch kenne, damit er auch mal ein Halbporträt von sich während eines Auftritts habe. Okay.

Kurz umgewöhnt, hat sich doch viel in der Bedienung getan bei Oly seit meiner letzten. Irgendwo so zwischen Nikon und den »alten« Olympus-SLR. Dann: Leise, schneller Autofokus, kaum Verschluss-Verzögerung und nur ein minimal träger Sucher, an den ich mich nach zwei Bildern gewöhnt hatte. Aber vor allem: leicht, und die Ergebnisse sahen im Anschluss nicht wirklich schlechter aus als die aus meiner Kleinbild-Ausrüstung, rein von der »Bildqualität« her betrachtet. Kamera plus Objektiv (und das 75mm/F1.8 ist für µ43 jetzt nicht wirklich klein) zusammen wogen weniger als zwei meiner Objektive, lagen aber super in der Hand. Bzw. um den Hals, hatte sie dann zusätzlich zu meiner eigenen Ausrüstung die 30 Minuten seines Auftritts lang wortwörtlich im Nacken. Kaum wahrgenommen – und ich optimiere meine Ausrüstung danach, wie schlecht es gerade um meine Rücken- und Rheumaschmerzen steht.

Langer Rede kurzer Sinn: Die »leichten« Spiegellosen sind offenbar erwachsen geworden. Die Sony A6000 ist mit den Objektiven zusammen schwerer und etwas größer als die Olympus (größerer Sensor heißt größerer Bildkreis, dann noch E-Auflagemaß und Du hast größere und schwerere Objektive). Bei der Bedienung scheiden sich die Geister, ich komme mit Sony gar nicht klar, andere lieben es. Aber so oder so – damit lässt sich mittlerweile auch abseits von Landschaft arbeiten. Und unterschätz das mit der Auslöse- oder Sucherverzögerung im Vergleich zu Deinen Kompakten nicht – obwohl ich selbst Oly nutze, hatte ich die ersten Bilder nicht wegen der Bedienung oder dem System verhauen, sondern weil ich mir 0 Verzögerung gewöhnt bin. (Optischer Sucher.) Zwei Bilder später war das gegessen. ;)

aths
2015-04-27, 02:08:39
Wenn ich mir deine Fotos ansehe, wird klar dass du mit einer Hemdtaschen-Ixus oder einer Uralt-Cybershot noch immer die besseren Fotos machst als ich mit einer D810. Du fängst die Stimmung ein, nicht das Objekt. Die kleinen Gesten, die großen Widersprüche.

Das vordergründig misslungene Foto, falsch belichtet, falsch scharfgestellt. Mikrofone in die keiner spricht. Schriften in großen Lettern, halb überdeckt. Leere Coladosen, die keiner weggeräumt hat. Alltägliche Gegenstände in neuem Licht. Mich ermuntert das, lieber meine Augen aufzumachen anstatt mir dicke Kameras zu kaufen.